Äußerungsrecht: Böhmermann-Entscheidung durch das OLG Hamburg bestätigt

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Es bleibt Jan Böhmermann untersagt, bestimmte Passagen seines Schmähgedichts über den türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan zu äußern. So entschied das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 15.05.2018 (Az.: 7 U 34/17) über die von Böhmermann und Erdoğan eingelegte Berufung. Insofern wurde das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10.07.2017 bestätigt, worin das Gedicht in Teilen für unzulässig erklärt wurde. 

Sowohl Böhmermann als auch Erdoğan, der das Gedicht im Ganzen verbieten lassen wollte, scheiterten mit ihren Anträgen.

In der Fernsehsendung „Neo Magazin Royale“ präsentierte der TV-Moderator und Satiriker Jan Böhmermann am 31.03.2016 sein Satiregedicht „Schmähkritik“ und erlangte dadurch eine weltweite Aufmerksamkeit. Denn, um den Unterschied zwischen erlaubter Satire und unzulässiger Schmähkritik darzustellen, äußerte er öffentlich den türkischen Staatspräsidenten betreffende Inhalte, beschimpfte diesen und warf ihm unter anderem Sex mit Tieren vor. 

Laut der Pressemitteilung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15.05.2018 beinhalten die jeweiligen Passagen des Gedichts „schwere Herabsetzungen mit Bezügen zum Intimen und Sexuellen, für die es in der Person oder dem Verhalten des Klägers keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte gibt“. 

Das Gericht entschied, dass diese Passagen im Vergleich zu den weiteren Inhalten allein darauf abzielen, Erdoğans Würde anzugreifen. Es könne darin keine zulässige Kritik gesehen werden, so dass die aufgestellten Äußerungen nicht hingenommen werden bräuchten.

Diese Entscheidung beruht insbesondere auf der Abwägung der gegenüberstehenden Interessen, nämlich dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Staatspräsidenten und der Meinungs- bzw. Kunstfreiheit des Satirikers. 

Im Rahmen dieser Interessenabwägung wird die grundsätzlich von der Meinungsfreiheit umfasste Satire ersichtlich beachtet. So heißt es:

 „Die Äußerung von Kritik in einer pointierten, polemischen und überspitzten Weise ist umso stärker geschützt, je deutlicher die satirische Einkleidung einen Bezug zum Gegenstand der Kritik aufweist oder die kritisierte Person selbst Veranlassung für die Einkleidung gegeben hat.“ 

Allerdings geht aus der Pressemitteilung ebenso hervor, dass nach der Auffassung der entscheidenden Richter das allgemeine Persönlichkeitsrecht umso mehr zu schützen ist, „je weiter die satirische Einkleidung von dem Gegenstand der Kritik entfernt ist und sich auf die bloße Herabsetzung der Person des Kritisierten fokussiert“.

Das Satire-Gedicht sei vorliegend in einem Gesamtkontext der Sendung zu betrachten und zu beurteilen. So wird hervorgehoben, dass es sich in der Sendung gerade nicht beispielsweise um eine Veranschaulichung der Unterschiede zwischen zulässiger und unzulässiger in einer universitären Vorlesung ginge. Es sei Böhmermann vielmehr darum gegangen, die Person vorzuführen, indem mehrere Beschimpfungen erfolgen, die jeweils für sich diffamierend sind.

Es heißt: „Jede dieser Meinungsäußerungen kann isoliert mit einem Verbot belegt werden, wenn sie im jeweiligen Gesamtkontext unzulässig ist. Weder die Sendung insgesamt noch das Gedicht bildet ein einheitliches, untrennbares Werk, dessen Zulässigkeit nur insgesamt beurteilt werden könnte.“

Demnach wurden die Äußerungen für sich betrachtet und es wurde insbesondere überprüft, ob ein sachlicher Gehalt mit Bezug zu der Kritik am Kläger erkennbar ist, was für die Richter im Ergebnis jedoch zu verneinen war. Da keinerlei Anknüpfungspunkte für die geäußerten Inhalte ersichtlich gewesen seien, wurde das Überwiegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des türkischen Staatspräsidenten angenommen.

Dieses Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts ist bisher nicht rechtskräftig, da die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof besteht. Böhmermann kündigte durch seinen Rechtsanwalt an, den Rechtsstreit bis zur Rechtsmittelerschöpfung fortzuführen, da insbesondere der Umgang der Gerichte des ersten und zweiten Rechtszuges mit der Überprüfung der einzelnen Passagen seiner Auffassung entgegenlaufen, dass eine Gesamtbetrachtung zwingend notwendig sei. So dürfe dieser Auffassung nach eine Überprüfung der einzelnen Äußerungen gerade nicht Inhalt der Entscheidung sein. Vielmehr sei allein auf den Gesamtkontext abzustellen.

Böhmermann will erreichen, dass der Unterlassungsanspruch gegen ihn vollständig ausgeräumt wird. Es bleibt insofern mit Spannung abzuwarten, ob die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg haben wird. 


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