Wie hoch ist die Strafe für Bestellung von Drogen im Internet? Anwalt bei Hausdurchsuchung, Vorladung, Anklage

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Die meisten von uns dürften sich hauptsächlich im sogenannten Clear Web bewegen, um ihren Online-Aktivitäten nachzukommen. Weil im Darknet aber eine deutlich höhere Anonymität herrscht, wird dieses häufig für illegale Tätigkeiten benutzt. Noch vor Waffen oder sonstigen Waren und Dienstleistungen, ist die Nummer 1 der Straftaten im Darknet der Handel mit Betäubungsmitteln. Aber auch das Clear Web bietet entsprechende Möglichkeiten. So war die Plattform „shiny flakes“ (Grundlage der Netflix Serie: "how to sell drugs online fast") nicht nur über das Darknet, sondern auch über das Clear Web erreichbar.
Deshalb sind nicht nur deutsche Ermittlungsbehörden, sondern auch andere, zum Beispiel das FBI oder die DEA, stets bemüht, illegale Geschäfte im Darknet zu unterbinden. Die Märkte für Drogen haben deswegen oftmals keine hohe Lebenserwartung, sie erneuern sich aber stets. 


Welche Strafe habe ich bei Drogenbestellungen im Internet zu erwarten?

Auf diese Frage erhalten Sie die Lieblingsantwort eines Juristen: „Es kommt darauf an“.  
Welche Strafen im Drogenstrafrecht konkret verhängt werden, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, beispielsweise der Menge der Betäubungsmittel, welches Betäubungsmittel (Kokain zieht z.B. in der Regel härtere Strafen nach sich als Cannabis) und welche strafbare Handlung vorliegt („bloßer“ Besitz oder Handeltreiben). Ein Beschuldigter kann also mit verschiedenen Drogen und verschiedenen Mengen durchaus dieselbe Straftat begehen. Welche konkrete Strafe (sogenanntes Strafmaß) aber am Ende dabei rauskommt, ist dann von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig.   

Bei Drogenbestellung im Internet steht v.a. der Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Drogen im Raum.
Der Grundtatbestand zum Handeltreiben mit Drogen im Betäubungsmittelgesetz ist § 29 Abs. 1 BtMG (Betäubungsmittelgesetz). Dieser sieht eine Strafe von Geldstrafe, bis hin zu 5 Jahren Freiheitsstrafe vor. Aber schon nach Abs. 3 der Vorschrift, ist eine Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren denkbar. Dies betrifft den Fall des gewerblichen Handels. Die Schwelle zum gewerblichen Handel ist oft schneller überschritten, als man dies selbst subjektiv empfindet.


Wie droht das Auffliegen einer Drogenbestellung im Internet?

Da der Drogenversand nicht im anonymen Web, sondern in der analogen Welt stattfindet, können Adressen (vor allem die der Empfänger) oft über die Postzustellung ausgemacht werden. Dies betrifft insbesondere den Fall einer Zollkontrolle, durch die der Inhalt des Päckchens entdeckt wird. Eine weitere Möglichkeit der Entdeckung erfolgt über die Bestelllisten eines hochgenommenen sogenannten „Marktplatzes“. Im letzteren Fall konzentrieren sich die Ermittlungsbehörden aber eher auf die Betreiber der Plattform als auf den einzelnen User. Die Bestellung des Users kann dann unter Umständen aber schon lange zurück liegen. Dies kann ein Ansatzpunkt für die Strafverteidigung sein.


Wann darf bei der Post ein Paket geöffnet werden?

Seit 2021 bestimmt § 39 Abs. 4a PostG, als Ausnahme vom Postgeheimnis nach Art. 10 GG, dass sich Postdienstleister unter bestimmten Umständen Kenntnis vom Inhalt des Pakets verschaffen dürfen. Der bloße Verdacht aufgrund eines Drogengeruchs reicht dazu aber grundsätzlich nicht aus. Wird dies trotzdem getan, kann dies im Einzelfall zu einem sogenannten Beweisverwertungsverbot führen. Das bedeutet, dass das abgefangene Paket im Strafverfahren nicht als Beweismittel verwendet werden darf. Der Bereich der Beweisverbote ist aber komplex und von der Rechtsprechung geprägt. Es ist stets eine genaue Argumentation am Einzelfall notwendig. Sie sollten in einem solchen Fall daher unbedingt einen Rechtsanwalt für Strafrecht zu Rate ziehen.

Gemäß § 99 Abs. 2 StPO können Ermittler von Postdienstleistern Auskünfte über Postsendungen verlangen, die im Zusammenhang mit dem Beschuldigten stehen. Dies umfasst vor allem Namen und Anschriften aller beteiligter Personen. 

Auch hier gilt: Schweigen Sie! Oft ist in solchen Situationen der Tatnachweis schwierig, dass der Empfänger das Paket selbst bestellt hat. Käufer geben nämlich und hin wieder Empfangsadressen von anderen Personen an. Kontaktieren Sie frühzeitig einen Anwalt für Strafrecht. 

So verneinte beispielsweise das Amtsgericht Köln eine Verurteilung in einem Fall, da es keine Anhaltspunkte für eine strafbare Drogenbestellung gab außer dem Umstand, dass auf der Sendung Name und Adresse des Angeschuldigten als Empfänger angegeben waren (AG Köln, Beschluss v. 19.12.2016  – 583 Ds 437/16).


Wann macht man sich wegen Drogenbestellung im Internet strafbar?

Drogenbestellung im Internet kann vor allem als Einfuhr bzw. Ausfuhr von Drogen, als Drogenhandel und ggf. als strafbarer Drogenbesitz strafbar sein.

Einfuhr bzw. Ausfuhr von Drogen ist das Verbringen von Drogen aus dem Ausland nach Deutschland bzw. das Verbringen von Deutschland ins Ausland. Verbringen meint das Verschaffen der Betäubungsmittel über Außengrenzen durch jedes erdenkliche menschliche Einwirken (z.B. durch Versand). Durch die Drogenbestellung kann hier unter Umständen vor allem die Strafbarkeit wegen Anstiftung zur Einfuhr von Drogen im Raum stehen (soweit man Drogen aus dem Ausland nach Deutschland bestellt).
Unter Drogenhandel wird der Kauf und der Verkauf von Drogen verstanden. Handel treibt derjenige, der eigennützig und mit dem Ziel Umsatz zu machen tätig wird. Wichtig ist, es ist egal ob der Täter die Drogen tatsächlich absetzen konnte. Ein „erfolgreicher“ Handel ist also nicht Voraussetzung dafür, um wegen Drogenhandel bestraft zu werden. Auch der, der nur einmal tätig wird oder nur eine vermittelnde Rolle innehat, kann sich des Handeltreibens schuldig machen. 

Strafbarer Besitz an den Betäubungsmitteln hat derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft innehat und wer ein entsprechendes Besitzbewusstsein und einen Besitzwillen hat. Der Wille bezieht sich darauf, sich die ungehinderte Einwirkungsmöglichkeit hinsichtlich der Drogen einzuräumen.


Welche Rolle spielt die Menge an Betäubungsmitteln für die Strafe wegen Drogenbestellung im Netz?

Beachtlich ist zunächst, dass es für die Erfüllung des Tatbestandes keine Rolle spielt, um welche Art von Droge es sich handelt (solange sie überhaupt unter das Betäubungsmittelgesetz fällt). Für das spätere Strafmaß im Falle einer Verurteilung, ist dies aber ein relevanter Faktor. Außerdem wichtig, es kommt auf die Wirkstoffmenge an und nicht auf das Gesamtgewicht. Unterschieden wird dann in drei verschiedenen Kategorien.

  • Geringe Menge
  • Nicht ausdrücklich genannte / normale Menge
  • Nicht geringe Menge


1) Geringe Menge (oft auch „Eigenbedarf“)

Die Grenzwerte für die geringe Menge sind in den Bundesländern unterschiedlich festgelegt und werden auch unterschiedlich hart verfolgt (in Bayern z.B. oftmals härter als in Berlin). Im Schnitt entspricht die geringe Menge max. 3 Konsumeinheiten (1 Konsumeinheit = 1 Rauschzustand bei Gelegenheitskonsument). Entgegen landläufiger Meinung ist dies nicht straflos, aber die Ermittlungsbehörden können von der Verfolgung gegebenenfalls absehen (§§ 29 Abs. 5, 31a BtMG)

2) „Normale“ Menge

Die normale Menge ist im Gesetz nicht geregelt. Sie ist zwischen den zwei anderen Mengen anzusiedeln. Sie entspricht der durchschnittlichen Verbrauchsmenge und erfüllt den Tatbestand des § 29 BtMG.

3) Nicht geringe Menge (§§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 1, 30a Abs. 1 und 2 BtMG)

Der Bundesgerichtshof hat für jedes Betäubungsmittel eigene Grenzwerte aufgestellt: 

  • Cannabisprodukte - 7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC) (dies entspricht bei durchschnittlichem Wirkstoffgehalt ca. 75 g Marihuana oder 50 g Haschisch),
  • Heroin - 1,5 g Heroinhydrochlorid (dies entspricht aufgrund der besonderen Gefährlichkeit und des erhöhten Abhängigkeitspotentials schon weniger als 1,5 g Heroinbase),
  • Kokain - 5 g Kokainhydrochlorid (dies entspricht ca. 11,5 g Kokain),
  • Amphetamin - 10 g Amphetaminbase (dies entspricht ca. 42 g Amphetamin),
  • Methamphetamin - 5 g Methamphetaminbase (dies entspricht ca. 9,5 g Mathamphetamin),
  • Ecstasy (MDA, MDMA, MDE, MDEA) - 30 g Base.


Führt eine Darknet-Bestellung von BtM zu einem Eintrag ins Führungszeugnis?

Wenn Sie mit mehr als 90 Tagessätzen Geldstrafe bestraft werden, dann ja. Dies umfasst auch eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe. Dies kann für bestimmte Berufsgruppen gravierende Folgen haben. Gerade für Beamte kann bei einer solchen Verurteilung der Job auf dem Spiel stehen.


Kann ich meinen Führerschein verlieren wegen Drogenbestellung im Internet?

Die Fahrerlaubnisbehörde wird gemäß Nr. 45 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen im Falle von Betäubungsmittelverfahren standardmäßig informiert. Bei harten Drogen kann schon der einmalige Konsum dazu führen, dass der Führerschein entzogen wird § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG. Die Fahrerlaubnisbehörde kann zu dem Schluss kommen, dass der Konsument ungeeignet zum Führen für Kraftfahrzeuge ist, § 11 FeV in Verbindung mit der Anlage 4 FeV. Bei weichen Drogen (Cannabis) und nur gelegentlichen Konsum, kann die Behörde dies tolerieren. Dies aber nur, wenn der Konsum und die Teilnahme am Straßenverkehr in getrennter Weise erfolgen. Sollten Sie bereits, beispielsweise mit einer MPU, vorbelastet sein, kann dies für die Behörde ebenfalls ein Anlass zum Einschreiten sein.


Wie verhalte ich mich bei einer Vorladung oder einer Hausdurchsuchung, wenn ich Drogen im Internet bestellt habe?

Vorladung wegen Drogenbestellung im Internet

Zu einer Vorladung der Polizei müssen Sie als Beschuldigter grundsätzlich nicht erscheinen. Das Nichterscheinen bedeutet keinen Nachteil für Sie. Zum Zeitpunkt der Vorladung wissen Sie noch zu wenig über den Stand der Ermittlungen. Angaben zu machen kann deshalb gefährlich sein. Schweigen Sie stattdessen und kontaktieren Sie einen spezialisierten Strafverteidiger. Dieser wird Akteneinsicht beantragen und mit Ihnen das weitere Vorgehen besprechen.


Hausdurchsuchung wegen Drogenbestellung im Internet

Auch hier empfiehlt es sich, Ruhe zu bewahren, zu schweigen (gerade bei mehreren Mitbewohnern!) und Kontakt zum Verteidiger aufzunehmen. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen und legen Sie Wert auf Durchsuchungszeugen.

Sie müssen die Durchsuchung dulden, aber nicht aktiv bei der Suche helfen. Geben Sie also nichts freiwillig heraus. Achten Sie darauf, dass beschlagnahmte Dinge protokolliert werden. Geben Sie keine Passwörter heraus.

Im Zusammenhang mit Drogendelikten wird grundsätzlich angeraten, sich umgehend mit einem Strafverteidiger in Verbindung zu setzen. Die konkrete Rechtslage hängt von vielen Faktoren ab. Kleinigkeiten können den Unterschied machen zwischen einer Verurteilung nach einer Hauptverhandlung und einer Einstellung noch während des Ermittlungsverfahrens. Außerdem drohen unter Umständen noch Konsequenzen außerhalb des Strafrechts.

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