Arbeitszeitbetrug: Benteler-Betriebsratschef muss 97.000 Euro an Arbeitgeber zurückzahlen

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Die Schlagzeile der Neue Westfälische vom 27.Oktober 2023 liest sich sachlich: „Benteler-Betriebsratschef muss 97.000 EUR zahlen“; inhaltlich jedoch dürfte dieses Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld zum Nachteil des Benteler-Betriebsratschefs zur Schockstarre bei der IG Metall und natürlich bei dem ehemaligen Betriebsratschef selbst führen. Dass ein vollfreigestellter Betriebsratsvorsitzender seine Überstunden, die er in seiner Funktion als Betriebsrat seinem Arbeitgeber gegenüber angezeigt hat, in Höhe von EUR 97.000 an seinen Arbeitgeber zurückzuzahlen hat, dürfte Einmaligkeitscharakter in Deutschland haben.

Was ist passiert?

NW.de: „Das Unternehmen hat erneut einen Erfolg vor dem Arbeitsgericht Bielefeld errungen. Der Fall wird nun Thema vor dem Landesarbeitsgericht Hamm. In dem Konflikt zwischen dem Automobilzulieferer Benteler und dem Bielefelder Betriebsratsvorsitzenden“ …“hat das Unternehmen einen weiteren Erfolg vor dem Arbeitsgericht Bielefeld errungen.“ Der Betriebsratsvorsitzende „wurde dazu verurteilt, einen Teil seiner Überstundenvergütung an das Unternehmen zurückzuzahlen – insgesamt 97.000 Euro. Abgeschlossen ist der Fall damit jedoch nicht. Nach Angaben“ des Anwalts des Betriebsratsvorsitzenden „wird nun auch dieser Fall in nächster Instanz Thema vor dem Landesarbeitsgericht Hamm“ behandelt werden. NW.de vom 27.Oktober 2023, Autorin: Carolin Nieder-Entgelmeier.

„Empörungskampagne“ der IG Metall gegen Benteler gescheitert

NW.de: „Hintergrund der Auseinandersetzung sind Überstunden, die“ der Betriebsratsvorsitzende „in den vergangenen drei Jahren in der Arbeitszeiterfassung dokumentiert und für die er einen Ausgleich erhalten hat. Nach Angaben des Unternehmens hätte“ der Betriebsratsvorsitzende „diese Überstunden jedoch gar nicht erfassen und auch keinen finanziellen Ausgleich dafür erhalten dürfen. Der Grund: Die Überstunden seien nicht betriebsbedingt, sondern aufgrund der Betriebsratstätigkeit entstanden.“

Voll-Freigestellte Betriebsräte dürfen grundsätzlich keinen finanziellen Ausgleich für Überstunden erhalten

NW.de: „Nach Angaben“…des Betriebsratsvorsitzenden…“sind die Überstunden hingegen betriebsbedingt entstanden. Freigestellte Betriebsratsvorsitzende wie“… „der Betriebsratsvorsitzende“ dürfen … „für Überstunden jedoch tatsächlich keinen finanziellen Ausgleich erhalten, sondern nur Freizeit. „Das wissen jedoch die meisten Betriebsräte nicht. Juristen hingegen schon, weshalb man davon ausgehen sollte, dass diese Regel auch in einem Unternehmen wie Benteler bekannt sein muss, das Juristen beschäftigt.“

Ehemaliger Betriebsratschef meint: Personalabteilung hat Auszahlung der Überstunden freigegeben

NW.de: Der Betriebsratsvorsitzende „ist nach eigenen Angaben davon ausgegangen, dass ihm der Ausgleich zusteht: „Ich habe nach der mündlichen Absprache einen schriftlichen Antrag auf Auszahlung der Überstunden nach der im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung gestellt und dieser wurde von der Personalleitung freigegeben.“ Über drei Jahre wurde“…dem Betriebsratsvorsitzende „danach der Ausgleich ausgezahlt. „Und dann fällt dem Unternehmen plötzlich auf, dass das so nicht laufen darf“, moniert“ der Anwalt des ehemaligen Betriebsratschefs.

Arbeitsgericht Bielefeld: Ausschlussfristen gelten nicht

NW.de: „Kritik übt der Rechtsanwalt“ ….des Betriebsratsvorsitzenden „auch an der Entscheidung des Gerichts, dass die Ausschlussfristen in diesem Fall nicht gelten. Ausschlussfristen besagen, dass arbeitsvertragliche Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. „Laut Tarifvertrag haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber drei Monate Zeit, um Unstimmigkeiten bei der Abrechnung zu bemängeln, damit sich der Vertragspartner verteidigen kann.“ Laut Anwalt des Betriebsratschefs „müsse das auch in diesem Fall gelten. „Die Arbeitsstunden“ des Betriebsratsvorsitzenden“ wurden alle dokumentiert und von der Personalabteilung geprüft.“

Betriebsratsvorsitzender soll laut Arbeitsgericht Bielefeld rückwirkend für 30 Monate beweisen, dass seine Überstunden betriebsbedingt entstanden sind

NW.de: Der Betriebsratsvorsitzende „soll nun jedoch rückwirkend für 30 Monate beweisen, dass seine Überstunden betriebsbedingt entstanden sind und nicht aufgrund seiner Betriebsratsarbeit. „Das ist natürlich nicht möglich, deshalb gibt es ja zum Schutz beider Seiten diese Ausschlussfristen“, erklärt“ der Anwalt des Betriebsratsvorsitzenden. Der Rechtsanwalt ist überrascht, dass das die Richterin… „in ihrem Urteil anders sieht“.

Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Der Arbeitgeber sollte grundsätzlich intern abwägen, wie er rechtlich vorgeht, wenn etwaiger Missbrauch von Rechten innerhalb des Betriebsrats festgestellt wird. Einerseits muss er mit einer medialen „Empörungskampagne“ seitens der Gewerkschaft rechnen, wie das bei Benteler monatelang seitens der IG Metall versucht worden ist. Andererseits darf der Arbeitgeber Betriebsräte auch nicht begünstigen. Sofern also etwaiger Missbrauch im rechtlichen Sinne vorliegen könnte, beispielsweise der Verdacht des Arbeitszeitbetruges; Geltendmachung von Überstunden als voll-freigestellter Betriebsrat, und der Arbeitgeber lässt diesen etwaigen Missbrauch nicht gerichtlich klären, könnte der Vorwurf der Begünstigung von Betriebsräten geltend gemacht werden. Begünstigung von Betriebsräten hat schon dazu geführt, dass ehemalige Vorstände eines Unternehmens zu hohen Schadensersatzforderungen ihres ehemaligen Arbeitgebers verurteilt worden sind, wie das bei dem Ex SSB- Vorstand der Fall war.

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz.



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