Wohnungszuweisung im Familienrecht - Trennung & Scheidung

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Der Begriff der Wohnungszuweisung wird von vielen nur damit verbunden, dass Wohnraum an Menschen zugewiesen wird, die diesen dringend brauchen. So können, vereinfacht zusammengefasst, durch Einweisung in vorhandene und leerstehende Wohnungen die Gefahren der Obdachlosigkeit abgewendet werden.

Allerdings kommt die Wohnungszuweisung auch im familienrechtlichen Kontext zum Tragen. Immer wenn sich ein Paar trennt und unklar ist, wer in der Ehewohnung verbleiben darf, ist hierauf Augenmerk zu legen.

Begriff der Ehewohnung

Zunächst muss man über den Begriff der Ehewohnung sprechen, der großzügig auszulegen ist. Alle zu Wohnzwecken geeigneten Räumlichkeiten, welche die Ehegatten zum gemeinsamen Wohnen genutzt haben oder die dazu bestimmt waren, sind erfasst und können dementsprechend zugewiesen werden.

Dies gilt unabhängig vom zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Das bedeutet, es ist egal, ob die Wohnung gemietet oder gekauft ist. Auch wer von beiden Ehegatten im Mietvertrag steht, ist für die Zuweisung nicht entscheidend.

Zur Ehewohnung gehören auch Nebenaspekte, wie Keller, Speicher oder Garten, die auch mit zugewiesen werden.

Gewaltschutz

Nach § 2 GewSchG (Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen - Gewaltschutzgesetz) so kann die gemeinsam genutzte Wohnung einer verletzten Person, die Opfer von Gewalt geworden ist, zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden.

Dies setzt Taten nach §1 GewSchG voraus, mithin also Verletzungen von Körper, Gesundheit, Freiheit oder sexueller Selbstbestimmung.

Im Kontext des Gewaltschutzes kann eine gemeinsam genutzte Wohnung also aus Gründen des Opferschutzes der verletzten Person zugewiesen werden. Dies wird in der Regel mit einem Kontaktverbot verbunden.

Diese Zuweisung orientiert sich an den Verfahrensvorschriften des FamFG, ist aber nicht im ursprünglichen Sinne eine familienrechtliche Thematik. Die Wohnungszuweisung aufgrund GewSchG kann auch bei unverheirateten Paaren und Personen allgemein erfolgen, die einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen.

Dies ist der Regelung des § 1361b II BGB vergleichbar.

Getrenntleben

Während des Getrenntlebens bestimmt sich die Wohnungsnutzung nach § 1361b BGB. Der Begriff des Getrenntlebens muss dabei genauer betrachtet werden, ist er doch ausschlaggebend. Dies erfolgt allerdings nicht im Umfang dieses Beitrags. Häufig genug besteht auch kein Zweifel daran, dass ein Paar sich getrennt hat.

Die Norm dient einer vorläufigen Regelung und Zuweisung. Deswegen ist beispielsweise die Umgestaltung des Mietverhältnisses nicht möglich. Diese Norm ist nur auf Eheleute anwendbar und nicht, auch nicht analog, auf andere nichteheliche Konstellationen des Zusammenlebens.

Die Wohnung wird einem der Ehegatten zugeordnet, wenn dadurch unbillige Härten vermieden werden. Insbesondere Gewaltfälle und das Wohl von minderjährigen Kindern sind hier besonders zu berücksichtigen. Bloße Unannehmlichkeiten, wie trennungsbedingter Streit, reichen alleine aber nicht aus.

Da gerade das Kindeswohl bei sonst kaum unterscheidbarer Situation Ausschlag gibt, wird die Wohnung dann regelmäßig dem Elternteil zugewiesen, welcher Kinder betreut, wenn das Zusammenwohnen dem Kindeswohl widerspricht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Kinder durch ständig präsenten Streit, verbale Entgleisungen und ein gestörtes familiäres Umfeld belastet werden.

Ob es überwiegende Schuld an der Trennung gibt, ist für die Entscheidung nicht zu beachten. Es entspricht dem Grundsatz im deutschen Familienrecht, dass nicht nach Verantwortlichkeit des Scheiterns einer Ehe geforscht wird.

Die Eigentumsverhältnisse sind zu berücksichtigen, stellen aber nur ein Kriterium dar. Wenn beispielsweise das Kindeswohl es anders gebietet, kann die Ehewohnung dem einen Ehegatten (dann mit Kindern) zugewiesen werden, obwohl diese im Alleineigentum des anderen (ausgesperrten) Ehegatten steht.

Durchgesetzt wird die Wohnungszuweisung auch durch weitere begleitende Anordnungen nach § 1361b III BGB. Demnach kann die Verpflichtung gerichtlich ausgesprochen werden, dass beispielsweise die Wohnung zu räumen ist, Schlüssel herauszugeben sind oder ein räumlicher Abstand zu wahren ist.

Der ausziehende Ehegatte ist aber nicht ohne Rechte. Im Rahmen einer Ermessensabwägung kann es dazu kommen, dass ihm eine Nutzungsvergütung gezahlt werden muss, § 1361b III 2 BGB. Dies insbesondere, wenn sein (Mit-) Eigentumsanteil genutzt wird.

Scheidung

An die vorübergehende Regelung des § 1361b BGB schließt sich die endgültige Klärung der Lage. Für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung ist für die ehemalige Ehewohnung ein genauso abschließender Status zu schaffen, was sich nach § 1568a BGB richtet.

Es besteht ein Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung, insbesondere, wenn ein Ehegatte unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder in stärkerem Maße auf die Wohnung angewiesen ist.

Daraus kann man direkt und unschwer ersehen, dass erneut das Kindeswohl als maßgebliches Kriterium heranzuziehen ist. Wollen beide Ehegatten nach der Scheidung in der Wohnung bleiben, wird ein Streit in der Regel dem kindebetreuenden Ehegatten die Wohnung zuweisen. Dies damit die Kinder keine Umgewöhnung brauchen, die Schule nicht wechseln müssen, die Freunde nicht verlieren etc..

Ist der ausziehende Ehegatte Miteigentümer oder gar alleiniger Eigentümer, ist für die abweichende Zuweisung notwendig, dass ansonsten eine unbillige Härte vermieden wird, § 1568a II BGB.

Ein zugrundeliegender Mietvertrag kann durch das Gericht umgestaltet werden. War der ausziehende Ehegatte alleiniger Mieter, kann der verbleibende Ehegatten in den Vertrag eingesetzt werden, § 1568a III BGB.

Sonstiges

Mieten die Eheleute eine Wohnung und es will keiner in der Wohnung bleiben, muss gekündigt werden. Diese Kündigung muss von beiden Mietern erklärt werden. Im schlimmsten Fall ist wegen der Zustimmung zur Kündigung gegen den anderen Ehegatten rechtlich vorzugehen.

Zieht ein mietender Ehegatte freiwillig aus, kann (und muss) die Zustimmung zur Änderung des Mietvertrages verlangt werden. Ohne rechtskräftigen Beschluss der Wohnungszuweisung kann das Gericht den Mietvertrag nicht selbst gestaltend verändern.

Verlässt ein Ehegatte, der Miteigentümer ist die Wohnung, besteht dessen Eigentum natürlich fort. Er hat Anspruch auf Nutzungsentschädigung aus der Bruchteilsgemeinschaft § 745 BGB, was aber als sonstige Familienstreitsache nach § 266 I Nr. 3 FamFG zu behandeln ist.

Abschließend

Sowohl Trennung als auch Scheidung werfen zahlreiche Fragestellungen auf. Gerade zu Beginn sind natürlich emotionalere Themen im Vordergrund, vor allem das Wohl der Kinder, bisweilen leider manchmal auch die Gesundheit.

Diese Themen können aber auch mit der Frage verknüpft sein, wer aus der gemeinsamen Wohnung weichen muss.

Und selbst wenn nicht, stellt sich mit etwas Abstand die Frage nach dem Schicksal der Immobilie. Eine Eigentumswohnung oder ein Haus stellt in der Regel die größte Einzelinvestition im Leben dar und daher ist das weitere rechtliche Schicksal hier überaus wichtig.

Aber auch wenn die die Ehewohnung gemietet war, muss rechtlich nachjustiert werden. Die Mieter des Mietvertrages müssen angepasst werden. Der verbleibende Ehegatte will Rechte alleine ausüben können, der Ausziehende will aus der Verantwortung und Haftung sein.

Sollten hier Fragen oder Probleme auftreten, so ist die Inanspruchnahme professioneller Beratung notwendig, um die eigenen Rechte zu kennen und geltend zu machen.



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