Ausschlussfristen: Fahrlässige Körperschäden müssen nicht ausgenommen sein

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Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2022, Az. 9 AZR 461/21


Ausschlussfristen sind ein häufig genutztes Instrument im Arbeitsrecht. Sie dienen dazu, die von dem Gesetzgeber festgelegten, langen Verjährungsfristen abzukürzen. Statt im Regelfall drei Jahre beträgt die Frist zur Geltendmachung einer Forderung auf diese Weise zum Beispiel drei Monate. Viele Arbeitnehmer sind sich nicht bewusst, dass ihr Arbeitsvertrag wahrscheinlich eine solche kurze Frist vorsieht. Das gilt erst recht, wenn dies über einen Tarifvertrag geschieht. Grundsätzlich sind Ausschlussfristen ein rechtmäßiges Mittel, denn auf diese Weise wird das Arbeitsverhältnis zügig abgewickelt und sie müssen stets für beide Seiten gleichermaßen gelten. Tatsächlich hat aber überdurchschnittlich häufig die Arbeitnehmerseite bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses noch offene Ansprüche, seien es Gehalts-, Überstunden- oder Urlaubsabgeltungsansprüche. Daher nutzt die Abkürzung der Fristen tendenziell der Arbeitgeberseite. Die Rechtsprechung nimmt zum Ausgleich die Prüfung eher arbeitnehmerfreundlich vor. Was bedeutet das? Ist eine Ausschlussfrist nicht rechtmäßig formuliert, so ist sie - in der Regel vollständig - unwirksam. Die Gerichte legen diesen Maßstab streng an und haben in der Vergangenheit schon häufig bis dahin gebräuchliche Formulierungen als unwirksam beurteilt. Zuletzt mit Urteil vom 24.5.2022 setzte sich das Bundesarbeitsgericht ausführlich mit diesen Klauseln auseinander (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2022, Az. 9 AZR 461/21).


Späte Geltendmachung von Urlaubsabgeltung


Gegenstand des Rechtsstreits war die laut Ausschlussfrist verspätete Geltendmachung von Ansprüchen auf Urlaubsabgeltung. Die Arbeitnehmerin war der Auffassung, die Frist sei aus verschiedenen Gründen unwirksam. Folgende Klausel hatte das Gericht zu prüfen:


Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber dem Vertragspartner in Textform geltend gemacht werden und im Falle der Ablehnung durch den Vertragspartner innerhalb von weiteren drei Monaten eingeklagt werden. Hiervon unberührt bleiben Ansprüche, die auf Handlungen wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen. Die Ausschlussfrist gilt nicht für den Anspruch eines Arbeitnehmers/in auf den gesetzlichen Mindestlohn. Über den Mindestlohn hinausgehende Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers unterliegen hingegen der vereinbarten Ausschlussfrist.

Bleibt die Geltendmachung erfolglos, erlöschen sie, wenn der Anspruch nicht innerhalb einer weiteren Frist von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung gerichtlich anhängig gemacht wird.


Bundesarbeitsgericht: Ausschlussfrist „gerade so“ wirksam


Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht und betrachtete die Ausschlussfrist als wirksam, Urlaubsabgeltung war also nicht zu zahlen. Hierzu prüfte das Gericht die Klausel „auf Herz und Nieren“. Insbesondere folgende (Nicht-)Ausnahme war dabei von Bedeutung:


Die Klausel nimmt nicht ausdrücklich Schäden von Leben, Körper und Gesundheit aufgrund einer fahrlässigen Pflichtverletzung von der Ausschlusswirkung aus (§ 309 Nr. 7 BGB). Allerdings, so das Gericht, sei im Arbeitsleben die praktische Anwendung des Paragraphen § 309 Nr. 7 BGB, gegen den die Klausel damit verstößt, quasi ausgeschlossen. Da im Arbeitsleben die gesetzliche Unfallversicherung greift, fangen die §§ 104 ff. SGB VII als arbeitsrechtliche Besonderheit diese Haftungskonstellation regelmäßig auf. Der zwar gegebene Verstoß sei damit unter Berücksichtigung der im Arbeitsleben geltenden Besonderheiten nicht so gewichtig, dass er zur Unwirksamkeit der Verfallklausel führe.



Weitere Hinweise zum Thema und zum Urteil können Sie in der Langversion unseres Blogbeitrags unter https://kanzlei-kerner.de/blog/essentiell-wichtig-korrekte-formulierung-von-ausschlussklauseln/ nachlesen.



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