Anstoß: Die juristische Gretchenfrage: Mediation oder Gericht?

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„Nun sag’, wie hast du’s mit der Mediation?

Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub’, du hältst nicht viel davon…"

soll ich’s etwa wagen, mich dem Gerichte anzutragen?


Diese zugegebenermaßen leicht abgewandelte und berühmte Frage von Margarete (genannt Gretchen) an Faust (in Goethes Faust I, Vers  3415-3417) wie er es mit der Religion halte, hat mich inspiriert, sie einmal „locker“ in meinem Sinne für diesen kleinen Beitrag umzuwandeln und zu erweitern.

Was wäre, wenn Gretchen Faust um Rat gefragt hätte, ob Faust mehr von einer Mediation oder von dem Gang zu Gerichte gehalten hätte?

Faust hätte möglicherweise geantwortet:

Es lässt sich nicht pauschale sagen, ob Du zu Gerichte oder ganz allein aus Deiner Kraft kannst Ruh und Frieden Dir verschaffen. Allein der Blick in Deinen Fall zeigt die Antwort überall.

Fast 250 Jahre später können wir uns dieses rein fiktive Urteil in ganz pragmatischer Betrachtung und ohne einen sichtbaren Genius von dieser Tragweite wie Goethe folgendermaßen als „Faustformel“ zu Nutze machen: 

Ob eine Mediation oder das Gericht die bessere Entscheidung ist, hängt wirklich von den Umständen des Einzelfalls ab.

Eine Mediation kann eine schnellere, kostensparendere und weniger belastende Lösung für beide Parteien bieten, da sie auf eine einvernehmliche Lösung für die Zukunft abzielt, die beide Parteien zufriedenstellt. Die Lösung beinhaltet eine befriedigende Antwort und einen Ausgleich  der beiderseitigen Interessen (Motive) und nicht bloß der Entscheidung über Sieg oder Niederlage von Positionen (Ansprüchen) wie vor Gericht. Interessen werden vor Gericht nicht oder nur eingeschränkt erörtert! Mediation kann von daher dazu beitragen, dass die Beziehungen zwischen den Parteien verbessert werden, was besonders wichtig sein kann, wenn sie in der Zukunft weiterhin miteinander arbeiten müssen.

Eine gerichtliche Auseinandersetzung kann jedoch notwendig sein, wenn eine einvernehmliche Lösung nicht erreicht werden kann oder wenn eine Partei eine rechtliche Entscheidung benötigt, um ihre Rechte durchzusetzen. Dies kann z.B. in Patentfragen oft der Fall sein. Ein Gerichtsverfahren kann auch dazu beitragen, dass eine Partei ihr Recht auf eine gerechte Behandlung garantiert bekommt, insbesondere in Fällen, in denen eine der Parteien eine unangemessene oder ungerechte Vereinbarung erzwingen will (Access to Justice-Gedanke).

Es ist wichtig zu beachten, dass beide Methoden Vor- und Nachteile haben und dass es wichtig ist, sorgfältig zu prüfen, welche Methode am besten für eine bestimmte Situation geeignet ist, bevor eine unter Umständen weitreichende Entscheidung getroffen wird. 

Wie in meinem letzten Artikel bereits (Deeskalation im Einstweiligen Verfügungsverfahren) angesprochen ist es jedoch immer auch möglich, dass Sie Ihren Anwalt bitten, stets nach deeskalierenden Ansätzen für eine Streitbeilegung zu suchen.

Welche Methode für Sie und in Ihrem konkreten Fall die erfolgreichere, aber möglicherweise auch die schonendere, „verjüngende“ ist, könnten wir wieder frei mit Goethe beantworten, wenn er seinen Faust in Faust I in Vers 2340-2346) sagen lässt: 


„Verlang ich Rat von einem alten Weibe? 

Und schafft die Sudelköcherei wohl 30 Jahre mir vom Leibe? 

Weh mir, wenn du nichts besseres weißt! 

Schon ist die Hoffnung mir verschwunden, 

hat die Natur und hat ein edler Geist 

nicht irgendeinen Balsam ausgefunden?“


Ihr Christian Peitzner-Lloret




Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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