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Arbeitszeitbetrug gleich Kündigung? – Nein

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Nicht jeder Arbeitszeitbetrug führt automatisch zur Kündigung. Kam es zu keinem Schaden, rechtfertigt die nicht geleistete Arbeit keine Entlassung.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die vereinbarte Arbeit zu erbringen. Dafür bekommt er Lohn bzw. Gehalt. Wer daher unentschuldigt der Arbeit fernbleibt und trotzdem weiter Einkünfte bezieht, begeht einen Arbeitszeitbetrug. Und der führt in der Regel zur Kündigung - aber nicht immer. Denn wenn der Arbeitgeber die nun entgangene Arbeit von vornherein nicht vergüten musste, dann liegt kein Betrug vor. Folglich fehlt es am Kündigungsgrund. Doch wie ist das möglich?

Abmahnung nur in besonderen Fällen entbehrlich

Ein Beschäftigter hatte an vier Tagen seine Arbeit verlassen, um sich sein Frühstück zu besorgen. Dafür benötigte er je eine Viertelstunde. Bei der elektronischen Stechuhr extra ausgestempelt hatte er dafür nicht. Sein Betrieb kündigte ihm deswegen, der betroffene Arbeiter klagte dagegen. Das Arbeitsgericht hielt die außerordentliche Kündigung für unwirksam: Ein wichtiger Grund fehlte. Im Einzelnen bemängelte das Gericht Folgendes: In der Kündigung stand nicht, wann und wie lange der Mitarbeiter gefehlt haben soll. Zu ungenau für eine Entlassung. Dass der Beschäftigte zudem gesagt habe, er wolle ohnehin gehen, ist kein Kündigungsgrund. Und trotz mehrfacher Gespräche mit ihm über angeblich verspätet vorgenommene Einteilungen anderer Mitarbeiter an den Maschinen reichte auch das nicht. Denn die mehrfachen Ermahnungen ersetzten keine hier notwendige Abmahnung. Auf die kann nur in folgenden Fällen verzichtet werden: Ein geändertes Verhalten des Arbeitnehmers ist nicht zu erwarten oder die Pflichtverletzung ist so schwer, dass auch der Erwerbstätige deren Rechtswidrigkeit ohne Weiteres erkennt - etwa bei einem Diebstahl oder eben Arbeitszeitbetrug. Aufgrund der offensichtlich unwirksamen Kündigung hatte das Arbeitsgericht den Arbeitszeitbetrug aber gar nicht groß zur Sprache gebracht. Das tat erst das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in der Berufungsinstanz. Das Unternehmen hatte die Kündigung dafür nachgebessert.

Pflicht zu unbezahlter Mehrarbeit lässt Schaden entfallen

Die Richter am LAG schlossen bereits aus, dass ein notwendiger Grund für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung gegeben war. Eine außerordentliche Kündigung wäre somit erst recht unwirksam. Angesichts der 60 Minuten, für die der Kläger einen Lohn erhalten haben soll, ging das Gericht auf den Arbeitsvertrag ein. Laut diesem musste der Arbeitnehmer zehn unbezahlte Überstunden im Monat leisten. Davon hatte er im Monat mit den Fehlzeiten aber erst knapp sechs Stunden geleistet. Selbst unter Einbezug der Fehlzeit von einer Stunde hätte der Betrieb ihm also keine Vergütung in diesem Monat zahlen müssen. Somit lag auch kein Schaden und kein Arbeitszeitbetrug vor. Der somit nur geringe Verstoß hätte zunächst einer Abmahnung bedurft. Erst bei wiederholtem Fehlen wäre die Kündigung gerechtfertigt.

(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 13.06.2012, Az.: 15 Sa 407/12)

(GUE)

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