Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Freigestellter Betriebsrat unterliegt mit seiner Klage auf höhere Vergütung

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„Soweit ein Betriebsratsmitglied Vergütungsansprüche mit dem Argument geltend macht, diese hätte er auf einer ihm angebotenen, aber von ihm ausgeschlagenen Stelle erzielt, setzt dies jedenfalls voraus, dass sämtliche Voraussetzungen zum Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrages vorliegen, die Bekleidung der Stelle also ausschließlich noch vom Willen des Betriebsratsmitglieds abhängt. Dies ist nicht der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Ausschlagung der Stelle die für den Abschluss des Arbeitsvertrages erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats fehlt“, so das Arbeitsgericht Mannheim mit Urteil vom 13. April 2023, Az. 7 Ca 139/22.

Prüfungsmaßstab für die Ermittlung der Vergütungshöhe eines Mitglieds des Betriebsrats ist allein die übliche Karriere der Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer

In der Medienmitteilung Baden-Württemberg, Arbeitsgericht Mannheim, vom 13.04.2023, heißt es wie folgt: „Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die derzeitige Vergütung des Klägers nicht zu beanstanden sei. Der Kläger werde nicht aufgrund der ausgeübten Betriebsratstätigkeit bei der Bemessung seines Gehalts benachteiligt. Vielmehr stelle die Beklagte mit der zuletzt an den Kläger gezahlten Vergütung einen gesetzmäßigen Zustand her.“

Auf Stellenangebote des Arbeitgebers, die dem Betriebsratsmitglied allein aufgrund seines Betriebsratsamtes in Aussicht gestellt wurden, kann sich das Betriebsratsmitglied zur Begründung von Vergütungsansprüchen nach § 78 Satz 2 BetrVG nicht berufen. Das wäre Betriebsratsbegünstigung und die ist strafbar, so das Arbeitsgericht Mannheim feststellend.

Weiter heißt es in dem Urteil des Arbeitsgericht Mannheim wie folgt: „Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf Zahlung einer höheren Vergütung auch auf § 78 Satz 2 BetrVG gestützt werden. § 37 Abs. 4 BetrVG sei keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts eines Betriebsratsmitglieds (zuletzt BAG 23. November 2022 – 7 AZR 122/22 – Rn. 41). Mit dieser Vorschrift werde lediglich die Durchsetzung des Benachteiligungsverbots durch einfacher nachzuweisende Anspruchsvoraussetzungen erleichtert; daneben könne aber ein unmittelbarer Anspruch auf eine bestimmte Vergütung aus § 611a Abs. 2 BGB iVm. § 78 Satz 2 BetrVG bestehen, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstelle. § 78 Satz 2 BetrVG enthalte ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Verbot, das Betriebsratsmitglied wegen der Amtstätigkeit in seiner beruflichen Entwicklung zu benachteiligen. Der Arbeitgeber müsse dem Betriebsratsmitglied daher eine berufliche Entwicklung gewährleisten, die derjenigen entspricht, die es ohne seine Amtstätigkeit durchlaufen hätte. Von dem Benachteiligungsverbot werde nicht nur die berufliche Tätigkeit, sondern auch das sich aus ihr ergebende Entgelt erfasst (ausführlich BAG 22. Januar 2020 – 7 AZR 222/19 – Rn. 29).“

Nachweispflicht liegt beim Betriebsratsmitglied: Bloße Möglichkeit einer beruflichen Entwicklung reicht nicht aus

Arbeitsgericht Mannheim: „Ein Anspruch aus § 78 Satz 2 BetrVG setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass dem Betriebsratsmitglied der Nachweis gelingt, dass es ohne seine Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats inzwischen mit einer Aufgabe betraut worden wäre, die ihm den Anspruch auf das begehrte Arbeitsentgelt geben würde. Der Tatsachenrichter muss aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen und Hilfstatsachen nach § 286 ZPO zu der Überzeugung gelangen, dass dem Betriebsratsmitglied ohne das Betriebsratsamt die höherwertige Tätigkeit tatsächlich übertragen worden wäre (BAG 20. Januar 2021 – 7 AZR 52/20 – Rn. 28; 22. Januar 2020 – 7 AZR 222/19 – Rn. 30; 17. August 2005 – 7 AZR 528/04 – zu 2 b der Gründe).

Die bloße Möglichkeit bzw. „konkrete Chance“ einer derartigen beruflichen Entwicklung genügt dagegen nicht (BAG 20. Januar 2021 – 7 AZR 52/20 – Rn. 28; 11. Dezember 1991 – 7 AZR 75/91 – zu II 2 b der Gründe). Für die volle richterliche Überzeugungsbildung nach § 286 Abs. 1 ZPO ist ausreichend, dass ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erreicht ist, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (st. Rspr., vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 611/17 – Rn. 24; BGH 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16 – Rn. 14).“

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf etwaige Rechte / Pflichten eines Betriebsrats? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Betriebsräten bzw. zu deren Rechte und Pflichten.


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