Zwischenzeugnis - was ist zu beachten?

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§ 109 der Gewerbeordnung begründet keinen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses. In den tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes ist ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis teilweise geregelt, wenn ein triftiger Grund vorliegt.

Welchen Erteilungsgrund kann ich vorweisen?

Auch ohne Anwendbarkeit solcher tariflicher Regelungen wird aber ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis aus allgemeinen arbeitsvertraglichen Nebenpflichten bei Vorliegen triftiger Gründe angenommen.

Als triftig ist ein Grund anzuerkennen, wenn dieser bei verständiger Betrachtungsweise den Wunsch des Arbeitnehmers als berechtigt erscheinen lässt, weil das Zwischenzeugnis geeignet ist, den mit ihm angestrebten Erfolg zu fördern. (Bundesarbeitsgericht (BAG) v. 21.01.1993 - abgedruckt in: Arbeitsrechtliche Praxis Nr. 1 zu § 61 BAT.)

Ein solcher Erteilungsgrund ist anerkannt bei

  • längeren Unterbrechungen oder bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses, z. B. aufgrund von Elternzeit
  • Versetzung
  • Vorgesetztenwechsel
  • Bewerbung um eine neue Stelle
  • Vorlage bei Behörden und Gerichten
  • Vorlage zur Stellung eines Kreditantrages
  • strukturellen Änderungen innerhalb des Betriebsgefüges
  • bevorstehender persönlicher Veränderung des Arbeitnehmers; Elternzeit

(siehe Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Gewerbeordnung § 109 Rn. 50)

Der Beschäftigte, der ein Zwischenzeugnis benötigt, sollte also zunächst nach anwendbaren tariflichen Vorschriften suchen, die einen Anspruch beinhalten könnten. Oder er hat einen der oben genannten triftigen Gründe und kann diesen gegenüber dem Arbeitgeber vorweisen.

Was muss in das Zwischenzeugnis hinein?

Wie beim Endzeugnis muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zunächst einmal mitteilen, dass sich das Zeugnis „auf Leistung und Verhalten“ (so heißt es in § 109 Gewerbeordnung) beziehen soll, dass ihm also auch eine Beurteilung dafür zu entnehmen sein soll, wie sich der Arbeitnehmer bezüglich seiner Tätigkeit und im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Dritten gehalten hat.

Hat der Arbeitgeber einmal ein Zwischenzeugnis erteilt, ist der grundsätzlich auch inhaltlich gebunden an dessen Feststellungen. Ein Zwischenzeugnis gilt eben für den Beurteilungszeitraum, für den es nach seiner Beschreibung erstellt sein soll.

Was ist, wenn das Endzeugnis vom Zwischenzeugnis abweicht?

Abweichungen vom Inhalt des Zwischenzeugnisses können allerdings dann vorkommen, wenn der Arbeitgeber meint, in einem sich anschließenden Beurteilungszeitraum, etwa von dem Datum der Zwischenzeugniserstellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, habe sich Leistung und Verhalten wesentlich verschlechtert oder verbessert.

Dem anwaltlichen Berater begegnet diese Situation zuweilen, wenn Vorgesetzte gewechselt haben und der Arbeitgeber nun versucht, das Anstellungsverhältnis zu beenden – etwa wegen der unspezifischen Haltung, man habe sich „auseinandergelebt“, die Atmosphäre sei „belastet“, „das Vertrauen“ sei „dahin“ etc. Dann finden sich oft Formulierungen im Endzeugnis, die sich im Zwischenzeugnis noch ganz anders lasen.

Dazu sagt das Bundesarbeitsgericht, dass der Arbeitgeber vom Zwischenzeugnis abweichen könne, wenn die späteren Leistungen und das spätere Verhalten des Arbeitnehmers dies rechtfertigten.

(Bundesarbeitsgericht (BAG) v. 16.10.2007, abgedruckt in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) Jahrgang 2008, S. 298)

Die Schwierigkeit besteht dann darin, dem Arbeitgeber noch ein „vernünftiges“ Endzeugnis abzuringen, obwohl der Arbeitgeber felsenfest davon überzeugt ist, dass es in den letzten Monaten steil „bergab“ gegangen sei mit Leistung und Verhalten. Hier ist ggf. die Einschaltung anwaltlicher Hilfe geboten. Allerdings sollte der Ratsuchende mit dem Anwalt auch abklären, welche Vorgehensweise am besten ist. Zuweilen führt das allzu selbstbewusste Vorpreschen des anwaltlichen Beraters nicht zum Ziel, wohingegen vielleicht ein vernünftiges Gespräch des betroffenen Arbeitnehmers mit dem Zeugnisersteller, in der Regel also dem Fachvorgesetzten, bereits einen Sinneswandel beim Arbeitgeber herbeigeführt hätte.

Beim Betriebsübergang ist der Erwerber an ein Zwischenzeugnis übrigens ebenso gebunden wie der Veräußerer es gewesen wäre, wenn das Arbeitsverhältnis nicht auf den Erwerber übergegangen wäre.

(Bundesarbeitsgericht (BAG) v. 16.10.2007, abgedruckt in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) Jahrgang 2008, S. 298)

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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