Wer darf nach spanischem Recht eine Eigentümerversammlung einberufen?

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Aus Artikel 16.1 des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de Propiedad Horizontal, abgekürzt: LPH) ergibt sich, dass sowohl der Präsident, wie auch eine Gruppe Eigentümer, auf welche mindestens 25 % der Beteiligungsquoten oder ein Viertel (¼) der Stimmen entfällt, berechtigt ist, eine Eigentümerversammlung einzuberufen.  

Oftmals entstehen Situationen, in denen einzelne Eigentümer eine Versammlung abhalten, oder bestimmte Tagesordnungspunkte abhandeln möchte, ohne dass sie der Präsident oder die Hausverwaltung hierbei unterstützt.

Dann stellt sich die Frage, ob diese Eigentümer die Versammlung auch eigenständig durchführen dürfen.

Auch wenn Artikel 16.1 LPH neben dem Präsidenten auch Eigentümer als berechtigte Veranstalter eine Versammlung beschreibt, gilt es zwischen den Begriffen Aufgabe, Pflicht und Berechtigung zu unterscheiden.

Es ist der Präsident der spanischen Eigentümerversammlung, welcher nach dem spanischen Wohnungseigentumsgesetz die Aufgabe und die Pflicht hat, die Eigentümerversammlungen einzuberufen. 

Er vertritt die Gemeinschaft und muss jährlich mindestens eine Versammlung einberufen. 

Zudem kann er so viele außerordentliche Versammlungen abhalten, wie er es für notwendig erachtet.

Allerdings können auch die Eigentümer eine Versammlung einberufen, wenn mindestens 25% der Beteiligungsquoten oder ein Viertel der Eigentümer dies verlangen. 

Die übrigen Eigentümer können also neben dem Präsidenten ebenfalls über eine Berechtigung verfügen, Versammlungen zu organisieren und abzuhalten. 

Dies gilt aber nur, wenn sich der Präsident weigert oder untätig bleibt. 

Die Eigentümer müssen den Präsidenten zunächst um Einberufung bitten. Erst bei Ablehnung oder Untätigkeit dürfen sie selbst einberufen.

Die Rechtsprechung sieht das Recht der Eigentümer zur Einberufung als nachrangig zum Recht des Präsidenten an. 

Die Weigerung oder Passivität des Präsidenten kann ausdrücklich, stillschweigend oder mutmaßlich sein. 

Die Eigentümer müssen dies beweisen können.

Wenn es tatsächlich soweit kommt, dass die Eigentümer eine Versammlung einberufen, gilt zu beachten, dass die Tagesordnung der besagten Versammlung mit derjenigen der ursprünglich beim Präsidenten beantragten Versammlung übereinstimmen sollte. Denn wenn die gesetzlich geforderte Anzahl Eigentümer (25 % der Beteiligungsquoten oder ein Viertel der Stimmen der Eigentümergemeinschaft) beim Präsidenten den Antrag stellt, so hat sie bereits eine Entscheidung über den Inhalt der Versammlung getroffen.

Bekommen diese Eigentümer keine Unterstützung vom Präsidenten und der Hausverwaltung, so können sie eigenständig tätig werden, müssen sich dann aber auch an ihre eigenen Anträge halten.

Andernfalls wäre nicht mehr nachprüfbar und nachvollziehbar, welcher Eigentümer genau, welche Anträge unterstützt oder fordert, und ob damit die Voraussetzungen, welche das Gesetz an diese Befugnis knüpft, gegeben sind. Aus der relativen Einigkeit der Eigentümer leitet sich aber gerade deren Berechtigung zur Einberufung ab. 


Was wenn der Präsident dem Antrag der Eigentümer nachkommt, und eine Versammlung einberuft, aber mit anderem Inhalt?


Die Pflicht des Präsidenten, den Anträgen einer ausreichenden Anzahl Eigentümer nachzukommen umfasst nicht nur die Abhaltung der Versammlung selbst, sondern insbesondere auch die Berücksichtigung der geforderten Tagesordnungspunkte. Zwar kann er mit größerer Flexibilität als die Antragsteller verfahren (denn auf ihn entfällt ohnehin die Pflicht und Aufgabe, die Versammlungen auch aus eigenem Antrieb zu veranlassen) allerdings kann der Präsident keine willkürlichen und sinnwidrigen Änderungen vornehmen. Der von den Eigentümern verfolgte Zweck der Versammlung darf nicht verwässert, und noch weniger unterlaufen werden.


Was müssen die Eigentümer bei der Einberufung der Versammlung beachten?


Unterlässt es der Präsident, und die Hausverwaltung, die übrigen Eigentümer zu unterstützen, obwohl diese den gesetzlich geforderten Rückhalt haben, dürfen sie selbst zur Abhaltung der Versammlung schreiten. 

Allerdings gelten die gleichen Formvorschriften und Formalitäten, wie bei einer durch den Präsidenten einberufenen Versammlung. 

Es müssen also insbesondere die Ladungsfristen eingehalten (mindestens sechs Tage bei ordentlichen Versammlungen, und eine ausreichende Vorlaufzeit bei außerordentlichen Versammlungen - so dass gewährleistet ist, dass alle Eigentümer von der Versammlung rechtzeitig genug erfahren), die Ladung mit den entsprechenden Angaben zum Ort der Versammlung, Zeitpunkt des ersten und zweiten Einberufungstermins und die zu behandelnden Tagesordnungspunkte genannt werden.

Ein weiteres Formerfordernis bereitet in diesem Zusammenhang besondere Schwierigkeiten: 

In der Ladung müssen auch die Eigentümer genant werden, welche aufgrund ihrer Schulderstellung gegenüber der Gemeinschaft an der Abgabe ihrer Stimme in der Versammlung gehindert wären.

Über diese Angaben wird regelmäßig nur die Hausverwaltung verfügen, was oftmals die Ausübung der Rechte der beantragenden Eigentümer behindert oder gänzlich unmöglich macht.

Deshalb sollte die an einer Einberufung interessierte Eigentümergruppe frühzeitig Kontakt zur Hausverwaltung aufnehmen und diese von der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit überzeugen.

Die Hausverwaltung ist nicht der Handlanger des Präsidenten, sondern ein Organ der Gemeinschaft, welches sich alleine am Recht und Wohl der Gemeinschaft zu orientieren hat.

Kann die Eigentümergruppe tatsächlich alle beschriebenen Hindernisse nehmen, gilt zu beachten, dass die geforderten 25 % Beteiligungsquote oder das Viertel der Stimmen, nicht nur bei Antragstellung, sondern kontinuierlich über die gesamte Planung und Abhaltung der Versammlung bestehen sollte, denn die Legitimation die Versammlung zu veranlassen, setzt voraus, dass diese Gruppe ununterbrochen für die Abhaltung der Versammlung steht. 


Was wenn der Präsident mit der Veranstaltung einer Versammlung einverstanden ist, dies aber zu einem anderen Zeitpunkt beabsichtigt?


Der Tribunal Supremo Spaniens hat vor über 20 Jahren bereits einen derartigen Fall entschieden. 

Dort kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Präsident von dem von den Eigentümern vorgeschlagenen Termin abweichen dürfe. 

Eine Versammlung, welche erst über sechs Monate nach Beantragung durch die Eigentümer abgehalten wurde, erfuhr dadurch die Einordnung ordnungsgemäß anberaumt worden zu sein.

Natürlich wird es bei der Bewertung entscheidend darauf ankommen, welche Motivation hinter dem Antrag der Eigentümer steckt, und inwieweit der Zeitraum bis zur Versammlung Einfluss auf den Beschlussgegenstand hat. 

Der Präsident einer spanischen Eigentümergemeinschaft kann im Ergebnis also die Tagesordnung anpassen, solange er das Wesen der erbetenen Beschlussgegenstände unangetastet lässt, und sich aus den Änderungen lediglich Ergänzungen nicht aber Hindernisse ergeben, und ist auch relativ flexibel, was den Termin der Versammlung angeht, solange sich hieraus kein Schaden ableitet oder Probleme entstehen. 

Kommt er den Wünschen der Eigentümer allerdings nicht nach, weil er bestimmte, wichtige Beschlussgegenstände streicht, oder Hindernisse schafft, oder ist der von ihm anvisierte Termin inakzeptabel, können die Eigentümer unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben, die Versammlung selbst organisieren, die Ladungen versenden und die eigentliche Versammlung abhalten.


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Foto(s): M. del Cuerpo


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