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Altersbedingter Umzug in Altenheim als außergewöhnliche Belastung?

  • 4 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Unsere Gesellschaft wird immer älter und damit leben immer mehr alte Menschen in Deutschland. Viele von ihnen wohnen allein, sind jedoch oftmals nicht mehr in der Lage, zu 100 Prozent für sich selbst zu sorgen. In vielen Fällen gehen ihnen die Kinder oder Schwiegerkinder zur Hand, manchmal werden ambulante Dienstleister fürs Putzen, Kochen oder Pflegen engagiert und es gibt auch Fälle, in denen eine alte Person in ein Altenheim zieht, obwohl sie noch gar nicht pflegebedürftig ist. Ob die Unterbringungskosten in einem Heim bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können, musste jetzt das Niedersächsische Finanzgericht (FG) entscheiden.

Heimunterbringung zunächst nur aus Altersgründen

Im vorliegenden Fall zog eine Frau im Jahr 2010 freiwillig und nur aus Altersgründen in ein Wohnstift. Dort lebte sie in einem Apartment und zahlte dafür eine monatliche Miete von 2377,69 Euro.
Im Jahr 2011 stellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen im Rahmen einer medizinischen Begutachtung fest, dass die Frau inzwischen die Voraussetzungen für die Pflegestufe I erfüllt, da bei ihr eine Einschränkung der Alltagskompetenz in erheblichem Maße vorliege und sie außerdem an einer demenzbedingten Fähigkeitsstörung leide.

Außergewöhnliche Belastung geltend gemacht

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 machte die Frau als außergewöhnliche Belastung Krankheitskosten i. H. v. 1225 Euro und Pflege- und Betreuungskosten i. H. v. 1557 Euro geltend. Das zuständige Finanzamt erkannte die Krankheitskosten nicht an, da diese noch im Rahmen der zumutbaren Eigenbelastung lagen, die Pflege- und Betreuungskosten erkannte es nur zu 20 Prozent als haushaltsnahe Dienstleistung i. H. v. 312 Euro an.

Frau legte Einspruch ein

Gegen diesen Bescheid legte die Frau Einspruch ein und begründete diesen damit, dass sie pflegebedürftig sei und sich somit die Kosten für Unterkunft und Verpflegung nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Abzug einer Haushaltsersparnis sehr wohl als außergewöhnliche Belastung steuermindernd auswirkten.

Finanzamt begründet Ablehnung

Mit Einspruchsbescheid erklärte das Finanzamt, dass der Anspruch der Frau unbegründet sei. Ihre Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung im Seniorenheim stellten keine außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG dar, sondern übliche Kosten der allgemeinen Lebensführung, die bis zur Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind. Dazu gehören eben die Kosten für eine rein altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim. Ausnahmsweise können die Kosten für eine Unterbringung dann berücksichtigt werden, wenn die Unterbringung in einem Altenheim ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist, weil der Betroffene durch die Krankheit pflegebedürftig wird, nicht jedoch, wenn der Steuerpflichtige erst während des Aufenthaltes im Altenheim erkrankt ist.

Frau erhob Klage

Die Frau wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen und erhob schließlich Klage beim zuständigen FG. Sie begründete ihre Klage damit, dass nach geltender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach Eintritt einer Krankheit die allgemein angefallenen Unterbringungskosten nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden müssen, also auch in ihrem Fall.
Das FG kam jedoch zu dem Urteil, dass die Unterbringungskosten der Frau nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, da in ihrem Fall allein Altersgründe für den Umzug eine Rolle spielten und nicht eine durch Krankheit eingetretene Pflegebedürftigkeit.
Selbst wenn das Gericht abweichend zur Rechtsprechung des BFH die Kosten für die Unterbringung als außergewöhnliche Belastung anerkennen würde, weil die Frau erst nach dem altersbedingten Umzug in das Altenheim krank und pflegebedürftig geworden ist, sei die Anerkennung in ihrem speziellen Fall zu versagen, weil in dem Gutachten des Medizinischen Dienstes ausdrücklich festgestellt wird, dass eine häusliche ambulante Pflege einschließlich hauswirtschaftlicher Versorgung mit einem Zeitaufwand von 11 Stunden und 12 Minuten pro Woche ausreichend und eben keine vollstationäre Pflege notwendig ist. Aus diesen Gründen sind die Unterbringungskosten der Frau im Altenheim als übliche Aufwendungen zur Lebensführung zu qualifizieren und sind nicht nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen.

Revision zugelassen

Der BFH hatte in seinem Urteil vom 15.04.2010 (Az.: VI R 51/09) ausdrücklich offengelassen, ob in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger nach seinem altersbedingten Umzug in ein Altenheim krank und infolgedessen pflegebedürftig wird, eine Berücksichtigung der Kosten für die Unterbringung nach § 33 EStG möglich ist. Aus diesem Grund hat das FG die Revision zugelassen, diese wurde durch die Klägerin eingelegt und wird vom BFH unter dem Az.: VI R 3/16 entschieden.

Fazit: Zieht ein alter Mensch nur aus Altersgründen in ein Altenheim, so sind die Unterbringungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, auch nicht, wenn er später infolge einer Krankheit pflegebedürftig wird. Eine Anerkennung erfolgt momentan nur, wenn der Umzug aufgrund einer durch Krankheit entstandenen Pflegebedürftigkeit erfolgt.

(Niedersächsisches FG, Urteil v. 15.12.2015, Az.: 12 K206/14)

(WEI)

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