Berufsunfähigkeit: Arglistanfechtung - nach zehn Jahren aufatmen?

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In dem zugrunde liegenden Berufsunfähigkeitsfall hatte der BGH über die Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung eines verstorbenen Ehemanns zu befinden, dessen Ehefrau und Alleinerbin Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) sodann geltend machte. Zugunsten des Verstorbenen wurde über den Arbeitgeber eine Lebensversicherung als Gruppenversicherung abgeschlossen und um den Baustein BUZ am 01.03.2002 erweitert.

Abschluss der BUZ im März 2002

Im Rahmen der BUZ-Erweiterung führte der Versicherer eine Risikoprüfung durch. Der Ehemann beantwortete dabei – in Kenntnis seiner Parkinson-Krankheit – alle Gesundheitsfragen mit Nein.

Ab August 2008 war der Ehemann – infolge eines Gehirntumors und seiner fortschreitenden Parkinson-Erkrankung – bis zu seinem Tod im August 2013 berufsunfähig. Im Januar 2012 machte er bei seinem Berufsunfähigkeitsversicherer erstmals Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, wobei er erstmalig angab, seit 1990 an Morbus Parkinson und seit Juli 2008 an einem Gehirntumor erkrankt zu sein.

Anfechtung des Versicherers im Juli 2012

Im Juli 2012 hatte der Versicherer seine Vertragserklärung zum Abschluss der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen arglistiger Täuschung angefochten und lehnte damit die Ansprüche des Versicherten – des verstorbenen Ehemannes – in der Lebensversicherung ab.

Die Ehefrau trug vor, dass der Ehemann nicht arglistig getäuscht habe. Ebenfalls hielt sie die Anfechtungserklärung des Versicherers für verspätet. Das LG und das OLG Stuttgart hielten die Anfechtungserklärung des Versicherers für rechtzeitig, obwohl zehn Jahre bereits überschritten wurden.

Der BGH folgte den Instanzen nicht

„Die in § 21 Abs. 3 VVG getroffene Fristenregelung für die Wahrnehmung der Rechte des Versicherers aus § 19 Abs. 2 – 4 VVG ist auf die für die Arglistanfechtung geltende Zehn-Jahres-Frist des § 124 Abs. 3 BGB und die Rechtsfolgen ihrer Versäumnis ohne Einfluss.“ (BGH, Urteil vom 25.11.2015 – IV ZR 277/14)

Der BGH hat mit seinem jüngsten Urteil bestätigt, dass die Zehn-Jahres-Frist für das Anfechtungsrecht – Gestaltungsrecht – des Versicherers gilt, denn dieses folge – vereinfacht dargestellt – dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzessystematik sowie der Entstehungsgeschichte des VVG (§ 19 ff. VVG) im Zusammenspiel mit dem BGB (§ 123 f. BGB).

Aus diesem Grunde gilt: nach 10 Jahren ist Schluss!

Es kommt nicht selten vor, dass Versicherer Leistungsanträge von Versicherungsnehmern mit der Argumentation ablehnen, der Versicherungsnehmer hätte den Versicherer arglistig getäuscht. Vor diesem Hintergrund ist zu empfehlen, die Entscheidung des Versicherers stets juristisch überprüfen zu lassen.

Beweislast für Arglist: beim Versicherer!

Nicht zu vergessen ist, dass die Beweislast für ein arglistiges Handeln des Versicherungsnehmers beim Versicherer liegt. Vor diesem Hintergrund ist der Arglisteinwand des Versicherers ein sehr „scharfes Schwert“ und ein eklatanter Vorwurf, der erst einmal bewiesen werden muss.

Für den Makler gilt also ebenfalls: nach 10 Jahren aufatmen, denn dann kann der Vertrag mit einer Arglistanfechtung nicht mehr zu Fall gebracht werden. Sodann besteht Rechtssicherheit, auch wenn der Versicherungsnehmer später selbst angibt, zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits krank gewesen zu sein, ohne dieses bei den Gesundheitsfragen angegeben zu haben.

Sollten auch Sie Unterstützung im Berufsunfähigkeitsverfahren benötigen, gleich ob Sie Hilfe beim Leistungsantrag brauchen oder der Versicherer sogar Ihren Antrag bereits abgelehnt hat, so nehmen Sie gern Kontakt mit unserer Kanzlei auf. Wir unterstützen Sie und machen Ihre Ansprüche geltend. Wir sind auf Ihrer Seite!

Um die Hürden für den Versicherungsnehmer nicht zu groß werden zu lassen, sollte bereits frühzeitig ein Versicherungsspezialist konsultiert werden. Hierbei stehe ich als Rechtsanwalt den Versicherungsnehmern und Versicherungsvermittlern gerne persönlich zur Verfügung.

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB



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