Vorwurf Fahnenflucht § 16 WStG bei Vorladung & Disziplinarverfahren zum Anwalt

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Fahnenflucht oder auch Desertation genannt, bezeichnet das Fernbleiben eines Soldaten von militärischen Verpflichtungen in Kriegs- oder Friedenszeiten. Die Motivation hinter der Fahnenflucht kann vielfältiger Natur sein. Politisch, religiös, durch Traumata bedingt oder der schlichte Überlebenswunsch. Unter den Dienstentziehungsdelikten stellt die Fahnenflucht die schwerste Form dar.


Wie hoch ist die Strafe bei Fahnenflucht?

Für Fahnenflucht droht grundsätzlich eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. 

Die Strafe kann milder ausfallen (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren), wenn der Beschuldigte sich innerhalb eines Monats stellt und sich dazu bereit erklärt, seiner Verpflichtung zum Wehrdienst nachzukommen (§ 16 Abs. 3 WStG).


Wann kann ich mich wegen Fahnenflucht strafbar machen?

Schutzgut der Fahnenflucht ist die Schlagkraft der Truppe. Gemäß § 16 Abs. 1 WStG wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft, „wer eigenmächtig seine Truppe oder Dienststelle verlässt oder ihr fernbleibt, um sich der Verpflichtung zum Wehrdienst dauernd oder für die Zeit eines bewaffneten Einsatzes zu entziehen oder die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu erreichen“


Wer kann sich wegen Fahnenflucht strafbar machen?

Die Fahnenflucht ist ein sogenanntes Sonderdelikt, kann also nicht von Jedermann, sondern nur von Soldaten der Bundeswehr begangen werden. Der Soldat hat sich durch freiwillige Verpflichtung zum Wehrdienst verpflichtet.

Zivilpersonen können sich aber auch im Zusammenhang mit Fahnenflucht strafbar machen, allerdings „nur“ in Gestalt der Anstiftung zur Fahnenflucht oder der Beihilfe zur Fahnenflucht.  Zivilpersonen können also Anstifter bzw. Gehilfe bezüglich der Fahnenflucht einer Militärperson sein.


Ist es strafbar, eine geplante Fahnenflucht nicht anzuzeigen?

Das Unterlassen der Anzeige einer geplanten Fahnenflucht ist nicht strafbar. Disziplinarrechtliche Maßnahmen sind aber möglich. 


Was ist der Unterschied zwischen Fahnenflucht und eigenmächtiger Abwesenheit?

Zu unterscheiden ist die Fahnenflucht von der eigenmächtigen Abwesenheit gemäß § 15 WStG. Danach kann mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden, „wer eigenmächtig seine Truppe oder Dienstelle verlässt oder ihr fernbleibt und vorsätzlich oder fahrlässig länger als drei volle Kalendertage abwesend ist“ (§ 15 Abs. 1 WStG).

Verlassen im Sinne des § 16 WStG bedeutet, dass der Täter das räumliche Verhältnis zu seiner Truppe oder Dienststelle aufhebt und sich damit der Verfügungsgewalt seiner Vorgesetzen entzieht.              
Der Soldat bleibt der Truppe/Dienststelle fern, wenn er es trotz örtlicher oder zeitlicher Verpflichtung unterlässt, sich bei der Truppe/Dienstelle zu melden und damit seinen Vorgesetzten verfügbar zu sein. Die Verpflichtung kann sich aus dem Gesetz ergeben, aber auch durch Befehl.

Eigenmächtig handelt der Täter, der aufgrund eines eigenen Entschlusses gegen einen Befehl oder ohne Genehmigung des Vorgesetzten handelt. Nicht eigenmächtig handelt ein Täter sogar dann, wenn er die Genehmigung durch Täuschung erlangt hat. Dann kommt aber eine Strafbarkeit gemäß § 18 WStG (Dienstentziehung durch Täuschung) in Betracht.


Strafe wegen Fahnenflucht nur bei Absicht, sich der Verpflichtung zum Wehrdienst zu entziehen

Abzugrenzen vom Vorsatz und entscheidender Unterschied zwischen der Fahnenflucht nach § 16 WStG und der eigenmächtigen Abwesenheit § 15 WStG ist, dass bei § 16 WStG die Absicht vorliegen muss, sich der Verpflichtung zum Wehrdienst dauernd oder für die Zeit eines bewaffneten Einsatzes zu entziehen oder die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu erreichen“.

Das bedeutet, der Täter muss spätestens zu irgendeinem Zeitpunkt des Fernbleibens den Entschluss gefasst haben, endgültig nicht mehr zurückzukehren. Die Absicht muss also nicht notwendig in dem Zeitpunkt des Verlassens vorliegen.                
Auf Dauer entzieht sich derjenige, der endgültig und für alle Zeit entschlossen ist, nicht mehr freiwillig zur Truppe/Dienststelle zurückzukehren.

Die Absicht die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu erreichen liegt vor, wenn der Täter das Ziel verfolgt, seine rechtliche Beziehung zur Bundeswehrwehr vorzeitig und endgültig zu lösen. Die kann der Täter zum Beispiel dadurch bewerkstelligen, dass ihm seine Rechtsstellung als Soldat entzogen wird, er aufgrund von schweren Straftaten entlassen wird oder die Entfernung aus dem Dienstverhältnis aufgrund disziplinargerichtlichen Urteils.


Kann ich mich wegen Fahnenflucht strafbar machen, wenn ich Urlaub habe?

Die Frage, ob ein eigenmächtiges Verlassen oder Fernbleiben während eines Urlaubes möglich ist, ist stark umstritten und wird von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. Schon deshalb sollten Sie in diesem Fall einen spezialisierten Anwalt für Strafrecht und Soldatenrecht zu Rate ziehen. 

Wenn der Soldat seinen Urlaubsort mit Fahnenfluchtabsicht verlassen hat, aber vor Ende des bewilligten Urlaubs zur Truppe/Dienstelle zurückkehrt, liegt versuchte Fahnenflucht vor. Von dieser kann unter Umständen noch strafbefreiend zurückgetreten werden.


Droht eine Strafe wegen Fahnenflucht auch, wenn man aus Angst flieht?

Ja. § 6 WStG besagt: Furcht vor persönlicher Gefahr entschuldigt eine Tat nicht, wenn die soldatische Pflicht verlangt, die Gefahr zu bestehen.“

Grundsätzlich kann Angst also nicht zu einer Rechtfertigung oder Entschuldigung von Fahnenflucht führen.


Wann ist eine geringere Strafe für Fahnenflucht möglich?

§ 16 Abs. 3 WStG ist eine sogenannte persönliche Strafmilderung. Die Einsicht, sich zu stellen und der Verpflichtung zum Wehrdienst nachzukommen wird dadurch belohnt, dass die Strafandrohung nicht 5 Jahre Freiheitsstrafe, sondern nur noch 3 Jahre Freiheitsstrafe beträgt. Der Täter stellt sich, wenn er sich bei der Truppe/Dienststelle persönlich meldet oder sich unter Angabe des Sachverhalts bei einer anderen Truppe, militärischer oder ziviler Dienstelle (z.B. Polizei) vorstellig wird.                  
Wichtig ist, dass sich der Täter freiwillig stellt. Dies ist immer noch der Fall, wenn der Täter von Kameraden oder anderen Personen dazu bewogen wird, oder wenn er die Fahnenflucht aufgrund Aussichtslosigkeit aufgibt. Wird der Täter allerdings vorher vorläufig festgenommen, stellt er sich nicht freiwillig. Dann findet Abs. 3 keine Anwendung und der Strafrahmen beträgt nicht 3, sondern weiterhin 5 Jahre gemäß Abs. 1. 


Welche weiteren Konsequenzen drohen bei Fahnenflucht neben einer Freiheitsstrafe?

Beim Vorwurf der Fahnenflucht droht nicht nur eine Freiheitsstrafe. Deshalb gilt: Bei dem Vorwurf der Fahnenflucht sollten Sie unbedingt einen spezialisierten Anwalt für Strafrecht und Soldatenrecht aufsuchen, der Sie angemessen beraten und verteidigen kann. 

Denn neben dem eigentlich Tatvorwurf drohen erhebliche berufliche bzw. beamten- oder disziplinarrechtliche Konsequenzen. So droht z.B. der Verlust der Rechtsstellung als Soldat. Evtl. müssen Sie die Kosten Ihres Studiums oder Ihrer Fachausbildung bei der Bundeswehr erstatten.  
Um dies zu vermeiden, sollten Sie jedenfalls zunächst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und dann so bald wie möglich einen Strafverteidiger kontaktieren. Teilweise können Strafverfahren ohne öffentliche Hauptverhandlung eingestellt werden und auch andere Konsequenzen können zum Teil gänzlich abgewandt oder erheblich abgeschwächt werden.


Gerade im Soldatenrecht gehen Strafrecht und Verwaltungsrecht Hand in Hand. Dabei ist es wichtig, jede Fragestellung mit der nötigen fachlichen Expertise zu behandeln. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, sich an einen entsprechend spezialisierten Anwalt im Soldatenrecht zu wenden, der die Tücken und Fallstricke in solchen Fällen kennt und die Verteidigung entsprechend danach ausrichtet.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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