VW Volkswagen, Audi, Mercedes, Porsche & Co. – was Aktionäre, Käufer oder Leasingnehmer tun können

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Der als VW-Abgasskandal oder auch Dieselgate bekannt gewordene Fall um die Manipulationssoftware zur Verringerung der Abgaswerte von Diesel-Pkw im Testbetrieb gegenüber dem Normalbetrieb hat inzwischen weite Kreise gezogen.

Möglicherweise betroffene Fahrzeuge

So sollen nach Medienberichten neben Fahrzeugen der VW-Konzern-Marken Audi, Porsche, Seat, Skoda und Volkswagen auch Fahrzeuge der Marken Alfa Romeo, BMW, Chevrolet, Dacia, Fiat, Ford, Hyundai, Jaguar, Jeep, Mercedes-Benz, Nissan, Opel, Peugeot, Range Rover, Renault, Suzuki und Volvo von unerwartet hohen Abgaswerten – teils betreffend Stickoxid (NOx), teils Kohlendioxid (CO2) – im Rahmen von Tests oder aber im Zusammenhang mit Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamts aufgefallen sein.

Umrüstung durch Software-Update

Nach Medienberichten sollen bereits rd. drei Viertel der Fahrzeuge aus dem VW-Konzern in Deutschland umgerüstet worden sein, europaweit etwas über 50 % (Stand Mai/Juni 2017).

Allerdings sollen bei diversen Modellen in der Vergangenheit erhöhte Verbrauchszahlen und verstärkte Rußbildung infolge Ausfalls des Abgasrückführungs-Systems zu verzeichnen sein.

Demgegenüber wird ein VW-Sprecher mit den Worten zitiert, es seien bislang keine solchen Probleme bekannt. Sollten aber doch Defekte auftreten, sollen diese geprüft werden. VW verspricht dann von Fall zu Fall „kundenindividuelle Lösungen“.

Nach hiesiger Einschätzung ein so kaum zu bezeichnendes „Versprechen“, denn es dürfte bedeuten, dass Kunden im Streitfall beweisen müssen, dass das Problem auf die Umrüstung zurückzuführen ist.

Aktionäre, Anleger, Anleihegläubiger

Insbesondere Aktionäre der Volkswagen AG (VW-Stammaktie, VW-Vorzugsaktie), Anleihe-Gläubiger der Volkswagen AG und deren Tochtergesellschaften (bspw. Volkswagen Financial Services AG), Derivate-Anleger auf von VW emittierte Wertpapiere und Inhaber der Porsche SE-Vorzugsaktie sollten sich wohl von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht beraten lassen.

So kommen Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter bzw. unterlassener Veröffentlichung von Insiderinformationen (sog. Ad-hoc-Mitteilung) in Betracht; in einem Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig können solche Ansprüche vergleichsweise günstig angemeldet werden, die Anmeldefrist endet jedoch bereits September 2017.

Eine derartige Anmeldung hat allerdings mangels Bindungswirkung des Musterentscheids für Anmeldende keine unmittelbare inhaltliche rechtliche Wirkung, es ist jedoch zum einen auf die grds. verjährungshemmende Wirkung der Anmeldung hinzuweisen, zum anderen ist es nicht ausgeschlossen, dass VW nach dem Musterentscheid in Verhandlungen mit anmeldenden oder solchen Anlegern tritt, welche ihre Ansprüche bereits anwaltlich gegenüber VW geltend gemacht haben. Im Rahmen des Musterverfahrens wird bspw. ein sog. Kursdifferenzschaden von rd. EUR 60,- je VW-Vorzugsaktie zugrunde gelegt.

VW-Halter, -Besitzer, -Eigentümer, -Käufer 

Kaufrechtlich

Da nach richtiger Auffassung – kurzgefasst – in der Manipulation ein Mangel des Fahrzeugs zu sehen ist, bestehen zunächst sog. Nacherfüllungsansprüche, welche bspw. durch die Umrüstung erfüllt werden könnten.

Allerdings ist nach hiesiger – vorliegend nur grob skizzierten – Einschätzung wohl zu berücksichtigen, dass auch nach dem Software-Update ein Makel am Fahrzeug verbleibt, was zu einem sog. merkantilen Minderwert führen dürfte.

Schließlich handelt es sich weiterhin – vergleichbar einem Unfallfahrzeug nach durchgeführter Reparatur – um ein Fahrzeug aus dem „Abgasskandal“, welches schwer und womöglich nur unter Inkaufnahme von Werteinbußen weiterzuveräußern sein dürfte.

Hinzu kommen die verschiedensten Berichte über negative Folgen der Umrüstung und das Problem, dass weitere Folgen der Umrüstung auch weiterhin nicht absehbar sein dürften.

Vor diesem Hintergrund wird hier die Auffassung vertreten, dass eine Nacherfüllung unmöglich bzw. dem Kunden angesichts ungeklärter Folgen nicht zuzumuten ist und daher bspw. direkt der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt bzw. Schadensersatz verlangt werden kann.

Im Ergebnis besteht m.E. bspw. ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises zzgl. Zinsen und etwaigen weiteren Schäden aus Finanzierung oder vergeblichen Aufwendungen, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, wobei eine Nutzungsentschädigung anzurechnen ist.

Zu beachten ist hier die zweijährige Verjährungsfrist ab Ablieferung.

Deliktsrechtlich

Nach hiesiger Einschätzung dürfte auch ein Anspruch u. a. wegen arglistiger Täuschung (über die Beschaffenheit des Fahrzeugs an sich, aber auch hinsichtlich der CO2- und Stickoxid-Emissionen) bestehen. Daneben kommen weitere deliktische Ansprüche in Betracht.

Widerruf

Auch bei Finanzierung des Kaufpreises können u. U. Rückabwicklungsansprüche nach Widerruf bestehen, was jedoch im konkreten Einzelfall zu prüfen ist.

Vorsicht Leasingnehmer!

Der hier vorliegende Leasingvertrag der Volkswagen Leasing GmbH (Leasinggeber) mit einem der hiesigen Mandanten enthält eine Abtretung der Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs.

Hintergrund ist – grob skizziert – dass der Leasinggeber das Fahrzeug kauft und dem Leasingnehmer (Kunde) gegen Zahlung der Leasingraten überlässt.

So weit so gut. Aber: Der Leasingnehmer – also der Kunde – ist zur unverzüglichen Mängelrüge gegenüber dem Verkäufer des Fahrzeugs ermächtigt und verpflichtet. Er – der Kunde – ist ferner berechtigt und verpflichtet, die Ansprüche und Rechte im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass im Fall des Rücktritts und der Kaufpreisminderung etwaige Zahlungen direkt an den Leasinggeber zu leisten sind. (...)

Erkennt der Lieferant das Rücktrittsrecht des Leasinggebers nicht an, ist der Leasingnehmer ab Erklärung des Rücktritts zur Zurückbehaltung der Leasingraten berechtigt, sofern er spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Rücktrittserklärung Klage erhebt. Bei nicht fristgerechter Klageerhebung greift das Zurückbehaltungsrecht bzgl. der Raten ab dem Tag der Klageerhebung.

Fazit

Betroffene Anleger sowie Käufer, ob mit oder ohne Finanzierung oder Leasingkunden, sollten sich von einem auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen.

Vor dem Hintergrund der Komplexität verschiedener Rechtsfragen dürfte ein Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht empfehlenswert sein. Hier kann die Betroffenheit Ihres Fahrzeugs ebenso geprüft werden, wie bspw. die geschlossenen Verträge und etwaigen Rückabwicklungs- und Schadensersatzansprüche sowie andere Ansprüche oder Rechte.



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