72 Euro sind als Stundensatz für einen Zahntechniker angemessen

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Private Krankenversicherung

Häufiges Streitthema in der PKV ist der Umfang der Erstattung durch den Versicherer bei Leistungen, deren Vergütung nicht eindeutig in einer amtlichen Gebührenordnung, etwa der GOÄ, geregelt ist. Neben Heilmittelkosten sind es vor allem zahntechnische Leistungen, bei denen die Versicherer immer wieder Kürzungen zulasten der Versicherungsnehmer durchzusetzen versuchen.

Zahnlabor und Zahnersatz

Zum Standard der zahnärztlichen Versorgung und des Zahnersatzes gehören heute Implantate und Kronen. Nachdem der Zahnarzt entsprechende Voruntersuchungen durchgeführt und Abdrücke genommen hat, wird anhand dieser meist durch ein externes Zahnlabor und einen Zahntechniker der Zahnersatz angefertigt und sodann an den Zahnarzt übersandt.

Kürzungen durch den Versicherer

Die Versicherer sind vermehrt dazu übergegangen, die Rechnungen der Zahntechniker zu beanstanden. Bemängelt wird die Höhe der berechneten Leistungen, häufig der Stundensätze. Diese sollen angeblich unangemessen hoch sein. Eine nähere Begründung, wieso das so ist, erfolgt meistens nicht oder nur durch einen pauschalen Verweis auf eigene Untersuchungen. Die Kritik überzeugt in der Regel nicht, da die Preise – gerade in Ballungsräumen – absolut marktüblich sind und keine unangemessen hohen Stundensätze bezahlt werden sollen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es nur darum geht, die Höhe der Erstattungsleistungen zu drücken.

Was können Versicherte tun?

Versicherungsnehmer in der privaten Krankenversicherung, auch Beihilfeberechtigte, sollten derartige Kürzungen keinesfalls einfach hinnehmen. Zunächst einmal sollte überprüft werden, ob der eigene Vertrag genauere Regelungen hierzu enthält. In den Versicherungs- und Tarifbedingungen sind manchmal tatsächlich Höchstgrenzen vereinbart worden. Ist dies der Fall, gelten diese auch. Vorsicht: Die Höchstsätze müssen bei Vertragsschluss schon vereinbart gewesen sein. Werden diese erst nachträglich und einseitig durch den Versicherer vorgegeben, haben sie keine Gültigkeit. Wenn es einer solchen (wirksamen) vertraglichen Begrenzung fehlt, kommt es nach § 192 VVG darauf an, ob die berechneten Preise in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Wenn nicht, muss der Versicherer diese auch komplett erstatten. Für die Angemessenheit und Ortsüblichkeit der Kosten spricht zunächst, dass diese so in Rechnung gestellt wurden. Eine Unangemessenheit muss der Versicherer beweisen.

Stundensätze von über 70,00 Euro sind nicht unangemessen

Wie jüngst vom Amtsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 24.02.2016 – 30 C 4030/14) in einem Verfahren gegen die HUK Coburg Krankenversicherung AG entschieden, ist ein Stundensatz von 72,00 € für ein zahntechnisches Labor nicht unangemessen. Das galt umso mehr, als die Behandlung im Rhein-Main-Gebiet, einem Ballungsraum mit hohen Lebenshaltungskosten, durchgeführt wurde. Der Kläger, der durch Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht Dr. Alexander T. Schäfer vertreten wurde, hatte sich erfolgreich gegen eine Kürzung durch die Versicherung gewehrt. Nachdem ein im Auftrag des Gerichts eingeholtes Sachverständigengutachten bestätigt hatte, dass die Kosten angemessen waren, erkannte der Versicherer die Klage an. Durch das Anerkenntnisurteil vermied es die HUK Coburg, dass ein Urteil mit entsprechender Begründung erging.


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