Bedrohung eines Vorgesetzten / Tätlicher Angriff auf Vorgesetzen – Für Soldaten bei Vorladung, Disziplinarverfahren

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Fehlverhalten von Soldaten kann besonders gravierende Konsequenzen haben. Denn neben einer strafrechtlichen Verfolgung droht auch regelmäßig ein Disziplinarverfahren.


Wie hoch ist die Strafe bei der Bedrohung eines Vorgesetzten als Soldat bei der Bundeswehr?

Gemäß § 23 Wehrstrafgesetz (WStG) wird mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe bestraft, wer im Dienst oder in Beziehung auf eine Diensthandlung einen Vorgesetzten mit der Begehung einer Straftat bedroht. 

§ 23 WStG stellt gegen über der Bedrohung gemäß § 241 des Strafgesetzbuches (StGB) die wehrrechtspezifische Sonderregelung dar. Dies macht sich zum einen dadurch bemerkbar, dass bei § 241 StGB nur mit bestimmten, bei § 23 WStG hingegen mit jeder Straftat gedroht werden kann. Außerdem ist der Strafrahmen bei § 23 WStG wesentlich höher. Dies erklärt sich damit, dass das Wehrstrafrecht die Bedrohung der staatlichen Autorität sanktioniert. Schutzgut der Norm ist die dienstliche Handlungs- und Entscheidungsfreiheit und damit mittelbar die Einsatzbereitschaft und Disziplin der Truppe.


Wie hoch ist die Strafe bei einem tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzten?

Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren sieht § 25 Abs. 1 WStG vor, wenn es jemand unternimmt, gegen einen Vorgesetzen tätlich zu werden.

In sogenannten minder schweren Fällen kann die Strafe niedriger ausfallen (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren).

Wird ein sogenannter besonders schwerer Fall des tätlichen Angriffs auf einen Vorgesetzten bejaht, so droht hingegen eine höhere Strafe (Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren). 

Auch beim tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzen sind im Vergleich zur Körperverletzung nach dem Strafgesetzbuch, das für jedermann gilt, andere Anforderungen an die Bejahung der Strafbarkeit zu stellen, insbesondere ist auch hier aus denselben Gründen wie eben zur Bedrohung eines Vorgesetzten ausgeführt die Schwelle zur Strafbarkeit vergleichsweise geringer.


Wer kann sich wegen Bedrohung eines Vorgesetzen oder einem tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzen strafbar machen?

Nach dem Wehrstrafgesetzbuch strafbar machen können sich grundsätzlich nur Soldaten der Bundeswehr. 


Wann kann ich mich als Soldat der Bundeswehr wegen Bedrohung eines Vorgesetzten strafbar machen?

§ 23 WStG ist ein Sonderdelikt. Es kann nicht von Jedermann, sondern nur von Soldaten der Bundeswehr begangen werden. Der Soldat hat sich durch freiwillige Verpflichtung zum Wehrdienst verpflichtet.              
Für Zivilpersonen gilt, hat der beschuldigte Soldat damit gedroht ein Vergehen zu begehen, kann die Zivilpersonen Anstifter oder Gehilfe sein und entsprechend bestraft werden, §§ 1 Abs. 4, § 23 WStG. Droht der beschuldigte Soldat hingegen mit einem Verbrechen (d.h. Strafandrohung mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe), kann die Zivilperson als Anstifter oder Gehilfe zur Bedrohung nach dem Strafgesetzbuch (§ 241 StGB) bestraft werden.

Die Drohung muss sich gegen einen Vorgesetzten oder Soldat höheren Dienstgrades richten, § 29 Abs. 1 WStG.
Unter Bedrohen versteht man die Ankündigung, mit einer Straftat auf die Freiheit der Willensbetätigung oder Freiheit der Willensbildung des Vorgesetzten einzuwirken. Eine bloße Warnung oder ein Inaussichtstellen einer Straftat, auf die der Täter keinen Einfluss haben kann oder nicht ernst zu nehmen ist, reicht nicht aus. Wenn die Drohung zwar nicht ernst gemeint ist, der Vorgesetzte sie den Umständen nach aber ernst nehmen muss, liegt eine sogenannte Scheindrohung vor. Auch eine Scheindrohung ist hiernach strafbar. Adressat der Bedrohung ist der Vorgesetzte. Die angedrohte Tat muss sich aber nicht zwingend gegen diesen richten. In Betracht kommt auch ein anderer Soldat, Familienangehörige, der Beschuldigte der Bedrohung selbst (§ 17 WStG – Selbstverstümmelung) oder Einrichtungen und Sachmittel der Bundeswehr.

Die Bedrohung selbst reicht für die Strafbarkeit aus. Ein Nachgeben des Vorgesetzten ist nicht nötig.
Die Bedrohung muss innerhalb eines Zeitraums begangen werden, in welchem der Beschuldigte im Dienst war. Es muss sich um eine soldatische Diensthandlung handeln. Dies umfasst jede Handlung, die ein Soldat zur Erfüllung des Verfassungsauftrags der Streitkräfte vornimmt. Die Diensthandlung muss stets rechtmäßig sein.                
In Beziehung mit einer Diensthandlung steht die Bedrohung, wenn sie der Täter außer Dienst im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit eines Vorgesetzten oder eines anderen Soldaten äußert.

Der Täter muss zumindest billigend in Kauf nehmen, dass er einen Vorgesetzten bedroht und die Bedrohung im Dienst bzw. in Bezug auf eine Diensthandlung vornimmt und die Realisierung der Bedrohung einen Straftatbestand erfüllt. Dabei genügt es, wenn er die Tatsachen kennt, die der rechtlichen Bewertung zugrunde liegen. Ansonsten handelt der Täter nicht vorsätzlich und macht sich entsprechend nicht wegen vorsätzlicher Bedrohung eines Vorgesetzen strafbar.


Wann droht als Bundeswehrsoldat eine Strafe wegen tätlichen Angriffs gegen einen Vorgesetzten?

Ebenso wie die Bedrohung muss der tätliche Angriff von einem Soldaten gegenüber seinem Vorgesetzten bzw. einem Soldaten höheren Dienstgrades erfolgen. Wichtig ist, dass § 25 Abs. 1 WStG auch den bloßen Versuch eines tätlichen Angriffs gegen einen Vorgesetzten bestraft. Das bedeutet, dass auch das bloße Ausholen zum Faustschlag gegebenenfalls für eine Versuchsstrafbarkeit ausreichen kann.
Für ein tätlich werden ist eine unmittelbare körperliche Einwirkung auf den Vorgesetzten erforderlich. Dabei reicht bereits z.B. ein Rempeln oder Bein stellen. Schmerzen oder eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens sind nicht erforderlich. Selbst das Abreißen einer Ordensschnalle oder das Zerren an den Uniformaufschlägen können ausreichend sein und eine Strafbarkeit begründen.

Wichtig, aber im Einzelfall schwierig festzustellen, ist das ebenfalls notwendige Aggressionselement. Dieses fehlt bei einem kumpelhaften Schlag auf die Schulter oder beim gewaltsamen Fortreißen vor einem anrollenden Panzer.


Wann ist eine mildere Strafe für einen tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzen möglich?

Im Falle eines sogenannten minder schweren Falles ist es möglich, dass eine mildere Strafe verhängt wird, als eigentlich vorgesehen.
Ein minder schwerer Fall nach Abs. 2 kann zum Beispiel bei verständlichen Motiven des Täters vorliegen. 


Wann droht eine höhere Strafe für einen tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzten als Bundeswehrsoldat?

Eine höhere Strafe kann bei einem sogenannten besonders schweren Fall des tätlichen Angriffs auf einen Vorgesetzen drohen.

Ein besonders schwerer Fall nach Abs. 3 liegt in der Regel vor, wenn der Täter durch die Tat eine schwerwiegende Folge im Sinne des § 2 Nr. 3 WStG herbeiführt.


Drohen bei der Bedrohung eines Vorgesetzen oder einem tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzen bei der Bundeswehr noch weitere Strafbarkeiten?

Es kommen regelmäßig vor allem noch eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung und Beleidigung aus dem Strafgesetzbuch in Betracht. Unter Umständen stehen auch Tötungsdelikte im Raum. Aus dem Wehrstrafgesetz kann noch die Nötigung eines Vorgesetzten einschlägig sein. Bei entsprechenden Handlungen von mehreren Soldaten kommt auch noch eine Strafbarkeit wegen Meuterei in Betracht.


Drohen neben einer Freiheitsstrafe noch weitere Konsequenzen beim Vorwurf der Bedrohung eines Vorgesetzten oder des tätlichen Angriffs auf einen Vorgesetzen? 

Ja. Denn neben dem eigentlich Tatvorwurf drohen erhebliche berufliche bzw. beamten- oder disziplinarrechtliche Konsequenzen. So droht unter Umständen sogar der Verlust der Rechtsstellung als Soldat. Evtl. müssen Sie die Kosten Ihres Studiums oder Ihrer Fachausbildung bei der Bundeswehr erstatten.
Um dies zu vermeiden, sollten Sie am besten zunächst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und dann so bald wie möglich einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht kontaktieren. 

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