Absenkung der Beitragsgarantie in der bAV

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1. Marktführer Allianz verabschiedet sich von der 100 % Beitragsgarantie ab 2021

Jüngst berichtete das Handelsblatt über den Abschied des Branchenprimus von der 100 % Beitragsgarantie. Guido Bader, als Vorsitzender der deutschen Aktuarvereinigung, rechnet damit, dass die Policen mit jährlicher Garantie insgesamt bald zum Nischenprodukt werden.
Als Dammbruch bezeichnet die Süddeutsche Zeitung diese Ankündigung. Bei der erst vor 7 Jahren eingeführten Police Perspektive der Allianz, bei der es keine feste Verzinsung gab, sinkt das Garantieniveau auf 90 %, bei anderen Produkten werden Garantien auf 90 % bis 60 % gesenkt.
Bei der bAV soll es weiter 100 % geben. Hier gibt es allerdings auch bereits Vorschläge mit 80 %. Wie den aktuellen Meldungen allerdings zu entnehmen ist, senkt man in der Praxis auch in der bAV auf weiter Front die Garantien unter den Beitragserhalt ab.
Die Frage aktuell wird allerdings sein, welcher Verlauf der Werte zeigt sich, bis zum Schluss dann wieder 100 % vorhanden sind. 100 % wird nur der erhalten, der tatsächlich dabei bleibt bis zum Schluss. In der heutigen Arbeitswelt ist dies eher die Ausnahme. Strafen für die, die vorzeitig aussteigen, müssen quasi einkalkuliert werden, um zu retten, was noch möglich ist.
Auch die Portabilität tröstet hier nur wenig. Portabilität führt dazu, dass im Übertragungszeitpunkt die fehlenden Gelder nicht deutlich und bewusst registriert werden oder auffallen und schlicht weg das vorhandene Volumen auf den neuen Arbeitgeber übertragen wird, ohne dass der neue Versicherer hier Kosten für die Einrichtung belasten darf und der Arbeitnehmer nicht merkt, was fehlt.


2. Folgen dieses Schritts der Branche

Branchenkenner sehen dies erst als einen "Anfang" oder eben als Dammbruch, wie von der Süddeutschen Zeitung bezeichnet.
Kleinere Versicherer werden den Branchenführern folgen. Diese Maßnahmen zeigen auch sehr deutlich, welche Probleme Versicherer derzeit haben, die Garantien einzuhalten.
Diese Garantien sind jedoch die Grundlage der Zusage des Arbeitgebers, für die dieser auch haftet und entsprechend § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG als Arbeitgeber letztlich einzustehen hat.
Bei Pensionskassen zeigt sich sehr deutlich, dass hier bei einigen bereits die garantierten Leistungen gekürzt wurden. Sei es die Neue Leben Pensionskasse oder die Kölner Pensionskasse und die Caritas Pensionskasse (siehe mein diesbezüglicher Rechtstipp https://www.anwalt.de/rechtstipps/koelner-pensionskasse-caritas-pensionskasse-geschaeft-mit-fragwuerdigen-und-unserioesen-empfehlungen_184521.html). Eine Pensionskasse ist im Ergebnis nichts anderes als eine kleine Versicherungsgesellschaft, die die Probleme nicht exklusiv hat, sondern möglicherweise nur etwas früher.
Die Haftung der Arbeitgeber wird hier auf ein neues Niveau gehoben. Mehr und mehr Unternehmer machen sich Gedanken um diese Haftung. Wer § 314 VAG genau liest, versteht, dass Garantie bei einer Versicherungsgesellschaft eben nicht gleich absolute Garantie ist.

In § 314 VAG heißt es wörtlich:
"(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses dauerhaft nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, innerhalb bestimmter Fristen eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten von Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungsabrechnungssystemen, Wertpapierliefersystemen und Wertpapierabrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten sind entsprechend anzuwenden.
(2) Unter der Voraussetzung nach Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen, insbesondere, wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer Gruppe als in einer anderen Gruppe begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt; ist dies nicht möglich, werden die Versicherungssummen unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt."

Wer § 314 VAG googeln möchte, soll auch einmal § 89 VAG in die Suchmaschine eingeben. So hieß die quasi inhaltsgleiche Vorgängervorschrift.
Gerade der letzte Satz in Abs. 2 zeigt sich sehr deutlich bei Beispielen wie der Kölner Pensionskasse bzw. der Caritas Pensionskasse (siehe hierzu meinen entsprechenden Rechtstipp zur Kölner Pensionskasse und zur Caritas Pensionskasse).

Wer im Betriebsrentengesetz § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG liest merkt, dass der Arbeitgeber diese Schlupflöcher nicht hat und keine Möglichkeit, seine Zusage zu reduzieren. Die 3 Stufen Theorie des BAG sieht entsprechend große eigene wirtschaftliche Schwierigkeiten des Arbeitgebers vor und erlaubt je nach Situation einen stärkeren Eingriff in die Zusagen und Versorgungsversprechen. Der sogenannte Verschaffungsanspruch ist eindeutig und verschuldensunabhängig. Ein Arbeitgeber kann sich nicht dadurch herausreden, dass sein Partner, egal ob Pensionskasse oder Direktversicherung, die Leistungen kürzt oder von der BaFin, dem Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dazu aufgefordert wird.

In § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG heißt es wörtlich:
"Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt."
Ausnahmwn werden dort nicht gemacht, eine Zusage ist eine Zusage und grundsätzlich einzuhalten.
Das Arbeitsrecht ist also deutlich restriktiver und verbindlicher als das Versicherungsrecht des VAG.


3. Folgen für die bAV

Unternehmer werden sich wieder mehr auf die internen Durchführungswege, wie die Direktzusage oder auch die pauschaldotierten Unterstützungskasse, besinnen. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile der Innenfinanzierung außer Acht gelassen, klar kalkulierbare Kapitalzusagen reduzieren die Haftung für die bAV auf die Stufe eines Bankdarlehens. Dieses muss bei Fälligkeit zurückgezahlt werden incl. der vereinbarten Verzinsung. Genauso ist es bei einer beitragsorientierten bAV in einem Innenfinanzierungsweg. Verzichtet man auf Rentenzusagen, erreicht man nicht nur das, was die meisten Mitarbeiter wünschen – festes einmaliges Kapital – man hat auch die gleiche Kalkulierbarkeit wie bei einem Bankdarlehen. Monatlicher Beitrag, unabhängig ob arbeitgeberfinanziert oder arbeitnehmerfinanziert, zuzüglich dem vom Arbeitgeber gewählten und zugesagten Zins, zu einem festen Termin, dem Erreichen des 67. Lebensjahres, unabhängig, ob der Mitarbeiter ausscheidet oder nicht (siehe hierzu auch meine Rechtstipps https://www.anwalt.de/rechtstipps/problemloesung-durch-bav-arbeitnehmersparbuch-mitarbeitersparbuch-sinnvoll-auch-in-corona-zeiten_184238.html oder https://www.anwalt.de/rechtstipps/vorteil-von-deferred-compensation-bzw-aufgeschobener-verguetung-fuer-arbeitnehmer-arbeitgeber_184827.html).


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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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