Wie verhalte ich mich bei einer Vorladung oder Anklage wegen Gefährdung des Straßenverkehrs?

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Die Gefährdung des Straßenverkehrs ist ein Straftatbestand, der in § 315c des Strafgesetzbuches (StGB) normiert ist und ein Verhalten unter Strafe stellt, bei dem der Täter ein Fahrzeug im Straßenverkehr auf eine besonders unsichere oder grob verkehrswidrige und rücksichtslose Art führt und dadurch einen anderen Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Eine Verurteilung wegen dieses Delikts führt zumeist zur Entziehung der Fahrerlaubnis und zum Eintrag von Punkten im Verkehrszentralregister. Es ist daher besonders ratsam, einen Rechtsanwalt für Strafrecht einzuschalten.

Wenn Sie eine Vorladung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs erhalten, sollten Sie dieser nicht folgen. Sie haben als Beschuldigter ein Schweigerecht, von dem Sie unbedingt Gebrauch machen sollten. Eine unüberlegte Aussage vor der Polizei kann Ihnen den Weg zu einem Freispruch abschneiden, sei sie auch noch so gut von Ihnen gemeint gewesen.

Der Tatbestand ist in zwei Begehungsweisen aufgeteilt. In der ersten besteht die Gefährdungshandlung in einem „Führen eines Fahrzeuges trotz Fahruntüchtigkeit“ und in der zweiten in der Verwirklichung einer oder mehrerer der „sieben Todsünden im Straßenverkehr“.

Führen eines Fahrzeugs trotz Fahruntüchtigkeit (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB)

Für die erste Begehungsweise muss der Täter zunächst einmal ein Fahrzeug führen, also in Bewegung setzen und halten. Dies muss er tun, obwohl er nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, mithin fahruntüchtig ist.

Die Fahruntüchtigkeit kann sich als Folge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder als Folge geistiger oder körperlicher Mängel darstellen. Die Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Fahrzeugführer nicht fähig ist, eine längere Strecke so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs – auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen – so gewachsen ist, wie es von einem durchschnittlichen Fahrzeugführer zu erwarten ist.

Grundsätzlich ist ein „Rausch“ anzunehmen, wenn durch den Konsum einer Substanz eine physiologisch wirksame, vorübergehende Beeinflussung der Gehirntätigkeit im Sinne einer subjektiv wahrnehmbaren Veränderung der Entstehung, Wahrnehmung, des Empfindens oder Verarbeitens von Reizen hervorgerufen wird. Neben Alkohol kommen als berauschende Mittel vor allem auch Cannabis, Benzodiazepine und Heroin in Betracht.

Die Fahruntüchtigkeit kann absolut (bei Erreichen bestimmter, auf Erfahrungswissen beruhender und für jedermann geltender Grenzwerte) oder relativ (bei Eintritt einer gewissen berauschenden Wirkung, die deutlich unter den Grenzwerten liegt, und dem Hinzutreten von rauschmitteltypischen Ausfallerscheinungen) auftreten.

Absolute Fahruntüchtigkeit liegt für den Führer eines Kraftfahrzeuges ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 ‰ vor. Ab diesem Grenzwert wird die Fahruntüchtigkeit für jeden Verkehrsteilnehmer im Prozess unwiderleglich vermutet. Ein Gegenbeweis, wie etwa der, man vertrage besonders viel, werden nicht zugelassen. Der Grenzwert nicht nur für Führer von Autos, sondern auch von Krafträdern und Mofas sowie Segways. Für Radfahrer gelten jedoch Werte zwischen 1,7 ‰ und 1,5 ‰.

Auch eine relative Fahruntüchtigkeit wird anerkannt, wenn zu einer geringeren Alkoholisierung oder einem nachgewiesenen sonstigen Rauschmittelkonsum noch rauschmittelbedingte Ausfallerscheinungen in Gestalt von Fahrfehlern hinzutreten. Die Untergrenze einer relativen Fahruntüchtigkeit aufgrund von Alkoholgenusses liegt bei 0,3-0,5 ‰.

Die Fahruntüchtigkeit infolge geistiger oder körperlicher Mängel kann vorliegen bei Amputationen, Schwerhörigkeit oder nicht kompensierter Fehlsichtigkeit.

Gefährdungshandlung der „sieben Todsünden des Straßenverkehrs“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB)

Alternativ kommt als Gefährdungshandlung die grob verkehrswidrige und rücksichtslose Verwirklichung von in § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB enumerativ aufgezählten, besonders schwerwiegenden Straßenverkehrsverstößen in Betracht.

Als „sieben Todsünden des Straßenverkehrs“ gelten:

  1. Nichtbeachten der Vorfahrt
  2. Falsches Überholen oder sonst bei Überholvorgängen Falschfahren
  3. Falsches Fahren an Fußgängerüberwegen
  4. Zu schnelles Fahren an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen
  5. Nichteinhalten der rechten Seite der Fahrbahn an unübersichtlichen Stellen
  6. Wenden, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fahren oder dies versuchen auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen
  7. Nicht kenntlich machen haltender oder liegengebliebener Fahrzeuge auf ausreichende Entfernung, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist

Zu der Verwirklichung einer der „sieben Todsünden“ muss ein „grob verkehrswidriges“ und „rücksichtsloses“ Verhalten des Fahrers hinzukommen. Dabei ist als Strafverteidiger zu hinterfragen, ob der Fahrer Gründe für sein Verhalten hatte.

Konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine Sache von bedeutendem Wert

Durch die genannten Tathandlungen müssen Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Eine konkrete Gefährdung liegt kurz gefasst vor, wenn das Ausbleiben des Schadens nur noch von bloßen Zufälligkeiten abhängt, es also umgangssprachlich ausgedrückt „gerade noch einmal gut gegangen“ ist („Beinaheunfall“).

Da es sich bei der Sache von bedeutendem Wert um eine „fremde“ handeln muss, kommt das eigene Fahrzeug des Fahrzeugführers nicht in Betracht. Ansonsten liegt der Wert einer fremden Sache von bedeutendem Wert bei ca. 1300 Euro.

Nach der Vorladung den Strafverteidiger einschalten

Haben Sie nun eine Vorladung oder bereits eine Anklage wegen Gefährdung des Straßenverkehrs erhalten, sollten Sie aufgrund der empfindlichen Folgen, die eine Verurteilung in der Regel nach sich zieht, wie Entziehung der Fahrerlaubnis und Eintrag von Punkten im Verkehrszentralregister, dringend einen Strafverteidiger zu Rate ziehen.

Die Gefährdung des Straßenverkehrs wird zudem mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. In schweren Fällen kann Ihnen also sogar eine Haftstrafe drohen.

Gerne können Sie kurzfristig einen Termin in unserer Kanzlei an einem unserer Berliner Standorte machen. Als bundesweit tätiger Anwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen gerne in Ihrem Verfahren wegen Gefährdung des Straßenverkehrs zur Seite und entwickle Ihre persönliche Verteidigungsstrategie.


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