Annahmeverzug bei Sturmtief Sabine! Muss der Arbeitgeber Entgelt bezahlen?

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Nicht gearbeitet – muss der Arbeitgeber Entgelt/Gehalt/Lohn bezahlen?

Es gilt grundsätzlich: „Ohne Fleiß kein Preis!“ und im Arbeitsrecht: „Ohne Arbeit kein Lohn!“

Es gibt allerdings auch Ausnahmen:

Der Deutsche Wetterdienst informiert fortlaufend über die Warnsituationen bezüglich des Wetters in Deutschland. Erst Anfang letzter Woche erreichte das Sturmtief „Sabine“ Deutschland und richtete einigen Schaden an. 

In Bayern wurden aufgrund des Sturmtiefs sogar landesweit die Schulen für einen Tag geschlossen. Doch was ist, wenn mein Arbeitgeber mich bittet zuhause zu bleiben und nicht auf die Arbeit zu kommen? Habe ich dennoch Anspruch auf meinen Lohn? Muss der Arbeitgeber bezahlen, obwohl ich daheim war? Grundsätzlich gilt: Erbringt der Schuldner keine Leistung, entfällt der Anspruch auf Gegenleistung, § 326 I BGB.

Im Arbeitsrecht hieße das also vereinfacht: Arbeite ich nicht, habe ich auch keinen Anspruch auf Lohn. Hier sind allerdings die Ausnahmen zu berücksichtigen, die zugunsten des Arbeitnehmers die Frage stellen, wer zu verantworten hat, dass die Arbeitsleistung nicht erbracht wird.

Kann also der Arbeitgeber die Leistung seines Mitarbeiters nicht annehmen, befindet dieser sich in Annahmeverzug und muss seinem Mitarbeiter die nicht verrichteten Stunden dennoch bezahlen.

Hier ein zwei Beispielsfälle, die Theorie der Rechtsprechung und Praxis vereinen:

Für einen Gastronomiebetrieb sind 6 Personen bis zum Ladenschluss um 24 Uhr eingeteilt. Der erwartete Gästeansturm im Restaurant bleibt aus und der Vorgesetzte entscheidet, 4 Mitarbeiter müssen um 21 Uhr nach Hause gehen.

Hier sieht die Rechtsprechung den typischen Fall des wirtschaftlichen Risikos, welches der Arbeitgeber in jedem Fall zu tragen hat. Schickt der Gastronom seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Hause und haben diese ihre Dienste angeboten, so muss er dennoch Entgelt zahlen. Es sei denn, es ist im Arbeitsvertrag (mündlich oder schriftlich) oder in einer Arbeitszeitverordnung bzw. Betriebsvereinbarung etwas anderes geregelt.

Das sogenannte Wirtschaftsrisiko umschreibt die Fallfrage, ob der Arbeitgeber für seinen Mitarbeiter und die damit verbundene Arbeitsleistung Verwendung hat.

In dem hiesigen Beispielsfall stellt sich also die Frage von dem Restaurantbesitzer, ob er noch Verwendung für seine Mitarbeiter trotz Kundenflaute hat. Das ist nach Rechtsprechung sein wirtschaftliches Risiko, wonach er die vier Mitarbeiter diese drei Stunden bezahlen müsste.

Ein weiterer Beispielsfall klärt die Frage, ob der Arbeitgeber auch den Lohn seines Mitarbeiters bezahlen muss, wenn er die Umstände zur Nichtbeschäftigung nicht selbst zu verschulden hat.

  • Das Bundesarbeitsgericht zählt zu den unverschuldeten, betriebstechnischen Gründen beispielsweise Störungen, die sachliche oder persönliche Mittel des Unternehmens außer Kraft setzen. Das könnte im konkreten Fall eine ausfallende Heizung oder eben auch Einwirkungen höherer Gewalt sein, wie Katastrophen oder Brände.
  • Sollte das Unternehmen bzw. der Betrieb aus rechtlichen Gründen, wie beispielsweise eine von Polizeibehörden durchgeführte Untersuchungsmaßnahme, so trägt auch hier der Arbeitgeber das Betriebsrisiko.

So trug auch vergangene Woche das bayrische Bauunternehmen das Betriebsrisiko, als es die Kranarbeiten aufgrund des Sturmtiefs Sabine einstellen musste. Auch hier muss der Arbeitgeber, wie im ersten Fall, den Lohn für die ausgefallenen Stunden den Beschäftigten bezahlen.

Achtung: Der Teufel steckt auch hier wieder im Detail!

Stellt der Arbeitgeber es dem Arbeitnehmer frei zur Arbeit zu kommen oder doch aufgrund der fehlenden Betreuung (der Unterricht fiel bei dem Sturmtief aus!) bei den Kindern daheim zu bleiben, so liegt kein Annahmeverzug vor. Denn in diesem Fall hätte der Arbeitgeber die Arbeitsleistung angenommen, wenn der Arbeitgeber zur Arbeit gekommen wäre.

Stellt hingegen der Arbeitgeber den Betrieb ein und hat auch keine andere Verwendung für den Arbeitnehmer und fordert ihn daher auf wegen des Sturmtiefes (oder aus anderen Gründen) nicht zur Arbeit zu erscheinen, so liegt das Beschäftigungsrisiko alleine bei dem Arbeitgeber. Es liegt ein Fall des Annahmeverzuges gem. § 615 BGB vor. Der Arbeitgeber ist zur Zahlung des Entgelts verpflichtet.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können.

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