Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Fünf Abmahnungen sind zu viel; Kündigung zurückgewiesen

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Inflationäre Abmahnungen verlieren ihre rechtliche Wirkung bei Gericht; wer als Arbeitgeber meint, vier oder sogar fünf Abmahnungen gegen einen Arbeitnehmer aussprechen zu müssen, wird vor Gericht erkennen müssen, dass diese Abmahnungen grundsätzlich im rechtlichen Sinne ihre Wirkung verlieren können. Das ist ständige Rechtsprechung, die aber von den Arbeitgebern immer und immer wieder nicht berücksichtigt wird.

„Zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren Konsequenzen folgen, können die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen nunmehr zum Ausspruch einer Kündigung führen werden,“ heißt es bereits im Jahr 2009 seitens des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.04.2009 - 10 Sa 52/09 –.

Wiederholte Unpünktlichkeit im Betrieb trotz Abmahnung rechtfertigt fristlose Kündigung

Das LAG klarstellend: „Zutreffend ist das Arbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers, nämlich sein wiederholt schuldhaft verspätetes Erscheinen im Betrieb trotz einschlägiger vorheriger Abmahnungen, als Verletzung der Arbeitspflicht eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB, § 34 Abs. 2 TVöD an sich begründen kann, wenn sie den Grad und das Ausmaß einer beharrlichen Arbeitsweigerung erreicht haben. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Pflichtverletzung trotz Abmahnung wiederholt begangen wird und sich daraus der nachhaltige Wille der vertragswidrigen Partei ergibt, den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen zu wollen. Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte (vgl. z.B. BAG Urteil vom 17.03.1988 - 2 AZR 576/87 - , LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 25.04.2005 - 7 Sa 29/05 - Juris).“

Wegen zu vieler Abmahnungen musste Arbeitnehmer nicht damit rechnen, dass nach seiner weiteren Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz, es tatsächlich zur fristlosen Kündigung kommt

„Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung der Beklagten vom 20.08.2008 gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, weil der Kläger bei seinem verspäteten Erscheinen am 01.08.2008 nicht damit rechnen musste, dass er seinen Arbeitsplatz verliert. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger insgesamt fünf Abmahnungen ausgesprochen, bevor es zu der Verspätung vom 01.08.2008 kam, die sie zur fristlosen Kündigung veranlasste. Die Warnfunktion der fünften Abmahnung vom 11.06.2008 ist jedoch derart abgeschwächt, dass der Kläger bei seiner erneuten Verspätung am 01.08.2008 nicht damit rechnen musste, dass die Beklagte darauf eine Kündigung stützen würde.“ – so das Landesarbeitsgericht herausstellend.

Jahrelanges Androhen der Kündigung führt letztendlich zu einer „leeren Drohung“; die Warnfunktion einer Abmahnung wird durch zu viele Abmahnungen sinnentleert

Unmissverständlich führt das Landesarbeitsgericht zum Nachteil des Arbeitgebers wie folgt aus: „Das Arbeitsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde gelegt, wonach zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren Konsequenzen folgen, die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen können. Eine Abmahnung kann nur dann die Funktion erfüllen, den Arbeitnehmer zu warnen, dass ihm bei der nächsten gleichartigen Pflichtverletzung die Kündigung droht, wenn der Arbeitnehmer diese Drohung ernst nehmen muss. Dies kann je nach den Umständen nicht mehr der Fall sein, wenn jahrelang die Kündigung stets nur angedroht wird. Es handelt sich dann um eine „leere“ Drohung.“

Zu viele Abmahnungen führen zu einer „leeren“ Drohung

„Der Arbeitgeber muss die letzte Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen nunmehr zum Ausspruch einer Kündigung führen werden (BAG Urteil vom 15.11.2001 - 2 AZR 609/00 - NZA 2002, 968; vgl. auch BAG Urteil vom 16.09.2004 - 2 Sa 134/02 - NZA 2004, 459, mit zahlreichen Nachweisen). Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen einer Entwertung der in der Abmahnung liegenden Warnfunktion im vorliegenden Fall erfüllt sind.“

Folgerichtig wurde die Kündigung des Arbeitgebers zurückgewiesen, nicht etwas deshalb, weil der Arbeitnehmer immer und immer wieder zu spät zur Arbeit erschien, sondern weil aufgrund der Anzahl der Abmahnungen der Arbeitgeber die Warnfunktion seiner Abmahnungen selbst entwertet hat.

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