Wann muss eine Abfindung nach Kündigung des Jobs gezahlt werden?

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Nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber stellt sich häufig die Frage, ob man nun Anspruch auf eine Abfindung hat. Gesetzlich gibt es zwar keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung. Dieser kommt aber häufig durch eine Vereinbarung zustande. Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kann hierbei einschätzen, welche Abfindungshöhe üblich und angemessen ist.

Gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich

Den wichtigsten Fall stellt dabei der gerichtliche oder außergerichtliche Vergleich da, bei der sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur Aufhebung des Arbeitsvertrags auf eine bestimmte Summe einigen.

Sinn des Vergleichs

Hat der Angestellte keinen Kündigungsschutz bzw. ist er in der Probezeit, kann er unproblematisch unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden. In diesem Fall wird in der Regel keine Abfindung zustande kommen.

Wenn aber der Arbeitnehmer bereits mehr als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Angestellten beschäftigt ist, hat er allgemeinen Kündigungsschutz und kann dann nur noch mit einer sozial gerechtfertigten personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigung ordentlich gekündigt werden. Besonderen Kündigungsschutz genießen bestimmte Personengruppen wie Schwangere, Schwerbehinderte, Personen in Eltern- oder Pflegezeit, Azubis nach der Probezeit, Betriebsräte etc. Für ihre Entlassung gelten sehr hohe Anforderungen. Auch erfordert eine außerordentliche Kündigung, für die der Kündigungsschutz nicht gilt, einen wichtigen Grund, der nicht leicht vor Gericht durchzusetzen ist.

Möchte das Unternehmen einen unter dem Kündigungsschutz stehenden Beschäftigten loswerden, wird es mit einer Kündigungsschutzklage, das heißt einer Klage zur Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung, rechnen müssen. Beim Urteil kommt dabei dem Kündigungsschutz enormes Gewicht zu. Die Entlassung wird sich daher oft nach mindestens sechs Monate langem Prozess als unwirksam erweisen.

Verliert der Arbeitgeber:

  • kann er den Angestellten nicht loswerden und muss ihn weiter einstellen,
  • damit in der Zukunft weiterhin die Lohnkosten tragen und
  • sogar rückwirkend für alle Monate, in denen der Angestellte aufgrund der ungerechtfertigten Kündigung nicht gearbeitet hat, den vollen Gehalt bezahlen.

Deshalb macht es in vielen Fällen für den Arbeitgeber Sinn, eine Abfindung gegen Aufhebung des (möglicherweise) unkündbaren Arbeitsverhältnisses anzubieten.

Allerdings gibt es auch Situationen, in denen die Wirksamkeit der Kündigung ziemlich sicher ist. Da wird natürlich keine Abfindung entstehen. Insbesondere, wenn der Arbeitnehmer die 3-Wochen-Frist der Erhebung der Kündigungsschutzklage nach Zugang der Kündigung versäumt, gilt die Kündigung als wirksam.

Höhe der Abfindung

Die Höhe der Abfindung hängt vom Verhandlungsgeschick der Parteien ab. Folgende Kriterien erhöhen die Summe, die der Arbeitgeber bereit sein wird zu bezahlen:

  • die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage.
  • erwartete Dauer des Prozesses.
  • der Lohn: bei einem Verdienst von 4.000 Euro, ist die rückwirkend zu bezahlende Summe hoch und der Angestellte kostet auch in der Zukunft das Unternehmen sehr viel Geld, sodass es bereit sein wird mehr zu bezahlen, um Kosten zu sparen.
  • das Interesse den Arbeitnehmer loszuwerden: möchte der Arbeitgeber den Angestellten nicht unbedingt entlassen, kann er bei zu hohem Abfindungsverlangen die Kündigung einfach zurückziehen; hier ist auch an den Fall zu denken, in dem der Beschäftigte schon so lange krank ist, dass nicht mehr der Betrieb, sondern die Krankenkasse das Einkommen trägt.

Betriebsbedingte Kündigung unter Hinweis auf ein Abfindungsanspruch

In diesem Fall geht aus der Kündigungserklärung des Arbeitgebers hervor,

1.) dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgt

2.) und der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung hat,

3.) wenn er die drei Wochen Frist der Kündigungsschutzklage ohne Klageerhebung verstreichen lässt.

Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.

Diese Abfindung muss der Angestellte nicht annehmen. Er kann auch die Kündigungsschutzklage erheben und einen Vergleich anstreben.

Gerichtliches Urteil

Auf Antrag einer der Parteien löst das Gericht das Arbeitsverhältnis auf und verurteilt den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind.

1.) Kündigung ist sozial ungerechtfertigt

Das setzt voraus, dass für den Arbeitnehmer der allgemeine Kündigungsschutz gilt.

2.) eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit kann nicht erwartet werden bzw. eine Fortsetzung der Arbeit ist unzumutbar 

Hier gelten sehr hohe Anforderungen, weshalb die Abfindung über das gerichtliche Urteil in der Praxis weniger relevant ist.

Zum Beispiel müsste es zu einem extremen Streit oder ähnlichen in oder außerhalb der Verhandlung gekommen sein.

Sozialplan oder Tarifvertrag

Des Weiteren kann eine Abfindung aus einem Sozialplan, der durch Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart wird, zustande kommen.

Die Abfindung vom Sozialplan muss nicht angenommen werden. Es ist möglich, dass durch den individuellen Vergleich mehr herauszuholen ist.

Darüber hinaus ist noch an einen tarifvertraglichen Anspruch zu denken.

Fazit

Die Verhandlungen rund um die Abfindung setzen eine umfassende professionelle Abwägung von allen Umständen und Erfahrung voraus, um den bestmöglichen Weg anzusteuern, die Schmerzensgrenze der anderen Seite zu durchschauen, sich nicht irritieren zu lassen und flexibel reagieren zu können. Deshalb ist es sehr ratsam eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei in den Kündigungsablauf einzubeziehen.

Foto(s): iStock.com/Olena Kychygina

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