Wie bekomme ich ein Patent auf Software?
- 5 Minuten Lesezeit
Abstrakt
Während das Patentrecht an sich bereits kompliziert genug ist haben sich bezüglich der Patentierung von Software spezielle Vorgehensweisen und eine ganz eigene Rechtsprechung herausgebildet. Diese sind sehr spezifisch und teilweise nicht mit Leitsätzen aus anderen technischen Gebieten zu vergleichen. Auch werden rechtliche Fragen der Lizenzierung oftmals von Rechtsanwälten behandelt, während die konkrete Ausgestaltung eines Softwarepatents typischerweise durch einen technisch vorgebildeten Patentanwalt erfolgt.
In dem vorliegenden Rechtstipp erhalten Sie Erfahrungen aus erster Hand von einem gleichfalls promovierten Informatiker und Patentanwalt und erhalten lediglich einen Einstieg (!) in die rechtlichen Grundlagen der Patentierung von Software.
An der gesellschaftlichen Debatte ob Softwarepatente nun wünschenswert sind oder nicht beteiligt sich der Autor als zur Neutralität verpflichteter Patentanwalt nicht.
Motivation
Die Einordnung des Patentrechts gegenüber dem Urheberrecht und einer allgemeinen Geheimhaltung ist durch den Schutz der zu Grunde liegenden technischen Lehre gegeben. Das Urheberrecht schützt lediglich die Ausdrucksformen eines Computerprogramms, wobei Ideen, Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zu Grunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zu Grunde liegenden Ideen und Grundsätze, nicht geschützt sind (siehe Urheberrecht §69a (2)). Darüber hinaus besteht oftmals beim Urheberrecht die Frage der Beweisbarkeit der Autorenschaft, selbst für den Fall dass der Quelltext bei einem Notar oder Anwalt hinterlegt ist.
Eine Geheimhaltung von Softwareprogrammen ist oftmals nicht möglich, da diese durch ein Reverse-Engineering typischerweise offenbart werden. So kann beispielsweise die geschickte Eingabe von Datensätzen den Algorithmus durch Ausgabewerte offenbaren. Darüber hinaus kann gegebenenfalls eine Dekompilieren des Quelltextes erfolgen. Oftmals erkennt der Benutzer jedoch bereits intuitiv am Programmverhalten grundlegende Konzepte der Implementierung.
Schutz der einer Software zu Grunde liegenden technischen Lehre, also auch unabhängig von der Programmiersprache, bietet das Patentrecht.
Patentrechtliche Lage
Während Gesetzestexte und Abkommen weitestgehend harmonisiert sind, so hat sich doch eine besondere deutsche Spruchpraxis herausgebildet. Die Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt DPMA sowie dem europäischen Patentamt EPA unterscheiden sich ganz wesentlich. Während generell das deutsche Patent- und Markenamt bei der Erteilung von computerimplementierten Erfindungen zurückhaltend ist, haben sich beim europäischen Patentamt EPA transparentere Regeln herausgebildet, die einem erfahrenen Patentanwalt auch hier vorab ermöglichen eine Erteilungswahrscheinlichkeit zu optimieren. So bestimmt bereits der Inhalt einer Erfindungsmeldung die zu Grunde liegende Anmeldestrategie, welche typischerweise eine Erstanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt oder beim europäischen Patentamt vorsehen kann. Dies ist bereits Teil einer allgemeinen Anmeldestrategie, welche selbstverständlich auch von dem verfügbaren Kostenrahmen des Anmelders abhängt.
Generell werden Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu und erfinderisch sowie gewerblich anwendbar sind. Darüber hinaus besteht ein Patentierungsverbot von Programmen für Datenverarbeitungsanlagen bzw. die Wiedergabe von Informationen als solche. Dieser strikt anmutende Leitsatz wurde gemäß allgemeiner Patentpraxis und gerichtlicher Klarstellung dahingehend konkretisiert, dass ein Computerprogramm beispielsweise dann dem Patentschutz zugänglich ist, falls es ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln löst.
Voraussetzung für die Patentierung von Software ist also zuerst einmal die geforderte Technizität. Diese ist regelmäßig im Kontext einer Datenverarbeitungsanlage gegeben. Die Neuheit und erfinderische Tätigkeit beurteilt sich am aufgefundenen Stand der Technik, also von Veröffentlichungen. Die erfinderische Tätigkeit verlangt gegenüber der Neuheit einen technischen Vorteil. Somit sind neuheitsbegründende Merkmale dahingehend aufzuteilen, ob diese technischer Natur sind oder nicht. Diese Vorgehensweise entspricht im Wesentlichen der Vorgehensweise des europäischen Patentamts, während das deutsche Patent- und Markenamt in der Praxis oftmals scheinbar eine Gesamtschau anwendet. Ergibt sich vor der Prüfungsabteilung des europäischen Patent- und Markenamts, dass die Unterscheidungsmerkmale einen technischen Beitrag leisten, so werden diese eben auch bei der Frage der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt.
Die Frage wie die Patentanmeldung konkret abzufassen ist, ist seitens des Erfinders und des Patentanwalts bereits im Erstgespräch abzuklären. Hierbei bedarf es der Expertise des Patentanwalts genau die technischen Details abzufragen, welche zur Patentierung notwendig sind. Ist der Erfinder bereit seine Erfindung im Rahmen der technischen Infrastruktur, beispielsweise einer Client-Server-Architektur, zu beschreiben, so ist die zu Grunde liegende Idee typischerweise dem Patentschutz zugänglich. Ein weiteres Beispiel ist eine neuartige Adressierung von Datenverarbeitungsanlagen. Entsprechende technische Merkmale müssen gezielt und systematisch vom Erfinder abgefragt werden.
Quellcode offenlegen?
Ein weit verbreiteter Irrglaube ist es, dass der Erfinder den Quellcode seiner Software offen legen muss. Dies muss allein deshalb falsch sein, da eine Implementierung der zu Grunde liegenden Idee zur Patentierung gar nicht vorliegen muss. Generell ist das Patent unabhängig von dem erstellten Produkt und insofern kann beispielsweise im Rahmen einer Auftragsforschung nur die Idee als solche patentiert werden. Ein Quellcode ist garantiert nicht offen zu legen. Ein Quellcode muss überhaupt nicht erst erstellt werden.
Vielmehr sollten Sie Ihre Idee bereits vor der Erstellung der prototypischen Implementierung patentieren, da sonst beispielsweise auch durch Geschäftspartner oder Investoren eine Veröffentlichung bzw. eine Selbstverwertung droht. Hierzu sollten mindestens Geheimhaltungsvereinbarungen unterschrieben werden. Bevorzugt sollte jedoch bereits vor Gesprächen mit Investoren und Implementierungspartnern die Patentanmeldung eingereicht sein, damit sich der Erfinder auch entsprechende Geheimhaltungsvereinbarungen sparen kann.
Relevanz von Open-Source
Ein weiterer viel zitierter Mythos ist die rechtlich freie Verfügbarkeit von Open-Source Implementierungen. Wird der Quellcode öffentlich zugänglich gemacht, so sagt dies nichts über die rechtliche Verwertbarkeit aus. Generell ist das Patent ein Verbietungsrecht, unabhängig davon, ob nun der Quellcode offen gelegt ist oder nicht.
Dies hat vielfach für Kritik gesorgt.
Ein Patent erhält der Anmelder nur dann, falls die zu Grunde liegende technische Lehre, also die Idee, nicht veröffentlicht ist. Nach der Anmeldung kann der Quelltext öffentlich zugänglich gemacht werden. Dass der Programmierer bzw. der Erfinder hier seine Entlohnung rechtlich durchsetzen kann, scheint auch gesellschaftlich legitim. Zudem muss ein Patent nicht durchgesetzt werden. Vielmehr bilden sich verstärkt Open-Source Allianzen, mit dem Ziel entsprechende Nutzungsrechte einzuräumen.
Zum Verfasser
Der Autor ist diplomierter und promovierter Informatiker mit Zulassung zum deutschen Patentanwalt und europäischen Patentvertreter mit Kanzleisitz in München. Schutz auf Software kann hier deutschlandweit, europaweit oder international beantragt werden.
Zudem ist der Verfasser Sprecher des Arbeitskreises „Patente“ der Gesellschaft für Informatik GI. Dies ist die größte Interessenvertretung der Informatiker im deutschsprachigen Bereich mit ca. 22.000 Mitgliedern.
Weitere Information:
Artikel teilen: