WEG: Prozessführungsbefugnis für Altverfahren des einzelnen Wohnungseigentümers bleibt grundsätzlich bestehen.

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass für Klagen eines Wohnungseigentümers, welche vor dem 1. Dezember 2020 (Inkrafttreten der WEG Reform) bei Gericht bereits anhängig waren, seine Prozessführungsbefugnis besehen bleibt, auch wenn sich die Klage gegen Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums richtet. Es sei denn ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird dem Gericht mitgeteilt.


Das Gesetz:

§ 48 WEG
 Übergangsvorschriften

(5) Für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren sind die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.


Der Fall:
 Ein Wohnungseigentümer wehrte sich gegen die Bepflanzung des Nachbargrundstücks mit Heckenpflanzen, welche den vorgegebenen Grenzabstand nicht einhält. In diesem Fall standen angepflanzte Zypressen zu dicht an der Grundstücksgrenze. Nach altem Recht bestand hierfür für den Wohnungseigentümer eine Klagebefugnis, wenn die Gemeinschaft dieses Recht nicht an sich gezogen hat.

Nach neuem Recht steht diese Befugnis nicht mehr einem einzelnen Wohnungseigentümer zu, sondern gem. § 9a Abs. 2 WEG n.F. ausschließlich der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Nur diese kann Gerichtsverfahren gegen Störungen des Gemeinschaftseigentums ab dem 1.12.2020 als Klägerin führen. Hierbei wird sie regelmäßig wiederum durch den Verwalter vertreten.

Was ist aber nun, wenn ein Wohnungseigentümer die Klage bereits erhoben hat und das Gerichtsverfahren über den 1.12.2020 hinaus weiterläuft? Kann der Kläger das Verfahren noch fortführen? Eine direkte Übergangsregelung hierzu fehlt im Gesetz.


Die Entscheidung des Gerichts:

(BGH Urteil vom 07.05.2021 - V ZR 299/19)
 Der BGH hat entschieden, dass für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Prozessführungsbefugnis des Wohnungseigentümers über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 n.F. WEG fortbesteht.

Die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG n.F. enthalte eine planwidrige Regelungslücke. § 48 Abs. 5 WEG n.F. zeigt nämlich grundsätzlich auf, dass eine Änderung des Verfahrensrechts für bereits anhängige Verfahren nicht erfolgen soll. Ein nachträglicher Wegfall der Prozessführungsbefugnis während des laufenden gerichtlichen Verfahrens hätte zur Folge, dass das bis dahin geführte Verfahren gänzlich nutzlos wird und im Ergebnis nur erheblichen Aufwand und Kosten verursacht hätte.


 Im Hinblick auf § 9a Abs. 2 WEG ist anzunehmen, dass es dem Plan des Gesetzgebers entspreche, die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers in einem bei Gericht bereits anhängigen Verfahren nicht schon durch das bloße Inkrafttreten der Neuregelung entfallen zu lassen.

Das gilt aber nur bis zu dem Zeitpunkt, bis welchem dem Gericht ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat nämlich das Recht, das bereits anhängige Verfahren selbst als Partei zu übernehmen oder aber dem Wohnungseigentümer die Fortführung des Verfahrens zu untersagen, etwa weil sie den Konflikt auf andere Weise als durch einen gerichtlichen Rechtsstreit beilegen will.


Tom Martini
Rechtsanwalt und Mediator
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Familienrecht

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Foto(s): (C) Tom Martini


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