Wenn empfindliche Daten verschwinden - was bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen zu tun ist

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Geschäftsgeheimnisse, also z.B. Kundenlisten, Lieferantenkontakte, Preiskonditionen, Konstruktionszeichnungen, Fertigungsmethoden, Formeln, Rezepte, zählen zu den wichtigsten Vermögensgütern eines Unternehmens. Deshalb erstaunt es nicht, dass Fälle wegen der Verletzung von Know-how und anderen Geschäftsgeheimnissen von Unternehmen in der rechtlichen Praxis viel häufiger vorkommen als dies die Presseberichterstattung ahnen lässt. Gerade fertigende Betriebe und Unternehmen mit einem starken Vertrieb sind häufig Opfer von Datenklau. Die Täter kommen hierbei nur selten von außen. Viel häufiger sind es eigene Mitarbeiter, die die Daten – z.B. kurz vor dem Ausscheiden – „mitgehen“ lassen, um sie dann auf eigene Faust zu verwerten oder Konkurrenzunternehmen andienen zu können. Mit diesem Beitrag möchte ich einen kurzen Überblick über die verschiedenen rechtlichen Vorgehensweisen geben.

1. Überblick über die unterschiedlichen rechtlichen Vorgehensweisen

Die Entnahme oder Verwertung von Know-how stellt regelmäßig sowohl eine Straftat (§§ 17-19 UWG; § 204 StGB) als auch eine vertragswidrige bzw. deliktische Handlung dar. Regelmäßig werden in vergleichbaren Fällen parallel sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Schritte ergriffen. Die Notwendigkeit strafrechtlicher Maßnahmen ergibt sich hierbei häufig bereits daraus, dass nur mit flankierenden Strafermittlungsmaßnahmen die zur erfolgreichen zivilrechtlichen Verteidigung der Geheimnisse erforderlichen Tatsachen gewonnen werden können. Sofern dies nicht der Fall ist, bringen strafrechtliche Maßnahmen zumindest den Vorteil mit sich, dass durch sie Kenntnis vom Ausmaß der Rechtsverletzungen erlangt werden kann. Es ist grundsätzlich denkbar, dass die Maßnahmen sowohl gegen den Täter selbst als auch gegen das Unternehmen (bzw. dessen Verantwortliche) gerichtet werden, das die Daten erlangt.

2. Strafrechtliche Schritte

Da zivilrechtliche Maßnahmen häufig zu einer Vernichtung oder Verschiebung von Beweismitteln durch den Täter führen, werden die strafrechtlichen Maßnahmen häufig vorgelagert. Als erster Schritt wird dann eine Strafanzeige gefertigt, in der sinnvollerweise das beanspruchte Betriebsgeheimnis bzw. Geschäftsgeheimnis, dessen Bedeutung für das Unternehmen, die Tat und die für die Begehung der Tat zur Verfügung stehenden Beweise darzulegen sind. Weiter ist in der Strafanzeige ein Strafantrag zu stellen (§§ 17 Abs. 5, 18 Abs. 3, 19 Abs. 3 UWG; § 205 Abs. 1 StGB). In diesem Zusammenhang ist auf § 77b Abs. 1, Abs. 2 StGB zu verweisen, wonach die Stellung eines Strafantrags nicht mehr möglich ist, sofern die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens bereits seit mehr als drei Monaten Kenntnis von dem Delikt und vom Täter haben. Hieraus ergibt sich, dass bei der Erstattung der Strafanzeige Eile geboten ist, da regelmäßig nicht davon auszugehen ist, dass die Staatsanwaltschaft das ansonsten für die Strafverfolgung erforderliche öffentliche Interesse annehmen wird. 

Strafbare Know-how-Verletzungen stellen kein Kavaliersdelikt dar. Auf substantiierte Strafanzeigen hin führen die zuständigen Abteilungen für Wirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaften regelmäßig Durchsuchungen bei den mutmaßlichen Tätern durch, um Datenträger zu beschlagnahmen oder sich auf andere Weise Kenntnis über das Ausmaß der Rechtsverletzungen zu verschaffen. Eine häufige Sorge von betroffenen Unternehmen ist, dass unangemeldete Maßnahmen der Strafermittlung (z.B. Vernehmung von Kollegen) in ihren eigenen Geschäftsräumen durchgeführt werden; dies ist regelmäßig – insbesondere dann, wenn der Täter nicht mehr im Unternehmen tätig ist – nicht zu befürchten.

Bei der Entscheidung für oder wider eine Strafanzeige mag es eine Rolle spielen, dass die Straftatbestände der §§ 17-19 UWG Antragsdelikte sind, weshalb es für das betroffene Unternehmen möglich ist, die Ermittlungsmaßnahmen durch Rücknahme des Strafantrags zu beenden. Dies findet in der Praxis häufig im Rahmen einer Gesamtregelung mit dem Täter statt.

3. Zivilrechtliche Schritte

Werden die Daten durch einen (ehemaligen) Dienstleister, Arbeitnehmer oder leitenden Angestellten des Unternehmens entnommen, so stellt dies regelmäßig eine Vertragsverletzung dar; das betroffene Unternehmen kann dann den Täter auf vertraglicher Grundlage auf Unterlassung, Erteilung von Auskunft über den Umfang der Rechtsverletzung und Schadensersatz in Anspruch nehmen. Ansonsten bietet sich ein Vorgehen auf wettbewerbsrechtlicher oder deliktsrechtlicher Grundlage, nämlich auf Grundlage von §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 17-19 UWG; § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie von §§ 8 Abs. 1; 3 Abs. 1; 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 17-19 UWG, an. Rechtsfolge dieser Normen ist ein Anspruch auf Unterlassung, aber auch ein Anspruch auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz.

Besondere Bedeutung kommt dem Auskunftsanspruch zu, da dieser Einblick in den Umfang der Rechtsverletzung geben kann. Beim Schadensersatz hat es das geschädigte Unternehmen leichter als bei einem klassisch gelagerten Schadensersatzanspruch. Denn hier trägt die Rechtsprechung dem Problem, dass eine konkrete Schadensberechnung kaum möglich ist, dadurch Rechnung, dass sie die im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes geläufige „dreifache Schadensberechnung“ zulässt. Es ist dem geschädigten Unternehmen also wahlweise möglich, seinen konkreten Schaden nachzuweisen (wie dies üblicherweise erforderlich ist) oder aber vom Schädiger eine fiktive Lizenzgebühr oder eine Auszahlung des durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinns zu verlangen. Dies kann zu ganz erheblichen Schadensersatzforderungen führen.

Wird eine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen entdeckt, so ist ein rasches Handeln nötig, um eine Verwertung der Geheimnisse – z.B. in einem einstweilige Verfügungsverfahren – möglichst schnell zu unterbinden, aber auch um eine Vernichtung von Beweismitteln durch den Täter zu verhindern.



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