Was versteht man unter einem negativen Kapitalkonto bei der KG und welche Folgen ergeben sich hieraus?

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1. Ein negatives Kapitalkonto bzw. ein negativer Kapitalanteil der der KG

Das Thema des negativen Kapitalkontos bzw. des negativen Kapitalanteils in einer Kommanditgesellschaft (KG) ist ein wesentlicher Aspekt des deutschen Handels- und Steuerrechts, der sowohl für Gesellschafter als auch für die KG selbst von großer Bedeutung ist. 

Ein negatives Kapitalkonto entsteht, wenn die Verluste und Entnahmen eines Gesellschafters dessen Einlagen übersteigen, was zu einer Reihe von rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen führt. 

Diese Situation erfordert ein tiefes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und der steuerlichen Auswirkungen, um angemessene Entscheidungen treffen und potenzielle Risiken effektiv managen zu können. Die Handhabung eines negativen Kapitalkontos stellt somit eine zentrale Herausforderung im Geschäftsleben einer KG dar.


2. Handels- und Gesellschaftsrechtliche Folgen

In der Handels- und Gesellschaftsrechtspraxis hat das Auftreten eines negativen Kapitalkontos in einer Kommanditgesellschaft (KG) bedeutsame Folgen, die sowohl unbeschränkt haftende Gesellschafter (Komplementäre) als auch beschränkt haftende Gesellschafter (Kommanditisten) betreffen.

Beginnen wir mit den unbeschränkt haftenden Gesellschaftern. In Fällen, in denen ihr Kapitalkonto negativ wird, entfallen bestimmte Rechte, die ihnen normalerweise zustehen. Dazu gehört beispielsweise die jährliche Vorausverzinsung des eingezahlten Kapitals, die gemäß § 121 I HGB gewährt wird. Ebenso entfällt das Recht auf gewinnunabhängige Entnahmen in Verlustjahren, wie es § 122 I HGB vorsieht. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Verpflichtung zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos beim Ausscheiden aus der Gesellschaft. Dies bedeutet, dass ein Gesellschafter, der mit einem negativen Kapitalkonto die Gesellschaft verlässt, den anderen Gesellschaftern gegenüber zum Ausgleich dieses Kontos verpflichtet ist, was sich aus den §§ 105 II HGB, 735, 739 BGB ableitet.

Für Kommanditisten, also die beschränkt haftenden Gesellschafter, ergeben sich ebenfalls spezifische Konsequenzen. Zunächst ist festzuhalten, dass die Bildung eines negativen Kapitalkontos durch Verlustzuweisungen möglich ist, obwohl der Kommanditist bei seinem Ausscheiden nur in Höhe seines Kapitalanteils für Verluste der Gesellschaft haftet (§ 167 III HGB). Dies führt zu einer interessanten Situation, in der der Kommanditist zwar ein negatives Kapitalkonto haben kann, aber nicht zum Ausgleich dieses Kontos beim Verlassen der Gesellschaft verpflichtet ist. Stattdessen wird das negative Kapitalkonto auf die verbleibenden Gesellschafter umgelegt, die dann ihr eigenes Kapitalkonto entsprechend anpassen müssen. Eine weitere wichtige Regelung für Kommanditisten ist die sogenannte Gewinnentnahmesperre nach § 169 I HGB. Diese Vorschrift besagt, dass Kommanditisten verpflichtet sind, ihnen anteilig zugewiesene Gewinne zur Auffüllung ihres Kapitalkontos bis zur Höhe der vereinbarten Einlage zu verwenden.


3. Steuerrechtliche Folgen

Die steuerrechtlichen Konsequenzen eines negativen Kapitalkontos in einer Kommanditgesellschaft (KG) sind komplex und vielschichtig. Sie betreffen sowohl die Bewertung des Betriebsvermögens als auch die Einkommensteuer und haben direkte Auswirkungen auf die Gesellschafter der KG.

Zunächst zum Bewertungsrecht: Ein negatives Kapitalkonto beeinflusst die Bewertung des Betriebsvermögens von Einzelfirmen und Personengesellschaften. Es ist wichtig zu verstehen, dass das negative Kapitalkonto eines Unternehmens oder eines Gesellschafters nicht zwangsläufig mit dem jeweiligen Anteil am Betriebsvermögen übereinstimmt. Dieser Anteil kann nach bewertungsrechtlichen Vorschriften niedriger, gleich oder höher sein. Bei Einzelunternehmern führt ein negatives Kapitalkonto in der Regel zu einem negativen Wert des Betriebs, es sei denn, bestimmte Wertansätze, wie beispielsweise für Grundstücke oder Beteiligungen, gleichen das negative Kapitalkonto aus. Bei Personengesellschaften kann ein negativer Anteil am Betriebsvermögen eines oder mehrerer unbeschränkt haftender Gesellschafter mit positiven Werten aus anderen Vermögensarten verrechnet werden.

In Bezug auf die Einkommensteuer sind sowohl die Bildung als auch die Auflösung negativer Kapitalkonten von Bedeutung. Bei unbeschränkt haftenden Gesellschaftern sind die einkommensteuerlichen Wirkungen bei erfolgswirksamer Entstehung negativer Kapitalkonten, also bei Verlusten, zu beachten. Diese Verluste sind ausgleichs- und abzugsfähig, sofern die Gesellschaft nicht als Verlustzuweisungsgesellschaft gilt. Gewinne, die zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos führen, sind als steuerpflichtige Einkünfte zu erfassen. Scheidet ein Gesellschafter aus und übernehmen die anderen Gesellschafter seinen Anteil, kann ein Veräußerungsgewinn entstehen, insbesondere wenn die Abfindung den Buchwert des Kapitalkontos übersteigt.

Für beschränkt haftende Gesellschafter, also Kommanditisten, ist die steuerliche Behandlung negativer Kapitalkonten ebenfalls relevant. Der Bundesfinanzhof hat die Zulässigkeit negativer Kapitalkonten für Kommanditisten grundsätzlich anerkannt, es sei denn, ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen ist unwahrscheinlich. Die sofortige Verlustverrechnung wird jedoch durch § 15a EStG begrenzt. Nach dieser Vorschrift sind Verlustanteile eines Kommanditisten nur insoweit ausgleichs- oder abzugsfähig, als sie kein negatives Kapitalkonto entstehen lassen oder erhöhen. Nicht sofort verrechenbare Verluste bleiben mit künftigen Gewinnanteilen des Gesellschafters verrechenbar. Der Zeitpunkt der Verrechenbarkeit hängt also auch vom Stand des Kapitalkontos ab. Scheidet ein Kommanditist aus der Gesellschaft aus und hat er seine Einlage voll geleistet, entsteht für ihn in Höhe des negativen Kapitalkontos ein Veräußerungsgewinn, der um noch nicht verrechnete, verrechenbare Verluste gekürzt werden kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die steuerrechtlichen Folgen eines negativen Kapitalkontos in einer KG sowohl für die Gesellschaft als auch für die individuellen Gesellschafter weitreichend sind. Sie erfordern eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung im Rahmen der steuerlichen Gestaltung und Deklaration.


4. Fazit

Das Vorhandensein eines negativen Kapitalkontos in einer KG hat weitreichende und komplexe Folgen, die sowohl handels- und gesellschaftsrechtliche als auch steuerrechtliche Aspekte umfassen. Auf der rechtlichen Ebene müssen sich sowohl unbeschränkt haftende Gesellschafter (Komplementäre) als auch beschränkt haftende Gesellschafter (Kommanditisten) mit den Auswirkungen auf Haftungsfragen und Gesellschafterrechte auseinandersetzen. Steuerrechtlich führt ein negatives Kapitalkonto zu speziellen Bewertungs- und Verrechnungsregeln, die sowohl für die Einkommensteuer als auch für die Bewertung des Betriebsvermögens relevant sind. Für die effektive Verwaltung und Planung innerhalb einer KG ist es daher unerlässlich, die rechtlichen und steuerlichen Implikationen eines negativen Kapitalkontos zu verstehen und zu berücksichtigen. Dies ermöglicht es, finanzielle Risiken zu minimieren und die rechtliche Konformität sicherzustellen, was für die Stabilität und den Erfolg der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist.




Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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