Wirksame Ersatzzustellung in Mehrfamilien- bzw. -parteienhaus

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Eine wirksame Ersatzzustellung gemäß § 180 Satz 1 ZPO in einem zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist, kann auch dann vorliegen, wenn der nur einem überschaubaren Personenkreis zugängliche Briefschlitz in einem Mehrfamilienhaus nicht in ein geschlossenes Behältnis führt, sondern auf den Boden des Hausflurs, sofern der Adressat seine Post typischerweise auf diesem Weg erhält und eine eindeutige Zuordnung der Einwurföffnung zum Empfänger möglich ist.


Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte geltend gemacht, dass ein gegen ihn ergangener Vollstreckungsbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden war, weil er die als Anschrift angegebene Geschäftsadresse aufgegeben und seinen Sitz an einen neuen Standort verlegt hatte. Aufgrund dessen seien bereits die Schilder an Hauseingangstür und Briefeinwurf vor der Ersatzzustellung abmontiert worden.


Nach Auffassung des BGH im Urteil vom 16.06.2011 – III ZR 342/09 – genügt zunächst der bloße Rechtsschein, der Empfänger unterhalte unter der jeweiligen Anschrift eine Wohnung oder Geschäftsräume, im Interesse der in besonderem Maße erforderlichen Rechtssicherheit der Zustellungsvorschriften für eine ordnungsgemäße Zustellung nicht. Indes sei es dem Empfänger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben versagt, sich auf die Unwirksamkeit einer derartigen Zustellung zu berufen, wenn er einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat. Dies war vorliegend nicht der Fall, nachdem offenbar lediglich unabsichtlich versäumt worden war, das Namensschild an den Briefeinwurf in der Haustür rechtzeitig zu entfernen. Hat der Adressat die Nutzung der Räume aufgegeben, ist eine Zustellung an ihn dort nicht mehr möglich. Der hierfür erforderliche, nach außen erkennbare Ausdruck des Aufgabewillens muss indes für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein. Dies erfordert nicht die Beseitigung aller Merkmale, die den Anschein erwecken könnten, der Adressat habe die Räume auch noch weiterhin inne. Hierfür genügt allein die Existenz eines Namensschildes nicht, weil die Erkennbarkeit für den konkreten Zusteller unmaßgeblich ist. Bedeutsam sind insofern etwa die registerliche Anmeldung und der Inhalt der Zustellungsurkunde. Dass etwa ein gemeinsamer Briefschlitz von mehreren Parteien gemeinschaftlich genutzt wird, hinderte die Wirksamkeit der Zustellung vorliegend nicht, da es sich jedenfalls um eine „ähnliche Vorrichtung“ im Sinne des § 180 Satz 1 ZPO handelte, die eine eindeutige Zuordnung zum Adressaten ermöglichte. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Adressat seine Post typischerweise auf diesem Weg erhält und eine eindeutige Zuordnung zum Empfänger möglich ist.  


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