Vorwurf Missbrauch von Ausweispapieren - polizeiliche Vorladung, Anklage, Strafbefehl

  • 6 Minuten Lesezeit

Die Echtheit von Urkunden und der Umgang mit ihnen ist ein Gut, welches sogar strafrechtlich geschützt wird. Durch die Urkundendelikte, wie beispielsweise Urkundenfälschung, mittelbare Falschbeurkundung, aber auch der Missbrauch von Ausweispapieren soll das Vertrauen in die Echtheit von Urkunden und der Umgang mit solchen strafrechtlich abgesichert werden.


Der Missbrauch von Ausweispapieren beschreibt dabei kein Einwirken auf das Urkundendokument selbst, sondern den missbräuchlichen Gebrauch einer echten Urkunde. Bestraft wird – stark vereinfacht ausgedrückt - dass man vorgibt, der wahre Inhaber eines eine bestimmte Person ausweisende Ausweispapiers zu sein.

Wie hoch ist die Strafe für Missbrauch von Ausweispapieren?

Missbrauch von Ausweispapieren wird gem. § 281 StGB grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Wann macht man sich wegen Missbrauch von Ausweispapieren strafbar?

Wie bereits angedeutet, steht bei der Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Ausweispapieren die Identitätstäuschung im Vordergrund. Stark vereinfacht ausgedrückt, soll es strafbar sein, im Rechtsverkehr fälschlicherweise vorzugeben, Inhaber eines amtlichen Ausweises zu sein, der gerade auf eine (andere) Person spezifisch zugeschnitten ist, gerade um im Rechtsverkehr zu täuschen.

Was ist ein Ausweispapier im Sinne des Missbrauchs von Ausweispapieren?

Kennzeichnend für Ausweise in diesem Sinne ist vor allem, dass sie zum Einen (auch) der Identifikation einer Person dienen und zum anderen von der öffentlichen Verwaltung (beispielsweise einer Behörde) ausgestellt wurden (vgl. BGH, Urteil v. 10.08.2022 – 6 StR 519/21 in BeckRS 2022, 22752), wie insbesondere Personalausweise, aber auch Führerscheine oder Behindertenausweise. Optisch zeichnet sich das oftmals durch ein Lichtbild des Inhabers auf dem Ausweis aus.


Gem. § 281 Abs.2 StGB werden Gesundheitszeugnisse und daneben Zeugnisse bzw. Urkunden Ausweispapieren gleich, soweit sie „im Verkehr als Ausweis verwendet werden“ (§ 281 Abs.2 StGB).


Wichtig ist, dass es sich um echte Ausweispapiere handelt. Fälschungen werden also von der Norm des Missbrauchs von Ausweispapieren nicht erfasst. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Nutzen eines gefälschten Ausweises straflos bleibt. Hier kommen andere Strafvorschriften in Betracht (z.B. ggf. eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung). Auch das Nutzen inhaltlich falscher Dokumente kann eine Strafbarkeit begründen (z.B. ggf. wegen Mittelbarer Falschbeurkundung).

Wann gebraucht man ein Ausweispapier?

Grundsätzlich gebraucht man ein Ausweispapier in diesem Sinne, wenn man es der sinnlichen Wahrnehmung durch eine andere Person zugänglich macht (vgl. BGH, Beschluss v. 21.07.2020 – 5 StR146/19 in BeckRS 2020, 20323).


Relevant ist es, in diesem Zusammenhang zu beachten, dass nicht nur das Vorzeigen des Originals des Ausweispapiers ein Gebrauchen im Sinne des Missbrauchs von Ausweispapieren darstellen kann. Die Rechtsprechung hat sich dahingehend geändert, dass nun auch das Vorzeigen einer Kopie oder das Übersenden eines Bildes des Ausweises auf elektronischem Wege, ein Gebrauchen in diesem Sinne sein kann (vgl. BGH, Beschluss v. 21.07.2020 – 5 StR146/19 in BeckRS 2020, 20323).

Wann handelt man zur Täuschung im Rechtsverkehr?

Zur Begründung einer Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Ausweispapieren muss der Täter zudem zur Täuschung im Rechtsverkehr, also mit entsprechender Täuschungsabsicht, handeln.


Wichtig ist, dass die Täuschungsabsicht sich gerade darauf bezieht, dass vorgegeben wird, eine andere Person (für die der in Frage stehende Ausweis tatsächlich ausgestellt wurde) zu sein. Die Täuschungsabsicht muss sich also auf die Identitätstäuschung beziehen. Vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 27.08.2013 – 2 Ss 349/13 in BeckRS 2013, 18815 m.w.N.

Das ergibt sich vor dem Hintergrund, dass gerade diese Identitätstäuschung das strafwürdige Verhalten im Rahmen des Missbrauchs von Ausweispapieren ist.


Aufgrund dieses Gedankens verneinte das Oberlandesgericht Stuttgart allein durch das Auslegen eines Parkausweises für Personen mit einer Behinderung in einem Fahrzeug einen strafbaren Missbrauch von Ausweispapieren, da hier nicht zwangsläufig der Fahrer des Fahrzeugs auch der Inhaber dieses Ausweises ist (es besteht auch die Möglichkeit, dass der Inhaber des Parkausweises Mitfahrer ist und von einem Fahrer gefahren wird) (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 27.08.2013 – 2 Ss 349/13 in BeckRS 2013, 18815 m.w.N.).

Macht man sich durch das Vorzeigen eines gefälschten Ausweises wegen Missbrauchs von Ausweispapieren strafbar?

Nein. Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Ausweispapieren ist das Nutzen eines echten Ausweises, der aber für eine andere Person ausgestellt ist mit der Folge, dass man mittels eines echten Ausweisdokuments über seine Identität täuscht. Das Vorzeigen eines gefälschten Ausweises, der gerade nicht echt ist, zur Täuschung im Rechtsverkehr, begründet also grundsätzlich keine Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Ausweispapieren nach § 281 StGB.

Das bedeutet allerdings nicht, dass das Vorzeigen eines gefälschten Ausweises straflos bleibt. Insbesondere der Vorwurf einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs.1 StGB kann beim Vorzeigen gefälschter Ausweise im Raum stehen.

Macht man sich durch das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises wegen Missbrauchs von Ausweispapieren strafbar?

Wie bereits dargelegt, knüpft die Straftat des Missbrauchs von Ausweispapieren nicht an das Gebrauchen gefälschter Ausweise an, sondern daran dass echte Ausweise einer anderen Person gebraucht werden. Handelt es sich also um einen gefälschten Impfausweis, der auf einen selbst ausgestellt ist, aber einen tatsächlich nicht bestehenden Impfschutz nachweist, so handelt es sich um einen falschen Ausweis. Eine Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Ausweispapieren nach § 281 StGB wird hierdurch also grundsätzlich nicht begründet.

Aber Achtung: Das bedeutet nicht, dass ein solches Vorgehen straflos bleibt. In Betracht kommt beim Vorzeigen eines Impfausweises, der einen tatsächlich nicht bestehenden Impfschutz ausweist, insbesondere eine Strafbarkeit wegen Gebrauchens unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 279 StGB.

Macht man sich durch das Vorzeigen des Impfausweises einer anderen Person wegen Missbrauchs von Ausweispapieren strafbar?

Das Vorzeigen des Impfausweises einer anderen Person zur Täuschung im Rechtsverkehr kann einen strafbaren Missbrauch von Ausweispapieren darstellen. Gem. § 281 Abs.2 StGB sind nämlich Gesundheitszeugnisse, „die im Verkehr als Ausweis verwendet werden“ auch Ausweispapiere im Sinne dieser Straftat.

Diese Regelung findet vor allem im Zusammenhang mit Verfahren rund um das Vorzeigen der Impfausweise anderer Personen zum Nachweis eines bestehenden Corona-Impfschutzes Bedeutung. Gerade zu Zeiten von 3G, 2G oder 2G+, in denen der Zugang zu bestimmten Veranstaltungen oder Örtlichkeiten wie Restaurants nur durch die Erbringung des Nachweises eines entsprechenden Impfschutzes möglich war, kam es zu solchen Missbrauchshandlungen entsprechender Ausweispapiere.

Macht man sich strafbar, wenn man jemandem seinen Personalausweis überlässt?

Das Überlassen des eigenen Personalausweises an eine andere Person kann strafbar sein. Voraussetzung ist, dass dies zur Täuschung im Rechtsverkehr geschieht. Hierbei handelt es sich dann nämlich um ein echtes Ausweisdokument und es wird über die Inhaberschaft dieses Dokuments, das gerade zu Identifikationszwecken dient, getäuscht.

Ich zeige den Ausweis einer anderen Person vor, die Täuschung wird aber erkannt – habe ich mich strafbar gemacht?

Das ist tatsächlich möglich. Gem. § 281 Abs.1 S.2 StGB ist der Versuch des Missbrauchs von Ausweispapieren strafbar. Scheitert das Vorgehen im Übrigen allein daran, dass die Täuschung erkannt wird, so kann sogar eine Strafe wegen vollendeten Missbrauchs von Ausweispapieren drohen. Denn Voraussetzung ist hier nur, dass zur Täuschung im Rechtsverkehr, also mit der entsprechenden Absicht zur Täuschung, gehandelt wird. Dass es tatsächlich zu einer erfolgreichen Täuschung kommen muss, verlangt der Tatbestand nicht. Gerade wenn das Vorhaben allein daran scheitert, dass die Täuschung erkannt, der Ausweis aber bereits vorgezeigt wurde, so kann aufgrund dieser objektiven Gegebenheiten wohl oftmals auf eine entsprechende Täuschungsabsicht geschlossen werden.

Wie sollte ich mich bei Erhalt eines Strafbefehls wegen Missbrauchs von Ausweispapieren verhalten?

Sollten Sie einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs des Missbrauchs von Ausweispapieren erhalten haben, gilt es vor allem schnell zu handeln. Das liegt daran, dass die Frist zur Einlegung eines Einspruchs gegen den Strafbefehl mit nur zwei Wochen (§ 410 Abs.1 StPO) sehr kurz bemessen ist. Daher empfiehlt es sich, sich am Besten so zeitnah wie möglich an einen spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser wird Sie darüber beraten, ob und in welchem Umfang es in Ihrem konkreten Fall Sinn macht, rechtlich gegen den Strafbefehl vorzugehen und Einspruch einzulegen. Unter Umständen kann es nämlich auch sinnvoll sein, den Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte zu beschränken.


Nähere Informationen zum Thema Einspruch gegen einen Strafbefehl, habe ich Ihnen hier zusammengestellt.






Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Benjamin Grunst

Beiträge zum Thema