Wann ist sexueller Mißbrauch von Jugendlichen strafbar?

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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 10.07.2014 ein Urteil des Landgerichts Gera aufgehoben. Im Urteil des Landgerichts fehlten nach Ansicht der Richter des Strafsenats Feststellungen zur Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung und zur Ausnutzung der sexuelle Selbstbestimmung (§ 182 Abs. 3 StGB). Das Gericht führt hierzu aus:

„Bei der insoweit erforderlichen Würdigung hat die Strafkammer allerdings vor allem Gesichtspunkte erörtert, die – wie etwa der Umstand, dass der Angeklagte alleiniger Ansprechpartner für Probleme der Nebenklägerin war – ohne wirkliche Bedeutung für die erforderliche Einschätzung des Fehlens der sexuellen Selbstbestimmung ist ... Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung hätten freilich weitere Umstände der Erörterung bedurft, etwa dass die Nebenklägerin sich zu dem Angeklagten hingezogen fühlte und sie – nach Vollzug des Geschlechtsverkehrs, der „nicht so schlimm“ gewesen sei, ihr vielmehr eine gewisse Befriedigung in sexueller Hinsicht verschafft habe – das Verhältnis mit dem Angeklagten fortsetzte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Strafkammer in dieser unmittelbar nach der ersten Tat getroffenen Entscheidung der Nebenklägerin einen von ausreichender Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung getragenen Entschluss gesehen hat, weitere sexuelle Kontakte der Nebenklägerin nicht als strafbar angesehen und insoweit freigesprochen hat. Die Sache bedarf deshalb der Aufhebung und Neuverhandlung.“

Wann sind einverständliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen strafbar?

182 Abs. 3 StGB regelt die Strafbarkeit sexueller Handlungen unter Ausnutzung fehlender Selbstbestimmungsfähigkeit. Von der Vorschrift umfasst ist nur der Mißbrauch von Personen über 21 Jahre an Personen unter 16 Jahren.

Die Selbstbestimmungsfähigkeit ist bei Jugendlichen unter 16 Jahren im Einzelfall festzustellen (BGH 42, 402). Auch eine Initiative des Opfers kann auf Unreife, Leichtsinn oder Unkenntnis beruhen (Fischer, StGB, § 182, Rn 12).

Im Einzelfall kommt es darauf an, ob die betroffene Person aus Gründen altersbedingter Unreife außerstande ist, die Entscheidung über die Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen intellektuell moralisch und emotional in ein Selbstbild und Lebenskonzept in einer Weise zu integrieren, welche der Bedeutung sexueller Selbstbestimmung gerecht wird (Bay NStZ 95, 501).

Der Verfasser des Berichts ist Fachanwalt für Strafrecht und seit 2001 mit Schwerpunkt in der Verteidigung von Sexualstraftaten und der Opfervertretung tätig.


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