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WEG-Reform 2020 – Verwaltung der Wohneigentümergemeinschaften wird anspruchsvoller

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Mit dem 1. Dezember 2020 trat eine Novelle des WEG-Rechts in Kraft, die zahlreiche Veränderungen mit sich bringt. Knapp 1,75 Millionen Wohnungseigentümergemeinschaften in Deutschland und deren Verwaltungen sehen sich in vielen Bereichen jetzt einer neuen Situation gegenüber. Einen ersten Überblick über die Änderungen gibt es hier. Auf den besonders wichtigen Teilbereich der baulichen Veränderungen wurde bereits in einem anderen Rechtstipp (hier klicken) näher eingegangen. Jetzt soll es um den „Verwalter“ der Eigentümergemeinschaften gehen.

Große und kleine Änderungen für Verwalterinnen und Verwalter 

Für die Verwalterinnen und Verwalter von Wohneigentümergemeinschaften kommen teilweise erhebliche Änderungen zu, andere Neuerungen sind dagegen – zumindest in der praktischen Auswirkung – weniger dramatisch. So fällt der bisher im Gesetz benannte konkrete Pflichtenkatalog des Verwalters weg. Nach dem neuen § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG hat er jetzt sämtliche Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung von untergeordneter Bedeutung zu treffen, die nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Gemeinschaft führen (alle anderen Maßnahmen sind der Entscheidung durch die Eigentümerversammlung vorbehalten).

Was nun im Einzelfall von untergeordneter Bedeutung ist, wird man erst im Laufe der Zeit erfahren, wenn Gerichte die neuen Vorschriften anwenden und auslegen. Ein wesentlicher Maßstab wird sicher die Größe der Wohneigentümergemeinschaft sein. Um in der Anfangszeit nicht völlig orientierungslos zu sein, ist ein Verwalter sicherlich gut beraten, wenn er sich weiter an den bisher in § 27 Abs. 1 WEG (alte Fassung) genannten Pflichtenkatalog hält.

Sachkundenachweis durch IHK-Zertifikat

Sehr tief in die bisherige Berufsfreiheit der Verwalter greift eine optisch kleine Ergänzung des § 19 Abs. 2 WEG ein. Dort steht, dass es zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung einer Wohneigentümergemeinschaft gehört, dass sie durch einen zertifizierten Verwalter erfolgt. Das gab es bisher noch nicht und könnte zumindest für Quereinsteiger eine Hürde darstellen. Gleichzeitig erhofft sich der Gesetzgeber dadurch eine Steigerung der Qualität bei der berufsmäßigen Verwaltung der Eigentümergemeinschaften.

Wie die Prüfungen und das Anforderungsprofil konkret aussehen, wird sich erst in der Praxis zeigen müssen. § 26a WEG regelt lediglich, dass die Prüfungen vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer abgelegt werden müssen. Wie diese Prüfungen inhaltlich und verfahrenstechnisch ausgestaltet werden, wird erst noch festgelegt.

Übergangsfristen für die Zertifizierung

Zeit ist hierfür noch vorhanden. Das Wohneigentumsmodernisierungsgesetz trat zum 1. Dezember 2020 in Kraft. Wer zu diesem Zeitpunkt bereits als Verwalter bestellt war, gilt bis zum 1. Juni 2024 gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft als „zertifiziert“.

Wer zu diesem Zeitpunkt noch nicht Verwalter war, kann trotzdem noch für die Verwaltung einer Eigentümergemeinschaft bestellt werden. Das geht noch bis Dezember 2022 – danach entspricht dann nur noch die Verwaltung durch einen zertifizierten Verwalter den neuen Vorschriften. Wird nach diesem Zeitpunkt ein nicht zertifizierter Verwalter engagiert, wäre ein solcher Beschluss mittels Anfechtungsklage angreifbar.

Die gewerberechtliche Weiterbildungspflicht (derzeit 20 Stunden innerhalb von drei Kalenderjahren) hat damit übrigens nichts zu tun und besteht unverändert fort.

Erleichterte Abberufung 

Ebenfalls neu und unter Umständen als gravierend könnte sich die Regelung herausstellen, dass ein Verwalter nur wegen eines wichtigen Grundes „gefeuert“ werden kann. Wenn es der Willen der Gemeinschaft ist, können die Eigentümer die Verwaltung jederzeit und ohne besonderen Grund aus seinem Amt abberufen.

Der Vertrag endet dann spätestens 6 Monate nach der Abberufung – außer die Vertragslaufzeit ist an den Zeitraum der Verwalterbestellung geknüpft. Dann endet der Vertrag unmittelbar mit der Abberufung. Ein solcher Beschluss ist für den Verwalter auch nicht anfechtbar, da mit der WEG-Reform dem Verwalter keine eigenständige Anfechtungsbefugnis mehr zusteht.

Verwalterhaftung 

Für die Verwalter auf den ersten Blick positiv scheint zu sein, dass der frühere § 49 Abs. 2 WEG weggefallen ist. Danach konnte ein Gericht dem Verwalter die Verfahrenskosten auferlegen, wenn er oder sie einen Beschlussmangel zu verantworten hatte.

Allerdings bedeutet das nicht, dass der Verwalter nicht mehr haften muss. Stattdessen haftet er weiterhin nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen auf Schadensersatz. Diese Ansprüche können gemäß des erweiterten § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG auch von den Wohnungseigentümern gegen den Verwalter geltend gemacht werden.

Entwicklung noch nicht abgeschlossen

Tiefgreifende Veränderungen beinhalten auf absehbare Zeit immer eine gewisse Unsicherheit, weil man letztlich nur spekulieren kann, wie die Gerichte mit den neuen Vorschriften umgehen. Vielfach lassen sich natürlich Rückschlüsse aus der vorhergehenden Rechtslage ziehen. Teilweise sind die Änderungen aber so erheblich, dass man die Entwicklung aufmerksam beobachten sollte und darauf vorbereitet sein muss, die bisherige Arbeitspraxis der aktuellen Rechtsprechung anzupassen.

 

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit und die Beantwortung rechtlicher Fragen schon.


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