Aktuelle Rechtsprechung zum Baurecht!

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Aus realen Fällen lernen!



Der 1. Fall ist ein Fall aus der Baupraxis. Es kommt immer wieder vor, dass in einem Terminplan oder im Verhandlungsprotokoll nur Ca.-Angaben gemacht werden. Dann ergibt sich die Frage, ob durch diese Ca.-Termine Vertragsfristen verbindlich vereinbart sind. Das verneint das OLG Hamm in einem Beschluss vom 07.09.2021 zurecht. Dies ist ständige Rechtsprechung und wird zum Glück für die Auftragnehmer (= AN) immer wieder durch die Auftraggeber (= AG) falsch gemacht. Eine verbindliche Fertigstellungsfrist ist nur vereinbart, wenn es sich um eine nach dem Kalender bestimmbare Frist handelt. Hierzu reichen Ca.-Angaben nicht aus. In diesem Fall war es so, dass dies im Verhandlungsprotokoll gestanden hat. Im weiteren Verlauf hat dann der AG Terminpläne mit kalendermäßig bestimmten Fristen übersandt. Mit dieser Frage, ob die Terminpläne mit den bestimmten Fristen, die erst nach Vertragsschluss versandt wurden, verbindliche Vertragsfristen darstellen, hat sich das OLG ebenfalls befasst. Dies wird in der Baupraxis oft so durch den AG praktiziert, indem man bei Vertragsschluss nur Ca.-Angaben macht und nach Vertragsschluss dann verbindliche Fertigstellungstermine benennt. Hierzu muss man als Handwerker und Bauunternehmer wissen, dass der AG nach Vertragsschluss kein einseitiges Recht zur Fristbestimmung hat. Das meinen jedoch viele Handwerker bzw. Bauunternehmen. Vielmehr darf der Handwerker und Bauunternehmer auf solche einseitig gesetzten Fristen nicht schweigen. Denn in dem Fall wäre bei Übersendung neuer Fertigstellungstermine durch den AG rechtlich ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben anzunehmen. Der Handwerker bzw. Bauunternehmer muss nunmehr handeln und diesen Fertigstellungsfristen nach Vertragsschluss auf jeden Fall widersprechen. Es bietet sich an, nicht nur einfach einen Widerspruch gegen diese Termine zu erheben, sondern als Handwerker bzw. Bauunternehmer selbst Termine vorzuschlagen, die jedoch nur Ca.-Angaben enthalten sollten. Denn wenn man als Handwerker bzw. Bauunternehmer hingeht und kalendermäßige Fertigstellungsfristen selbst benennt, so gerät man durch Überschreitung dieser selbst gesetzten Termine sofort in Verzug. Das muss jedem Auftragnehmer klar sein. Deshalb sollte sich der Handwerker bzw. Bauunternehmer nie selbst die Schlinge um den Hals legen, sondern immer den durch den AG nach Vertragsschluss einseitig gesetzten Fertigstellungtermin widersprechen und dann seinerseits mit Ca.-Angaben zur Fertigstellung antworten. Hier war es so, dass alle Fristen abgelaufen waren und die Arbeiten fünf Monate gedauert haben. Der AN hat Restwerklohn geltend gemacht. Dagegen hat der AG die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen einer zweimonatigen Verspätung der Fertigstellung erklärt. Das OLG Hamm billigte dem AN seinen Restwerklohnanspruch zu und verneinte den Schadensersatzanspruch des AG. 


Der 2. Fall ist ein praxisrelevanter Fall, der die Frage aufwirft, ob der fehlende Eintrag in die Handwerksrolle ein Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz darstellt. Hier geht es um § 1 Abs. 2 Nr. 5 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG), der zur Nichtigkeit eines Vertrages gemäß § 134 BGB wegen fehlender Eintragung in die Handwerksrolle führt. Es muss für jedermann klar sein, dass ein Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz immer die Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB zur Folge hat. Die Fülle der Gerichtsurteile bezieht sich überwiegend auf die Verletzung von Steuerpflichten der beiden Parteien. Hier werden meistens Umsatzsteuer als auch Einkommensteuer hinterzogen. Hier ging es um den Fall, dass ein Bauherr einen Fliesenleger beauftragte, die beiden Bäder seines Hauses im Erd- und Obergeschoss zu sanieren. Auftragsvolumen immerhin 40.000,00 €. Nach der Sanierung des Bades im Erdgeschoss kommt es zwischen den Parteien zum Streit. Der Bauherr kündigt den Vertrag und bezieht sich darauf, dass dieser nichtig gemäß 134 BGB ist, weil der Unternehmer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unstreitig nicht in der Handwerksrolle eingetragen gewesen ist. Dies hat der Bauherr aber erst zum Zeitpunkt der Kündigung herausgefunden. Da der Bauherr nicht zahlt, verlangt der Fliesenleger eine Sicherheit gemäß § 650f BGB, die der Bauherr jedoch mit Hinsicht auf das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verweigert. Das OLG Frankfurt führt mit Beschluss vom 06.03.2023 aus, dass hier kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 5 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz vorliegt, weil der Vertragspartner von der fehlenden Eintragung in die Handwerksrolle bei Vertragsschluss keine Kenntnis hatte. Die Vorschrift setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass der Auftraggeber auch Kenntnis davon gehabt haben muss und diesen Gesetzesverstoß ausgenutzt hat. Nur ein kleiner Tipp am Rande: Der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz wird von Amts wegen berücksichtigt. Der Berufung einer Partei hierauf im Prozess bedarf es nicht. Das OLG Düsseldorf nimmt bei Bargeldzahlungen ohne Quittungen an, dass es sich um eine Schwarzgeldabrede handelt. Deshalb kann vor Gericht die Angelegenheit nach hinten losgehen, wenn man vor Gericht weder einen Vertrag noch eine Zahlung auf dem Konto bei Abschlagszahlungen nachweisen kann und nunmehr versucht, seinen Restwerklohn einzuklagen. 


Der 3. Fall behandelt das Widerrufsrecht des Verbrauchers, was mittlerweile in der Rechtsprechung vermehrt auftritt. Hier ging es um drei Verträge, die mündlich auf der Baustelle geschlossen wurden. Über das Widerrufsrecht wurde der Verbraucher nicht schriftlich belehrt. Der Handwerker erbringt Leistungen und der Verbraucher leistete Abschlagszahlungen i.H.v. 7.000,00 €. Es kommt zum Streit. Der Verbraucher geht hin und erklärt den Widerruf aller drei Verträge und fordert seine Abschlagszahlung zurück. Der Unternehmer seinerseits fordert im Wege der Widerklage die offene Restvergütung aus den drei Verträgen. Das OLG Karlsruhe gibt in seinem Beschluss vom 14.04.2023 dem Verbraucher recht, da hier Außer-Geschäftsraum-Verträge im Sinne des § 312b BGB geschlossen wurden. In dem Zusammenhang hat das Gericht ausdrücklich festgestellt, dass der Unternehmer für seine Leistung weder Vergütung noch Wertersatz vom Verbraucher beanspruchen kann. Weiter war in dem Zusammenhang unerheblich, dass es sich bei zwei der Verträge um sog. Nachtragsaufträge gehandelt hat. Wenn solche weiteren Verträge auf der Baustelle geschlossen werden, so besteht auch hier ein Widerrufsrecht zugunsten des Verbrauchers über das der Unternehmer schriftlich belehren muss. Mithin muss ein Handwerker bzw. Bauunternehmer auch in der laufenden Vertragsdurchführung bei Zusatzaufträgen mit einem Verbraucher immer an die Widerrufsbelehrung denken! Ansonsten erleidet er Schiffbruch, was unschöne finanzielle Auswirkungen hat, die man jedoch vermeiden kann.



Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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