Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen bei drohender Insolvenz | Was ist zu beachten?

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So vermeiden Arbeitgeber in der Insolvenzreife eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB

Unternehmen stehen in der Krise oft vor der Frage, ob sie die Sozialversicherungsbeiträge ihrer Mitarbeiter oder andere Verbindlichkeiten priorisieren sollen. Die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ist in § 28e Abs. 1 SGB IV gesetzlich vorgeschrieben, und ein Verstoß kann nach § 266a Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden. Andererseits müssen Unternehmen im Insolvenzverfahren die Gläubiger gleich behandeln und die Insolvenzmasse sichern. Dies stellt den betroffenen Arbeitgeber vor ein Dilemma, da er sich einerseits strafbar und andererseits schadensersatzpflichtig macht.


Sozialversicherungsbeiträge oder Massesicherung – Welche Zahlungspflicht geht vor?

Unternehmen stehen in der Krise oft vor der Frage, ob sie die Sozialversicherungsbeiträge ihrer Mitarbeiter oder andere Verbindlichkeiten priorisieren sollen. Die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ist in § 28e Abs. 1 SGB IV gesetzlich vorgeschrieben, und ein Verstoß kann nach § 266a Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden. Andererseits müssen Unternehmen im Insolvenzverfahren die Gläubiger gleich behandeln und die Insolvenzmasse sichern. Dies stellt den betroffenen Arbeitgeber vor ein Dilemma, da er sich einerseits strafbar und andererseits schadensersatzpflichtig macht.


Bisherige Rechtsprechung und Einführung des § 15b InsO

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Insolvenz eine verantwortungsvolle Handlung eines sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsführers ist. Dies bedeutet, dass nach § 64 I Abs. 2 GmbHG a.F. keine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz besteht. Nach dieser Rechtsprechung hat die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge bis zum Ende der Insolvenzantragsfrist, die entweder drei oder sechs Wochen beträgt, Vorrang vor der Massesicherung. Ein Geschäftsführer, der diese Beiträge abführt, soll daher nicht wegen Verletzung der Masseverbindlichkeit haftbar gemacht werden.


Neue Rechtslage: Keine Regelung hinsichtlich der Sozialversicherungsbeitragspflicht?

Die Haftungsregelungen für Geschäftsführer wurden durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz vereinheitlicht. Zuvor waren die Massesicherungspflichten für verschiedene Rechtsformen in verschiedenen Gesetzen geregelt. Der § 15b Abs. 8 InsO regelt ausdrücklich nur die Haftung in Bezug auf steuerrechtliche Zahlungspflichten zwischen Antragstellung und Verfahrenseröffnung. Wenn der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt wird, haftet der Geschäftsführer gegenüber dem Finanzamt nicht persönlich, wenn er seine Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht mehr erfüllen kann. Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung kann er sich jedoch nicht mehr auf eine Haftungsprivilegierung berufen und muss vorrangig seiner Massesicherungspflicht nachkommen.

Es gibt keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Pflichtenkollision im Zusammenhang mit der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im aktuellen Gesetz. Es war zunächst unklar, ob die Regelung im Gesetzgebungsverfahren versehentlich weggelassen wurde oder ob dies eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers war. Eine analoge Anwendung von § 15b InsO auf die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen scheint jedoch die naheliegendste Lösung zu sein, da sie zum Zeitpunkt der Insolvenzreife die gleiche Problematik aufwirft. Dadurch würde bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung und Nichtzahlung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung auch die persönliche Haftung gegenüber der Krankenkasse aufgrund der nicht gezahlten Krankenversicherungsbeiträge entfallen. Die Massesicherung hätte folglich nach neuer Rechtslage Vorrang gegenüber der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen.


Welche Optionen haben Arbeitgeber in der Insolvenzreife zur Hand?

Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung mit der unklaren Rechtslage bezüglich der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in der insolvenzrechtlichen Krise umgehen wird. In der Zwischenzeit stellt sich die Frage, wie Arbeitgeber hiermit umgehen sollten. Bei Insolvenzreife ist es entscheidend, den Insolvenzantrag rechtzeitig zu stellen, um eine Haftung zu vermeiden. Es empfiehlt sich zudem, im Falle von Zahlungen hinsichtlich der Krankenversicherung, den Verwendungszweck entsprechend zu kennzeichnen und im Zweifel einen Anwalt zu Rate zu ziehen.


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Quellen

Neuordnung der Geschäftsführerhaftung im Insolvenzfall - Derra, Meyer & Partner Rechtsanwälte PartGmbB

Geschäftsführer haftet bei verspäteter Insolvenzantragsstellung (insolvenzberatung.pro)

GmbH-Geschäftsführer: Pflichten und Haftung in der Insolvenz / 1.3.2 Sozialversicherungsbeiträge | Haufe Finance Office Premium | Finance | Haufe

Haftung für nicht gezahlte Beiträge zur Sozialversicherung › BAUER | DÄLKEN | DR. DÄLKEN (bauerundkollegen.com)

Vorenthaltung & Veruntreuung Arbeitsentgelt - Dr. U. Lehmann (anwalt-strafrecht-steuerstreit-berlin.de)

Veruntreuung von Arbeitsentgelten in der Krise – drohende Insolvenz (anwalt.de)

PStR-10-2005.indd (klier-ott.de)

Vorrang der Abführung von Sozialversicherungsbeiträge gem� (brennecke-rechtsanwaelte.de)

Aktuelle Gesetzgebungsverfahren | Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts


Originalartikel

https://rechtsanwaltkaufmann.de/arbeitsrecht/arbeitgeber-sozialversicherungsbeitraege-insolvenzverfahren

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