Arbeitszeitbetrug

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Arbeitnehmer:innen können ihren Arbeitsplatz zunehmend flexibel gestalten. So bieten viele Arbeitgeber:innen z.B. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice an.

Die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit muss dennoch in voller Höhe erfüllt und dokumentiert werden.

Manipulieren Arbeitnehmer:innen die Zeiterfassung, kann dies das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in nachhaltig zerstören und sogar eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. So hat es jüngst auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschieden:

Arbeitszeit manipuliert

Ein in Vollzeit beschäftigter Mitarbeiter des Jobcenters startete wohl die Zeiterfassung Stunden bevor er mit der Arbeit begann. Er arbeitete in Gleitzeit grundsätzlich im Dienstgebäude. Seiner in Teilzeit beschäftigten Vorgesetzten fiel zunächst auf, dass er oftmals erst nach ihr im Büro erschien und vor ihr den Arbeitsplatz wieder verließ.

Eine mit der Personalvertretung abgesprochene Überprüfung ergab, dass er trotz laufender Zeiterfassung nicht an seinem Arbeitsplatz war. Damit erhärtete sich der Verdacht, dass der Mitarbeiter die Zeiterfassung über den mobilen Zugriff seiner Lebensgefährtin, die ebenfalls für das Jobcenter arbeitete, von zuhause aus manipulierte.

Verdachtskündigung

Mit dem Vorwurf konfrontiert, konnte der Mitarbeiter seine Abwesenheit trotz laufender Zeiterfassung nicht ausreichend erklären. Er erhielt darauf die ordentliche Kündigung. Der Mitarbeiter wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage, u.a. mit dem Argument, er hätte vor der Kündigung abgemahnt werden müssen.

Kündigungsschutzprozess

Wie zuvor bereits das Arbeitsgericht Stralsund sah aber auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern die Verdachtskündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG als sozial gerechtfertigt an. Ein solch schwerwiegender Vertrauensbruch erfordere keine Abmahnung, sondern berechtige sogar zu einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB.

Dringender Verdacht des Arbeitszeitbetrugs

Die LAG-Richter wiesen auf die hohen Hürden für eine Verdachtskündigung hin, sahen aber in der Manipulation der Arbeitszeiterfassung, die aufgrund von Zeugenaussagen zugrunde gelegt wurde, Tatsachen, die auch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen würden. Damit war eine ordentliche Kündigung erst recht gerechtfertigt.

Und auch die sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebende Pflicht zur Rücksichtnahme verletze der Mitarbeiter mit falschen Angaben bei der elektronischen Zeiterfassung "in erheblicher Weise ", so das LAG.

Neben der strafrechtlichen Bewertung stellte das Gericht vor allem auf den mit der Manipulation verbundenen Vertrauensbruch ab. Arbeitgeber:innen müssen darauf vertrauen können, so das LAG, dass die am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer:innen ihre Arbeitszeit korrekt dokumentieren, insbesondere, wenn ihnen selbst der Nachweis übertragen wurde. 


LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.03.2023 - 5 Sa 128/22

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Rechtsanwältin Roller

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