Arbeitsaufforderung „bei Ablehnung der fristlosen Kündigung“ ist widersprüchlich

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Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29.03.2023


Annahmeverzug funktioniert so: Nach dem Ausspruch einer Kündigung und Erhebung einer Klage dagegen arbeitet der Arbeitnehmer für den Zeitraum des Kündigungsschutzprozesses in der Regel nicht mehr beim bisherigen Arbeitgeber. Liegen aber bestimmte Voraussetzungen vor, insbesondere wenn das Gericht die Kündigung nachträglich für unwirksam erklärt, kann der Arbeitnehmer dennoch Anspruch auf die Nachzahlung des Gehaltes für diesen Zeitraum haben. Für manchen Arbeitgeber mag daher der Gedanke nahe liegen, den Arbeitnehmer trotz Kündigung weiter zu beschäftigen, um in Ansehung dieses Risikos wenigstens von der Arbeitskraft zu profitieren. Das nennt man Prozessbeschäftigung. Dazu kommt: Lehnt der Arbeitnehmer die Aufforderung beziehungsweise das Angebot zur Weiterarbeit ab, kann ihn das den Annahmeverzugslohn kosten. Aber abgesehen davon, dass der Kündigung häufig eine gewisse Historie vorausgegangen ist und Arbeitgeber deshalb die Weiterbeschäftigung oft nicht wünschen, hat sie auch in rechtlicher Hinsicht deutliche Tücken und kann falsch angewandt den gesamten Kündigungsrechtsstreit beeinflussen.


Was man sich ohnehin auf den ersten Blick schwer vorstellen mag, ist das Zusammentreffen von fristloser Kündigung und Prozessbeschäftigung. So ging es auch dem Bundesarbeitsgericht:


Was war passiert? Fristlose Kündigung und Arbeitsaufforderung in einem Schreiben


In dem entschiedenen Fall war einem Arbeitnehmer außerordentlich gekündigt worden, der seit dem Jahr 2018 im Betrieb als technischer Leiter angestellt war. Neben dem Ausspruch der fristlosen Kündigung enthielt das Kündigungsschreiben auch den Hinweis, der Arbeitnehmer werde „im Fall der Ablehnung dieser außerordentlichen Kündigung spätestens am selben Tag um 12:00 Uhr zum Arbeitsantritt erwartet.


Diese Aufforderung kam der Arbeitnehmer nicht nach, gleichwohl reichte er Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung ein. Alle Instanzen erklärten darauf hin die Kündigung für unwirksam. Gestritten wurde dann noch um den Annahmeverzugslohn.


Das Urteil: Widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers


Während die ersten Instanzen noch urteilten, der Arbeitnehmer sei seiner Pflicht zur Arbeitsaufnahme nicht nachgekommen und ihm deshalb keinen Annahmeverzugslohn zusprachen, urteilte das Bundesarbeitsgerichts, dass dem Arbeitnehmer der Annahmeverzugslohn zusteht.


Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine fristlose Kündigung die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zur Bedingung hat. Genauso hatte sich der Arbeitgeber auch eingelassen und in umfangreichen Schriftsätzen das vermeintlich Fehlverhalten des Arbeitnehmers und die Unzumutbarkeit der Zusammenarbeit dargestellt. Aber: Ein Arbeitgeber, der eine fristlose Kündigung ausspricht und dem Arbeitnehmer gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung anbietet, verhält sich widersprüchlich. Daher schloss das Gericht, dass das Angebot der Weiterbeschäftigung unter solchen Umständen nicht ernst gemeint sein kann, sondern nur dazu dient, das Risiko von Annahmeverzugslohnansprüchen zu reduzieren. Das „Angebot“ des Arbeitgebers hinderte den Anspruch auf Annahmeverzugslohn also ebensowenig wie die Nichtannahme dieses „Angebots“.



Weitere Hinweise zum Thema und zum Urteil können Sie in der Langversion unseres Blogbeitrags hier nachlesen.




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