Behördlich angeordnete Quarantäne – wer trägt die Kosten?

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Eine behördlich angeordnete Quarantäne, wie sie im letzten Jahr vielfach für Urlaubsrückkehrer*innen und Kontaktpersonen von positiv Getesteten angeordnet wurde, ist für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen gleichermaßen ärgerlich: Arbeitnehmer*innen dürfen nicht das Haus verlassen und sind dadurch in ihrer Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt. Arbeitgeber*innen verlieren eine Arbeitskraft, denn oft kann im Homeoffice die Arbeitsleistung nicht im gewohnten Umfang erbracht werden. Beide haben die Situation nicht verschuldet, aber wer trägt die Kosten für den Arbeitsausfall?

Hintergrund

Im Grundsatz gilt für alle Arbeitsverhältnisse: Ohne Arbeit kein Lohn. Muss also der/die Arbeitnehmer*in aufgrund der Quarantäne zu Hause bleiben und ist eine Arbeit im Home-Office nicht möglich, muss ihm der/die Arbeitgeber*in grundsätzlich keine Vergütung zahlen.

Von diesem Grundsatz sieht das Arbeitsrecht zugunsten der Arbeitnehmer*innen einige Ausnahmen vor, etwa bei Krankheit nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFSG). Dieser ist aber bei einer Quarantäneanordnung nicht anwendbar, wenn der/die Arbeitnehmer*in nicht aufgrund der Infektion und der damit einhergehenden Erkrankung für arbeitsunfähig erklärt wurde.

Außerhalb von Krankheit sieht das Gesetz in § 616 BGB nur bei unverschuldeten Verhinderungen von „verhältnismäßig nicht erheblicher Dauer“ das Fortbestehen des Vergütungsanspruchs vor. Kann also der/die Arbeitnehmer*in aus Gründen, die er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, für einen gewissen Zeitraum nicht arbeiten, erhält er dennoch seinen Lohn. Wann eine Verhinderung als erheblich anzusehen ist, ist im Einzelfall von verschiedenen Kriterien, etwa der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und der Art des Hindernisses, abhängig.

Lohnzahlung bei Quarantäne

Ob die in der Regel 14-tägige Quarantäne die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, wird unterschiedlich beurteilt. So hat der BGH in einer Entscheidung über eine Quarantäne von Salmonellen-Ausscheidern in Anlehnung an § 3 EFZG eine Dauer von 6 Wochen noch als unerheblich beurteilt. Das VG Bayreuth hat jedoch kürzlich für die Quarantäne von bloßen Kontaktpersonen eine Dauer von mehr als 4 Tagen als erheblich angesehen und dies damit begründet, dass auf den Zeitraum des § 3 EFZG mangels Krankheit nicht abgestellt werden könne (VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 05.05.2021 – B 7 K 21.210). Nach Auffassung des VG Bayreuth muss daher der/die Arbeitgeber*in im Falle einer Quarantäne von 5 Tagen oder mehr den Lohn für diesen Zeitraum nicht auszahlen.

Auch wenn man der Auffassung des VG Bayreuth folgt, muss der/die Arbeitnehmer*in im Falle einer behördlich angeordneten Quarantäne dennoch nicht auf sein/ihr Gehalt verzichten: § 56 Abs. 1 S. 1 IfSG gewährt Arbeitnehmer*innen, die aufgrund einer behördlichen Anordnung nicht ihrer beruflichen Tätigkeit nachkommen können und daher keinen Lohn erhalten, eine Entschädigung. Diese zahlt der/ die Arbeitgeber*in aus, kann aber nach § 56 Abs. 5 IfSG bei der zuständigen Behörde eine Erstattung des gesamten ausgezahlten Betrages beantragen.

Fazit

Für den/die Arbeitnehmer*in ergeben sich aus den beiden unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen keine Unterschiede, er erhält in jedem Fall für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen das volle Gehalt. Der/die Arbeitnehmer*in hingegen kann nach § 56 Abs. 5 IfSG nur dann bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Erstattung stellen, wenn die 14 Tage als verhältnismäßig erheblich angesehen werden.

In der behördlichen Praxis wird zumeist unter Berufung auf das BGH-Urteil zu Salmonellen der Ausfall als verhältnismäßig unerheblich angesehen und den Arbeitgebern die Erstattung der Verdienstausfallentschädigung verweigert. Das Urteil des VG Bayreuth ist ein erster Schritt dazu, dass nicht die Arbeitgeber die Kosten für die behördliche Quarantäneanordnung tragen müssen.

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