Was ist in der Arbeitspause erlaubt – und was nicht?
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Ein arbeitsrechtlicher Überblick über Rechte, Pflichten und Grenzen in der betrieblichen Ruhezeit
Die Ruhepause während eines Arbeitstages ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein willkommener Moment zur Entspannung – aber auch eine Gelegenheit, private Angelegenheiten zu erledigen. Doch was ist arbeitsrechtlich erlaubt? Wo verlaufen die Grenzen zwischen legitimer Erholung und vertragswidrigem Verhalten? Und welche Pflichten haben Arbeitgeber in Bezug auf Pausen?
Dieser Beitrag klärt umfassend über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ruhepause nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) auf – unter besonderer Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung, praktischer Probleme und der häufigsten Irrtümer.
1. Gesetzliche Grundlage: Was ist eine Ruhepause im Sinne des Arbeitszeitgesetzes?
Die Rechtsgrundlage für Pausenregelungen findet sich in § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Dort heißt es:
„Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von insgesamt mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden zu unterbrechen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.“
Wichtig ist dabei:
Die Pause muss vor Beginn der Arbeitszeit festgelegt sein – spontane Unterbrechungen zählen nicht.
Sie muss mindestens 15 Minuten ununterbrochen dauern, um als gesetzliche Ruhepause anerkannt zu werden.
Toilettengänge, kurze Gespräche oder der Gang zur Kaffeemaschine gelten nicht als Pause im Sinne des Gesetzes, da sie keine echte Erholungsfunktion haben.
2. Ziel der Pause: Erholung und Schutz der Gesundheit
Die gesetzlich vorgeschriebene Pause dient nicht bloß der Unterbrechung der Arbeitszeit, sondern dem Schutz der körperlichen und psychischen Gesundheit. Sie soll die Arbeitsbelastung reduzieren, Erschöpfung vorbeugen und die Konzentrationsfähigkeit erhalten.
Arbeitnehmer sind während der Pause von jeder Arbeitsverpflichtung befreit – es besteht weder Rufbereitschaft noch Ansprechbarkeitspflicht. Auch das Mitführen eines Diensthandys oder Laptops widerspricht dem Pausenzweck, sofern damit die ständige Erreichbarkeit verbunden ist.
3. Wie lang muss eine Pause sein?
Die Länge der Pause ist nach § 4 ArbZG abhängig von der täglichen Arbeitszeit:
Tägliche Arbeitszeit | Mindestpause |
---|---|
Über 6 bis 9 Stunden | 30 Minuten |
Mehr als 9 Stunden | 45 Minuten |
Die Pausen können in Blöcke zu mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden, etwa:
2 × 15 Minuten oder
3 × 15 Minuten (bei 45 Minuten Pause).
Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge können darüber hinaus längere oder zusätzliche Pausen vorsehen, etwa Frühstückspausen oder Bildschirmarbeitsplatz-Pausen.
4. Unterschiede: Ruhepause, Betriebspause, Bildschirm- und Erholungspausen
Nicht jede Unterbrechung der Arbeit ist eine gesetzliche Ruhepause. Man unterscheidet:
Ruhepause (§ 4 ArbZG): Zur freien Verfügung, keine Arbeitspflicht.
Betriebspause: Unterbrechung aus betrieblichen Gründen (z. B. Maschinenstillstand); keine Erholungszeit, keine Pause im Sinne des ArbZG.
Bildschirm- und Erholungspausen: Nach § 5 Bildschirmarbeitsverordnung sind regelmäßige kurze Unterbrechungen bei Bildschirmarbeit erforderlich – diese gelten nicht als Ruhepause, sondern als Schutzmaßnahme.
Zwangspausen: Z. B. durch Kundenmangel im Einzelhandel – ebenfalls keine gesetzliche Pause, sondern Arbeitsunterbrechung.
5. Was dürfen Beschäftigte in der Pause tun – und was nicht?
Grundsätzlich sind Beschäftigte während der Pause völlig frei in der Gestaltung:
✅ Erlaubt ist:
Verlassen des Betriebsgeländes
Einkaufen, Sport, Spaziergänge
Arzttermine (sofern zeitlich passend)
Friseurbesuch oder Behördengänge
❌ Nicht erlaubt bzw. riskant ist:
Tätigkeiten, die zu Unpünktlichkeit führen
Alkoholkonsum, wenn danach keine Arbeitsfähigkeit mehr besteht
Drogenkonsum (auch Cannabis), wenn er die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt oder verboten ist
Gefährdung anderer durch eingeschränkte Fahrtüchtigkeit o. ä.
Hinweis: Arbeitgeber dürfen Vorgaben machen, z. B. das Verlassen des Werksgeländes untersagen, wenn Sicherheits- oder Ordnungsgründe dies rechtfertigen – etwa bei Großbetrieben mit Zutrittskontrollen.
6. Darf man Arbeitsgeräte während der Pause privat nutzen?
Die private Nutzung von Dienstgeräten (Computer, Smartphone, WLAN etc.) während der Pause ist nur dann erlaubt, wenn sie:
durch den Arbeitgeber ausdrücklich gestattet ist oder
langfristig geduldet wurde (betriebliche Übung).
Fehlt eine klare Regelung, ist Vorsicht geboten: Wer unerlaubt z. B. Netflix schaut oder Online-Shopping betreibt, riskiert bei Missbrauch arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur Kündigung – insbesondere bei datenschutzwidriger Nutzung oder Download illegaler Inhalte.
7. Was passiert, wenn man die Pause überzieht?
Ein einmaliges Überziehen der Pause wird häufig toleriert, insbesondere bei nachvollziehbaren Gründen (z. B. Stau, lange Warteschlange beim Arzt). Doch:
Bei wiederholtem Überziehen ohne Absprache kann eine Abmahnung folgen.
In schweren Fällen (z. B. unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz) ist auch eine verhaltensbedingte Kündigung rechtlich möglich.
Die Faustregel lautet: Pünktlichkeit ist Pflicht – auch nach der Pause.
8. Gilt das auch im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit?
Ja – das Arbeitszeitgesetz gilt auch im Homeoffice. Das bedeutet:
Auch im Homeoffice sind Pausen verpflichtend einzuhalten.
Sie müssen dokumentiert werden (z. B. über Zeiterfassungssoftware).
Wer Pausen ignoriert oder durchgehend durcharbeitet, verstößt gegen das ArbZG.
Arbeitgeber dürfen Pausenzeiten stichprobenartig kontrollieren – etwa durch Zeiterfassungsberichte oder Login-Daten.
Ein dauerhaftes Ignorieren der Pausenpflicht kann sogar zum Entzug der Homeoffice-Berechtigung führen – insbesondere bei Vertrauensarbeitszeitmodellen.
9. Muss man sich zur Pause an- und abmelden?
Ob eine An- oder Abmeldung erforderlich ist, richtet sich nach den betrieblichen Regelungen:
In vielen Betrieben wird gestempelt oder elektronisch erfasst, wann die Pause beginnt und endet.
Auch ohne konkretes Stempelsystem muss die Pause erkennbar gemacht werden – etwa durch Kalendereintrag, Pausenknopf in Software oder schriftliche Notiz.
Die Pflicht zur objektiven Arbeitszeiterfassung wurde durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.09.2022 (1 ABR 22/21) erneut bekräftigt.
10. Darf man die Pause ausfallen lassen oder verkürzen, um früher zu gehen?
Nein – das ist nicht zulässig. Die Ruhepause ist eine zwingende Schutzvorschrift, auf die weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber wirksam verzichten können.
Eigenmächtige Verkürzungen oder der komplette Verzicht auf Pausen – etwa, um früher Feierabend zu machen – verstoßen gegen § 4 ArbZG.
Auch der Arbeitgeber darf nicht anordnen, dass die gesetzliche Pause entfällt – etwa zur Aufrechterhaltung des Betriebs.
Arbeitgeber sind sogar verpflichtet, auf die Einhaltung der Pausenregelungen hinzuwirken. Werden Verstöße festgestellt, muss der Arbeitgeber einschreiten, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen.
Fazit: Die Pause als arbeitsrechtliches Schutzinstrument
Die gesetzliche Pause ist mehr als eine bloße Unterbrechung des Arbeitstages – sie ist ein zentrales Instrument des Arbeitsschutzes. Arbeitgeber und Beschäftigte müssen gleichermaßen dafür sorgen, dass diese Ruhezeiten:
rechtzeitig eingeplant,
verbindlich eingehalten und
transparent dokumentiert werden.
Nur so kann das Ziel des Gesetzes – die Erhaltung der Arbeitskraft und die Vermeidung gesundheitlicher Überlastung – zuverlässig erreicht werden.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.
Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321
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