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Widerrufsrecht Werkvertrag/Bauvertrag - Update 2025

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Das Widerrufsrecht für Verbraucher ist endgültig im Handwerk angekommen und hat für die Beteiligten schwerwiegende Folgen. Das lange Zeit vernachlässigte Thema beschäftigt den Fachbereich Bau inzwischen fortwährend und diesbezügliche Sachverhalte kommen regelmäßig in den baurechtlichen Kanzleien an.

Grundlage:

Wird der Werkvertrag/Bauvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer als Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB) (z.B. ausschließlich per E-Mail) oder Vertrag außerhalb der Geschäftsräume (§ 312b BGB) (z.B. auf der Baustelle des Verbrauchers) geschlossen, steht dem Verbraucher ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu.

Der Unternehmer muss den Verbraucher in diesem Fall über das Widerrufsrecht in der gesetzlich vorgegebenen Form (§ 246a § 1 EGBGB) belehren, insbesondere auch hinsichtlich der Widerrufsfrist. Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage ab Vertragsschluss. Diese Frist fängt aber nur dann an zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher hierüber ordnungsgemäß belehrt hat.

Unterlässt der Unternehmer hingegen die Widerrufsbelehrung oder erfolgt diese zwar, ist aber nicht wirksam (z.B. wegen Fehlern, Unvollständigkeiten etc. in der Belehrung), verlängert sich die Widerrufsfrist auf 12 Monate und 14 Tage.

Rechtsfolge:

Widerruft der Verbraucher wirksam und fristgerecht– bspw. wegen unterbliebener Belehrung nach mehreren Monaten, obwohl der Unternehmer die Leistungen bereits erbracht hat (z.B. Wände gestrichen, Badezimmer saniert etc.) – sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Bei Bauleistungen ist dies aber sehr häufig nicht möglich, man denke etwa an eine bereits eingebaute und angeschlossene Toilette. Nach der ständigen Rechtsprechung steht dem Unternehmer in diesem Fall in der Regel kein Wertersatz zu.

Verkürzt gesagt:

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers kann regelmäßig dazu führen – und führt in der Praxis auch  häufig dazu, dass der Verbraucher nicht zahlen muss bzw. sein Geld zurückerhält, der Unternehmer die von ihm erbrachten Leistungen hingegen nicht zurückbekommen kann (z.B. bei Einbau eines wesentliches Bestandteils) und keinerlei Vergütung oder Wertersatz für seine Arbeiten erhält.

Rechtsprechungsbeispiele:

Das OLG München (Beschluss vom19.04.2021, Az: 28 U 2724/20 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH Beschluss vom 10.05.2023, Az: VII ZR 414/21) hat etwa entschieden, dass ein nicht belehrter Verbraucher den außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Vertrag widerrufen kann und keine Vergütung oder Wertersatz für das neu eingedeckte Dach zu zahlen ist.

Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 14.04.2023, Az: 8 U 17/23) hat entschieden, dass die Widerrufsrechte des Verbrauchers auch bei der Beauftragung von Nachträgen über zusätzliche Leistungen (hier vor Ort auf der Baustelle geschlossen) gilt.

Und der BGH hat in einer ganz aktuellen Entscheidung (BGH Urteil vom 20.02.2025, Az: VII ZR 133/24) nochmals deutlich gemacht, dass die Ausübung des Widerrufsrecht nur ganz ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers, z.B. bei arglistigem Verhalten des Verbrauches, ausgeschlossen sein kann. Der BGH hat im entschiedenen Fall den Rechtsmissbrauch daher auch verneint.

Fazit:

Das Widerrufsrecht hat am Bau schwerwiegende Folgen und kann zu Ergebnissen führen, die als extrem ungerecht wahrgenommen werden. Für Unternehmer, man denke gerade an den kleinen Handwerker, der über einen längeren Zeitraum ein Projekt abwickelt und auf die konkrete Vergütung wirtschaftlich angewiesen ist, kann die Folge existenzbedrohlich sein. Bei Verbrauchern (und dazu zählen in der Regel bspw. auch Wohnungseigentümergemeinschaften) ist die Kenntnis, nicht zuletzt nach anwaltlicher Beratung in Streitfällen, auch zwischenzeitlich angekommen.

Der Fernabsatzvertrag (z.B. Vertragsschluss ausschließlich per E-Mail) oder der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume (z.B. tagtäglich vor Ort auf der Baustelle/beim Verbraucher) sind viel häufiger gegeben, als dies Unternehmer/Handwerker üblich denken.



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