Beschluss der Eigentümerversammlung bei Stimmrechtsmissbrauch anfechten - LG Frankfurt/Oder; AG Cottbus

  • 4 Minuten Lesezeit

Kann der Mehrheitseigentümer nach freien Gutdünken „seine Beschlüsse“ durchsetzen?

Das Landgericht Frankfurt/Oder hatte mit Urteil vom 13.04.2015 bzw. im Rahmen einer Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichtes Cottbus sich damit auseinanderzusetzen.

Hintergrund war ein Streit zwischen einem Mehrheitseigentümer und einem Minderheitseigentümer in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Beide Parteien hatten Eigentumswohnungen in einer Wohnungseigentumsanlage – die eine Seite 80 Wohneinheiten, die andere nur 32 Wohnungen.

Der Streit entzündete sich an der Frage der Veräußerung des Wohnungseigentums. So enthielt die Teilungserklärung einen Passus, wonach der Verwalter die Zustimmung hierzu aus wichtigem Grund versagen konnte und listete weitere Bedingungen auf.

Der Mehrheitseigentümer hatte nun einen notariellen Kaufvertrag über seine Eigentumswohnungen geschlossen und betrieb die Bestellung eines Verwalters, der die Veräußerung genehmigen würde und zum anderen sollte die Veräußerungsbeschränkung fortfallen. In der Eigentümerversammlung wurde nun ein Verwalter bestellt, der aber aus dem gleichen Konzernverbund kam, wie der Mehrheitseigentümer. Weiterhin beschloss man in einer weiteren Eigentümerversammlung, dass die Veräußerungsbeschränkung aufgehoben und die konkrete Veräußerung genehmigt wird.

Der Minderheitseigentümer erhob gegen diese Beschlüsse Anfechtungsklagte vor dem Amtsgericht Cottbus, welche diesen teilweise statt gab, teilweise aber ablehnte. Im Rahmen der Berufung gegen die Urteile musste sich das dann zuständige Landgericht Frankfurt/Oder damit befassen.

Sowohl das Amtsgericht Cottbus, wie auch das Landgericht Frankfurt/Oder gaben der Beschlussanfechtung gegen den Tagesordnungspunkt (TOP) 4 „Bestellung eines WEG-Verwalters“ Recht, wiesen die Anfechtungsklagen im Übrigen aber zurück.

Die Anfechtungsklagen waren jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Hierbei kann es teilweise zu nicht mehr heilbaren Fehlern kommen bzw. ist m.E. immer Sorgfalt geboten. Im konkreten Fall waren insbesondere die korrekte Bezeichnung der Beklagten und die wirksame Zustellung offensichtlich strittig.

Bezüglich der einzelnen Rügen an der materiellen Wirksamkeit prüfte das Gericht genau.

Die Vorwürfe bzgl. formeller Mängel bei der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung waren offensichtlich doch nicht durchschlagend, da sie in zweiter Instanz nicht mehr erhoben wurden.

Der Beschluss zur Bestellung des Verwalters wurde vom Gericht mit dem Argument des Stimmrechtsmissbrauches verworfen. Denkbar wäre hier generell auch ein Stimmrechtsausschluss gewesen. Dieser greift aber nur in eng auszulegenden Ausnahmetatbeständen, die hier augenscheinlich nicht vorlagen. Der Wohnungseigentümer konnte daher hier noch an der Bestellung zum Verwalter mitwirken.

Das Gericht sah hier aber einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Der Mehrheitseigentümer hätte sein Stimmrecht bei der Verwalterbestellung nicht so ausüben dürfen. Ohne diese Stimmen wäre der (konzerneigene) Verwalter nicht bestellt worden. Somit war dieser Mangel auch kausal für die Beschlussfassung. Der Beschluss der Eigentümerversammlung war daher nicht nichtig, aber eben auf die Rüge im Rahmen der Anfechtungsklage aufzuheben.

Den Stimmrechtsmissbrauch sah man im Konkreten nicht darin, dass ein Eigentümer ggf. ein absolutes Stimmenübergewicht hat und damit gegen den Willen der anderen Eigentümer Beschlüsse fassen kann. Das Gericht forderte zusätzlich weitere Umstände, die im konkreten Fall die Entscheidung als missbräuchlich und nicht mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung vereinbar ansehen lassen.

Das Gericht setzte sich mit den Stimmen in der Literatur und Rechtsprechung konkret auseinander und sah den Missbrauch darin, dass der Verwalter aus dem Konzernverbund kam und letztlich durch die gleichen handelnden Personen vertreten wurde. Ein Interessengegensatz war hier offenkundig. Der Mehrheitseigentümer wollte seinen Verkauf schnell abwickeln, die anderen Eigentümer genau geprüft haben, ob die Voraussetzungen der Gemeinschaftsordnung vorlagen. Dies war durch einen Verwalter „aus dem Hause des Mehrheitseigentümers“ nicht zu erwarten.

Fazit:

Die Entscheidungen beider Gerichte dienen dem Schutz von Minderheitseigentümern und sind daher generell zu begrüßen. Allerdings ist dieser Schutz letztlich nicht unbegrenzt und konnte hier die konkrete Veräußerung nicht verhindern. Insofern sind aus unserer Sicht Formalien und deren Angreifbarkeit oder Einhaltung wichtig – damit kann die Klage bzw. Anfechtung stehen oder fallen.

Rechtsanwältin Krönert

Ihre Rechtsanwältin für Wohnungseigentumsrecht

www.rechtsanwalt-bk.de

Frau Rechtsanwältin Krönert hat den Kurs zur Erlangung des Titels Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht erfolgreich abgeschlossen, ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht im Deutschen Anwaltsverein und bearbeitet vertieft u.a. das Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht. Das WEG-Recht beschäftigt sich mit Fragen rund um das Wohnungseigentum bzw. die Eigentumswohnung, egal ob rechtliche Fragen zum Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum innerhalb der Eigentümergemeinschaft oder dem einzelnen Eigentümer zu klären sind, Streit mit dem Verwalter besteht, Beschlüsse der Eigentümerversammlung bzw. Beschlussanfechtung, egal ob Jahresabrechnung, Wohnungseigentumsverwaltung oder Anbau etwa eines Fahrstuhls oder Lifts für die Eigentumswohnung.

Die Kanzlei ist neben den Büros in Cottbus und Hoyerswerda bequem über das Internet erreichbar und ist dank moderner Kommunikationsmittel ein Besuch der Kanzlei nicht zwingend notwendig.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechts- und Fachanwältin Margit Bandmann

Beiträge zum Thema