Anwalt für Cannabis & Führerschein: Ab 3,5 ng/ml THC jetzt wieder sofort MPU für Ersttäter!

  • 8 Minuten Lesezeit

Dieser Tage fragt man sich, ob der Gesetzgeber überhaupt weiß, was er macht in Sachen Cannabis und Führerschein

Erst erlässt er mit § 13 a FeV eine Regelung, die nur so verstanden werden konnte, dass eine MPU nur dann zu absolvieren ist, wenn man zweimal mit mindestens 1,0 ng / ml THC bzw. nach neuer Rechtslage mit 3,5 ng / ml THC beim Führen eines KFZ erwischt wurde.

Unklar war vor allem, was unter dem Begriff des "Missbrauchs" verstanden werden. sollte. Darüber schwieg sich der Gesetzgeber nämlich vornehm aus.

Spekuliert wurde, dass es sich bei diesem Cannabis "Missbrauch" mindestens um einen regelmäßigen (also einem täglichen oder beinahe täglichen) Konsum handeln müsse.

Wegen der mit der Auslegung dieses Begriffs des "Missbrauchs" verbundenen Unklarheiten erhielten sehr viele Betroffene die Fahrerlaubnis ohne MPU zurück, die nur einmal mit THC im Blut am Steuer erwischt wurden und denen dann die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens wurde dann auf die Anordnung einer MPU verzichtet. Man war ja nur einmal erwischt worden und keiner wusste, was unter einem "Missbrauch" zu verstehen sein sollte.

Bei laufenden MPU Verfahren von erstmalig mit fehlenden Trennungsvermögen am Steuer erwischten Betroffenen wurde dann die MPU Anordnung rückwirkend aufgehoben

Entweder mindestens zweimal mit THC am Steuer erwischt oder keine MPU - so lief das in den letzten Monaten in der Regel.

Ob das vom Gesetzgeber so beabsichtigt war, das wage ich zu bezweifeln.

Man kann sagen, dass zunächst die Schleussen zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ziemlich planlos erst extrem weit aufgemacht worden sind und auch dort Fahrerlaubnisse neu erteilt wurden, bei denen Personen voll stoned am Steuer saßen - aber eben nur einmal erwischt wurden. Das war kein vermutlich kein Geschenk des Gesetzgebers, sondern dürfte aus Versehen passiert sein. 

Schon gar nicht war es eine absichtliche Angleichung an die für Alkohol Konsumenten geltenden Regeln. Oder hat das wirklich jemand geglaubt?

Die Fahrerlaubnisbehörden / Führerscheinstellen wurden von diesem gesetzgeberischen "Geniestreich" ziemlich kalt auf dem falschen Fuss erwischt und erteilten reihenweise (natürlich widerwillig) die vorher entzogenen Führerscheine neu.

Mit einiger zeitlicher Verzögerung fiel das wohl auch dem (offensichtlich überforderten) Gesetzgeber auf. Oder es gab Hinweisgeber, "Helfer" aus der Riege derjenigen, die jetzt weniger begutachten durften und die Kasse nicht mehr wie gewohnt klingelte.

Ich vermute, dass hierbei gewisse Einflüsterungen der um ihre Pfründe fürchtenden Begutachtungslobby eine Rolle gespielt haben könnten. Rein spekulativ natürlich und vermutlich meiner tiefen Abneigung gegen die Begutachtungsinstitute und ihren hochherrschaftlichen Attitüden geschuldet. Mea Culpa.

Nun: Wie schließt man die vormals so unbedacht weit aufgerissene Schleusse wieder  und kriegt (wie eventuell gewünscht von interessierten Kreisen) die Cannabis Konsumenten wieder bei der ersten Fahrt unter Wirkung von mindestens 3,5 ng/ml THC so richtig dran - will heißen: Direkt zur MPU? 

Na klar fiel den Herrschaften dann was ein: Der Begriff des "Missbrauchs" wurde ja vergessen und noch nicht definiert - und warum diesen nicht einfach sehr eng definieren, so dass jeder Ersttäter gleich dran ist und zur MPU muss?

Ein paar "schlaue Köpfe" setzten sich zusammen und kamen dann (ob es dabei Einflüsterungen von willigen Helfern der aus der Begutachtungsszene gab, kann ich nicht sagen) auf folgende Definition des "Missbrauchs":

"Das Führen von Fahrzeugen und ein Cannabiskonsum mit nicht fernliegender verkehrssicherheitsrelevanter Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs können nicht hinreichend sicher getrennt werden."

Zu finden ist die Definition in der Anlage 4 Nr. 9.2.1 FeV.  Eine nicht fernliegende verkehrssicherheitsrelevante Wirkung soll bereits dann vorliegen, wenn der neue Grenzwert von 3,5 ng / ml THC erreicht ist. 

Und damit schließen die Herrschaften die vorher weit aufgerissene Schleuse wieder - unbemerkt beinahe und ohne den vorher doch so groß beworbenen und medial abgefeierten Legalisierungs Tamtam.

Neue Faktenlage:

Jedem, der jetzt  mit 3,5 ng/ml THC oder mehr erstmalig am Steuer erwischt wird, droht direkt die MPU.

Jedem, der die Fahrerlaubnis wegen Cannabis und einem THC Wert von mindestens 3,5  ng / ml THC entzogen worden ist, droht die MPU im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens.

Wurde die Fahrerlaubnis wegen eines THC Wertes zwischen 1,0 ng / ml THC und 3,5 ng / ml THC entzogen, dann ist die Anordnung einer MPU im Neuerteilungsverfahren meines Erachtens rechtswidrig. 

Läuft noch MPU Verfahren wegen Werten unter 3,5 ng / ml THC, dann kann dieses mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Einstellung gebracht werden. 

Man kann also sagen: 

Die Rechtslage hat sich im Vergleich zur Zeit vor der Teil Legalisierung nur für diejenigen verbessert, die nicht mit mindestens 3,5 ng / ml THC am Steuer erwischt worden sind, sondern mit Werten zwischen 1,0 ng / ml und 3,4 ng  / ml THC. 

Man kann ebenfalls sagen: 

Man hätte sich das ganze Theater um den neuen § 13 a FeV einfach schenken und den alten Grenzwert von 1,0 ng / ml THC auf 3,5 ng / ml THC anheben können. Dann wäre der Drobs gelutscht gewesen. Oder?

Man könnte zudem fragen:

Wozu der ganze Rotz? Warum haben die nicht einfach den Grenzwert auf 3,5 ng/ ml THC angehoben und auf diesen unsäglichen Eiertanz um § 13 a FeV verzichtet - welcher doch nur dazu diente, die eigene als Aktionismus getarnte Unfähigkeit  nachhaltig unter Beweis zu stellen?

Aber Moment: 

Dann hätte man ja wieder zwischen Einmalkonsumenten, gelegentlichen und regelmäßigen Konsumenten unterscheiden müssen. Dann hätten viele Konsumenten mit einem THC COOH Wert unter 100 ng / ml nur zu einem ärztlichen Gutachten und nicht zur MPU gemusst, weil der gelegentliche Konsum nicht nachgewiesen werden konnte. Aber wenn man doch will, dass alle zur MPU sollen (aus sicherlich auch finanziellen Gründen!) - dann pfeifft man halt auf das Konsummuster und schmeißt alle Konsumenten zusammen in einen Topf: 

Wer den Grenzwert von 3,5 ng / ml THC reisst, der muss eine MPU machen. Egal ob er selten Konsumiert oder jeden Tag von morgens bis abends Bong raucht.

Und es kommt nicht mehr darauf an, ob er zweimal erwischt worden ist. Warum dann in § 13 a Abs. II b FeV steht, dass eine MPU nur anzuordnen ist, wenn "wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden" ?

Darauf dürfte es jetzt in KEINEM Fall mehr ankommen. Warum zwei Zuwiderhandlungen abwarten, wenn eine ausreicht? Daran kann man die "hohe Handwerkskunst" und "logische Stringenz" des Gesetzgebers ablesen. Ein Trauerspiel. Oder warum steht da was im Gesetz, auf das es in keinem Fall mehr ankommen soll wird?

Nun. Kommen wir "spaßeshalber" mal zum Vergleich von Cannabis mit Alkohol. 

Es gab mal wieder eine erlesende "Expertenkommission", auf deren Einschätzungen der neue Grenzwert von 3,5 ng / ml THC beruht -
sog. "Empfehlungen der interdisziplinären Expertengruppe für die Festlegung eines THC-Grenzwertes im Straßenverkehr (§ 24a Straßenverkehrsgesetz". Dort ist auf Seite 5 folgendes zu lesen:

Ein THC Wert zwischen 2 - 5 ng / ml THC soll also 0,2 Promille entsprechen.

Quizfrage:

Warum werden dann bei Cannabis Konsumenten bereits bei 3,5 ng / ml THC nach § 24 a Nr. 1 a FeV ein Monat Fahrverbot, 2 Punkte in Flensburg und 500 Euro und eine MPU verhängt, während nichts passiert wenn man das Äquivalent von 0,2 Promille im Blut hat?

Warum wird dann bei 0,2 Promille nicht genauso bestraft wie bei Cannabis / THC?

Warum werden dann erst bei 0,5 Promille Alkohol aufwärts ein Fahrverbot, 2 Punkte in Flensburg und 500 Euro und KEINE MPU verhängt - also bei einem Wert, der mindestens 7 ng / ml THC entsprechen soll?

Bei 3,5 ng / ml sollen laut "Expertenkommission" angeblich "erste Zeichen der Beeinträchtigung der Feinmotorik beim einem -natürlich nicht quantifizierten- TEIL von Gelegenheitskonsumenten (hier scheint es dann doch wieder auf das Konsummuster anzukommen) vorliegen. Wie groß ist dieser Teil? 10 Prozent? 50 Prozent? Nicht so wichtig offensichtlich. Ein Teil eben.

Und bei dem anderen Teil? Da liegen dann keine Beeinträchtigungen vor - ist aber egal oder wie darf das verstanden werden, wehrte "Experten"?

Und was ist das bitte für eine "unabhängige" Expertengruppe, die einen Grenzwert von 3,5 ng / ml THC vorschlägt und keinen Mucks dazu sagt, was sie von der Bevorzugung der Alkohol Konsumenten hält und diese noch durch die Festsetzungen eines im Vergleich zu Alkohol viel zu tiefen neuen THC Grenzwertes aktiv fördert?

Warum setzt diese Kommission interdisziplinärer vermeintlicher Experten dann nicht einen Grenzwert für Alkohol UND THC an, bei denen die Ausfallerscheinungen vergleichbar sind? 

Fakt: MPU für THC Ersttäter ab 3,5 ng / ml THC (= 0,2 Promille).

Fakt: MPU für Alkohol Konsumten nur im Wiederholungsfall bei mindestens 2 x 0,5 Promille aufwärts (= entspricht mindestens 2 x mindestens 7 ng / ml THC). 

Ob das verfassungsrechtlich so Bestand hat? Irgendwelche verdrehten Argumentationen werden sich schon finden, warum das absolut in Ordnung sein soll. Alkohol ist ja auch keine Droge angeblich.

Genauso in Ordnung vermutlich wie der Umstand, dass jahrelang Cannabis Konsumenten bei Werten mit Kleinstwerten unter 2 ng / ml THC gegenüber Fahrverbote und Fahrerlaubnis Entziehungen verhängt wurden - obwohl doch bei diesen Werten lauf angeblicher "Experten" KEINE Ausfallerscheinungen zu erwarten waren.

Im Schatten der Teil Legalisierung des Anbaus von Cannabis und des Besitzes von überschaubarer Mengen Cannabis wird hier klangheimlich wieder die Hatz gegen die KFZ führenden Cannabis Konsumenten verschärft und zwar noch stärker als vor der Pseudolegalisierung, da es vor dieser noch auf das Konsummuster ankam. Hier konnten viele Probierkonsumenten sich noch ins ärztliche Gutachten retten und mit dem Ergebnis "Einmalkonsum" die Kurve kriegen. Aus und vorbei ist es jetzt damit. Und wer profitiert von der MPU, die dann gemacht werden muss? Na wer wohl.

Der Gesetzgeber, der sich so für die Legalisierung gefeiert hat, hat entweder zu wenig Plan von den sich aus Gesetzen ergebenden Kausalketten oder er hat gegenüber den KFZ führenden Cannabis Konsumenten mit gezinkten Karten gespielt. Beide Varianten gefallen mir nicht. Das Fahrerlaubnisrecht in Sachen Cannabis ist mehr denn je Reservestrafrecht. 

Ein tolles Geschenk an die Begutachtungsszene - die sich nun vor Freude die Hände reiben dürfte. Ein Schelm, der böses dabei denkt. 

Das Chaos ist perfekt:

Wurde zum Beispiel eine Fahrerlaubnis entzogen, weil jemand einen THC Wert von 3,5 ng / ml THC aufwärts hatte und die MPU nicht gemacht hat und wurde sie dann wieder ohne MPU Anordnung neu erteilt, weil der Betroffene Ersttäter war, dann kann jetzt die Behörde doch noch eine MPU anordnen. 

Großes Kino. Kann man sich nicht ausdenken.

Und nun?

Und nun wird es viele MPU Anordnungen geben, in denen was von "Missbrauch" steht und von § 13 a Abs. II d und davon, dass ein THC Wert von mindestens 3,5 ng / ml THC vorlag und dass jetzt eine MPU angeordnet werden müsse.

Was kann man als Betroffener tun?

Nun: Zum Beispiel einen Anwalt konsultieren, der sich mit dem Thema auskennt. Man kann ihm die MPU Anordnung mal hochladen, damit er die sich mal anschauen kann. Diese enthalten nämlich ziemlich oft Fehler, mit denen der Anwalt die Fahrerlaubnis des Betroffenen über die Zeit retten kann. 

Schreiben Sie mich gerne an, wenn Sie Betroffener sind. Ich prüfe gerne, wie ich Ihnen helfen kann. 

Foto(s): Autor

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