Welche Werklohnansprüche der Auftragnehmer verjähren Ende 2015 - Verjährungsbeginn?

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Der Eintritt der Verjährung von Werklohnansprüchen der Auftragnehmer - wie Bauunternehmer, Handwerker, Werkstätten u. Ä. – ist in Anbetracht des nahenden Jahresendes ein jährlich neues „Ratespiel“. Hier gilt es sauber zu trennen:

1. Der VOB/B-Werkvertrag

Ist es ein Werkvertrag, bei dem die VOB/B wirksam (!) vereinbart wurde, so gilt: Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers verjährt beim VOB-Bauvertrag in drei Jahren, wie auch bei normalen Werkverträgen nach §§ 631 ff. BGB. Der Beginn ist an die Fälligkeit der Werklohnleistung geknüpft. Die Fälligkeit – und damit der Beginn der Verjährung – setzt aufgrund der Vorleistungspflicht des Auftragnehmers grundsätzlich voraus, dass die Bauleistung abgenommen ist. Im Gegensatz zum BGB-Bauvertrag kommt im VOB/B-Werkvertrag hinzu, dass über die Abnahme hinaus eine prüfbare Rechnung vorgelegt wird und die Prüffrist von derzeit 30 Tagen - in Ausnahmefällen 60 Tagen - abgelaufen ist. (So u. a. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.09.2015 - 6 O 488/07; OLG Frankfurt, Urteil vom 20.05.2014 - 6 U 124/13). Dies ist der Formulierung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B geschuldet, in dem es heißt:

„Der Anspruch auf Schlusszahlung wird alsbald nach Prüfung und Feststellung fällig, spätestens innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung. Die Frist verlängert sich auf höchstens 60 Tage, wenn sie aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist und ausdrücklich vereinbart wurde. Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der Gründe nicht bis zum Ablauf der jeweiligen Frist erhoben, kann der Auftraggeber sich nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit berufen. Die Prüfung der Schlussrechnung ist nach Möglichkeit zu beschleunigen. Verzögert sie sich, so ist das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort zu zahlen.“

Hinzu kommt, dass die Schlussrechnung die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nicht auslösen kann, wenn sie nicht prüfbar ist. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Auftraggeber die fehlende Prüfbarkeit innerhalb der vorstehenden Fristen rügt, sonst wird die Werklohnforderung auch bei nicht prüfbarer Rechnung fällig. Wurde also z. B. eine Schlussrechnung bei einer Abnahme der Werkleistung am 05.12.2011 übergeben, so würde aufgrund der Prüffrist die Fälligkeit erst Anfang 2012 eingetreten sein. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB würde in diesem Fall erst zum 31.12.2015, 24:00 Uhr, enden!

2. BGB-Werkvertrag

Anders wäre dies im BGB-Werkvertrag. Hier tritt die Fälligkeit der Werklohnforderung nach dem einschlägigen § 640 BGB bereits mit der Abnahme der Werkleistung ein. Entgegen der Meinung an vielen Stammtischen ist die Erteilung einer Rechnung grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung; und zwar auch dann nicht, wenn der Schuldner nach der Verkehrssitte einen Anspruch auf eine spezifizierte (Ab-)Rechnung hat. Eine ausnahmsweise bis zum Zugang einer Rechnung hinausgeschobene Fälligkeit bedarf einer vertraglichen oder gesetzlichen Sonderregelung, wie z. B. der oben erwähnte § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B für Werklohnforderungen (so u. a. OLG Jena, Urteil vom 15.05.2012 - 4 U 661/11). War also in dem vorstehenden Fall die VOB/B nicht (wirksam) vereinbart, so würde mit der Abnahme am 05.12.2011 die Fälligkeit der Werklohnforderung eintreten, die Verjährung würde damit Ende 2011 beginnen und bereits am 31.12.2014, 24:00 Uhr, auslaufen. In diesem Fall hätte der Auftragnehmer seinen Werklohnanspruch verloren, da dieser seit fast einem Jahr verjährt wäre!

3. Wirksame Vereinbarung der VOB/B

Wird ein Werkvertrag u. a. über eine Bauleistung abgeschlossen, gilt immer §§ 631 ff. BGB und damit die Verjährung nach den vorstehenden Ausführungen unter II.; Damit die VOB/B gilt, muss deren Geltung ausdrücklich vereinbart werden. Handelt der Auftraggeber als "Privatmann", der die Auftragsverhandlungen nicht mit der Unterstützung eines Architekten führt, genügt der Hinweis auf die Geltung der VOB/B im Angebot des Auftragnehmers nicht, um sie in den Vertrag einzubeziehen (OLG Nürnberg, Urteil vom 27.11.2013 - 6 U 2521/09; BGH, Beschluss vom 10.09.2015 - VII ZR 347/13).Wird der Bauvertrag allerdings in den Geschäftsräumen des Auftragnehmers geschlossen, ist es für die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag ausreichend, dass der Text der VOB/B am Ort und zur Zeit des Vertragsschlusses zur Einsicht ausgelegt ist (OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.11.2011 - 2 U 11/11; BGH, Beschluss vom 11.04.2013 - VII ZR 261/11). Dies muss der Auftragnehmer allerdings später nachweisen.

4. Ergebnis

Notieren Sie sich als Auftragnehmer lieber die kürzere Frist des BGB-Werkvertrages und vertrauen Sie nicht blind darauf, dass die VOB/B und damit § 16 Abs. 3 VOB/B wirksam vereinbart wurde. Ist die VOB/B wirksam vereinbart, kann es sein, dass noch Werklohnansprüche aus 2011 abgenommenen (Bau-)Vorhaben geltend gemacht werden können - in den anderen Fällen ist nur für Werklohnforderungen aus in 2012 abgenommenen (Bau-)Vorhaben die verjährungsfreie Geltendmachung noch möglich.

Wir hoffen, dass der Beitrag kurzweilig und informativ war.

Ihr RFTH-Team aus Erfurt

Rechtanwalt und Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht Stefan Swierczyna


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