Betriebliches Eingliederungsmanagement – DESHALB scheitern Arbeitgeber mit dem BEM (Tipps für Arbeitgeber)

  • 4 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Dr. Attila Fodor, Berlin.


Eine krankheitsbedingte Kündigung scheitert am betrieblichen Eingliederungsmanagement, wenn es (1.) komplett fehlt, wenn (2.) die Einladung zum BEM fehlt oder fehlerhaft ist, oder wenn (3.) das BEM-Verfahren fehlerhaft durchgeführt wurde. Ein am 15.12.2022 ergangenes Urteil des Bundesarbeitsgerichts konkretisiert nun die Gründe für ein fehlerhaftes BEM, die eine Kündigung wegen Krankheit zu Fall bringen können. Der Kündigungsexperte Anwalt Bredereck fasst relevante Aspekte des Urteils zusammen, gibt Arbeitgebern Tipps für ein gelungenes BEM und sagt, wie sie langzeit- und häufig erkrankten Mitarbeitern am besten kündigen können:


Zwar ging es in dem Urteil (Aktenzeichen: 2 AZR 162/22) um die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen. Dementsprechend betont das Bundesarbeitsgericht im Leitsatz, dass es auf ein ordnungsgemäßes BEM auch dann ankommt, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung vorliegt. Ein ordnungsgemäßes BEM ist aber genauso relevant bei der Kündigung von nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern.


In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitgeber ein BEM durchgeführt. Zur Einladung hatte er eine vorformulierte Datenschutzerklärung beigefügt, die der Arbeitnehmer nicht unterzeichnet hatte. In dem Urteil heißt es dazu: Nur weil der Arbeitnehmer einer Datenschutzerklärung des Arbeitgebers nicht zustimmt, bedeutet das nicht, dass der Arbeitgeber auf das BEM verzichten darf. Fehlt also die Zustimmung zur Datenschutzerklärung, muss der Arbeitgeber das zunächst hinnehmen und mit dem BEM fortfahren.


In einem gesonderten Gespräch muss der Arbeitgeber demnach seinem Mitarbeiter nun den Sinn und Zweck der Datenschutzerklärung nahebringen, um ihm die Bedenken gegen die Datenschutzerklärung zu nehmen. Mein Tipp: Dies sollte der Arbeitgeber hinreichend dokumentieren, um es notfalls vor Gericht darlegen und beweisen zu können.


Erst in einem zweiten Gespräch käme es dazu, dass die Verfahrensbeteiligten die konkreten Maßnahmen besprechen, mit denen die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Arbeitnehmers reduziert werden können. In diesem Zusammenhang geht es auch darum, welche Gesundheitsdaten des Arbeitnehmers dafür erforderlich sind und auf welche Weise etwaige Gesundheitsdaten rechtskonform zu erheben und zu verarbeiten sind.


Nur wenn der Arbeitnehmer, so das Bundesarbeitsgericht „nicht bereit gewesen wäre, am weiteren Klärungsprozess, beispielsweise durch Vorlage der möglicherweise je nach Lage des Einzelfalls erforderlichen Diagnosen und Arztberichte, konstruktiv mitzuwirken, wäre [der Arbeitgeber] zur Verfahrensbeendigung berechtigt gewesen.“ Unter diesen Voraussetzungen könnte der Arbeitgeber das BEM abbrechen und die Kündigung würde nicht am nicht ordnungsgemäß durchgeführten BEM scheitern. Der Abbruch des BEM wäre dann mit den Worten des Bundesarbeitsgerichts „kündigungsneutral“. 


Fachanwaltstipps für Arbeitgeber: Bedenken Sie beim BEM also folgendes:


1. Für eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung ist ein BEM erforderlich.


2. Das BEM ist kompliziert und anspruchsvoll. Alle Schritte des BEM sind fehleranfällig und werden vom Gericht überprüft. Selbst kleine Fehler beim BEM können zur Unwirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung führen.


3. Sofern der Arbeitnehmer das BEM nicht kategorisch, unmissverständlich und nachweisbar ablehnt, darf der Arbeitgeber auf das BEM-Verfahren nicht verzichten.


4. Das BEM ist aufwändig, kostet Ressourcen und dauert lange. Bei einer Langzeiterkrankung des Arbeitnehmers fällt das weniger ins Gewicht. Sind aber häufige Kurzzeiterkrankungen das Problem, kann ein BEM wegen der Dauer und des Aufwandes hohe Personalkosten verursachen, weil eine krankheitsbedingte Kündigung erst nach Abschluss des BEM-Verfahrens möglich ist.


Daraus folgt:


5. Prüfen Sie, ob ein anderer Kündigungsgrund in Frage kommt. Entscheiden Sie sich, falls möglich, vorzugsweise für eine verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigung. Vermeiden Sie nach Möglichkeit den Aufwand, die Kosten und die Risiken eines BEM und einer krankheitsbedingten Kündigung.


6. Außer bei Langzeiterkrankten, die voraussichtlich nicht wiederkehren, kann es besser sein, frühzeitig eine unwirksame, weil unbegründete, Kündigung auszusprechen und sich im Kündigungsschutzprozess möglichst früh auf eine Abfindung zu einigen. Die Abfindung, die Sie dort voraussichtlich zahlen müssen, ist möglicherweise geringer als die Folgekosten eines langen und ergebnisoffenen BEM. Hinzu kommt, dass Sie nach Abschluss des BEM und Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung ebenfalls mit dem Arbeitnehmer um eine Abfindung werden verhandeln müssen, die wegen der Risiken des BEM und der Risiken eines Prozessverlustes empfindlich hoch ausfallen könnte.


7. Regelmäßig gilt: Je schneller Sie eine Beendigungssituation durch Aufhebungsvertrag oder gerichtlich protokollierten Abfindungsvergleich abschließen können, desto besser und kostengünstiger für Sie als Arbeitgeber.


Wollen Sie einem Mitarbeiter wegen Krankheit kündigen? Brauchen Sie Hilfe bei der Ankündigung und Durchführung eines BEM?


Das Ersttelefonat dazu ist bei Fachanwalt Bredereck kostenlos und unverbindlich. Rufen Sie in seiner Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht an und vereinbaren Sie einen Telefontermin.


Bundesweite Vertretung

                                         

Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck vertritt seit mehr als 23 Jahren Arbeitgeber und Arbeitnehmer bundesweit bei Kündigungen, Abmahnungen und im Zusammenhang mit dem Abschluss von Aufhebungsverträgen und Abwicklungsvereinbarungen.


Wollen Sie mehr darüber erfahren, wie man richtig kündigt, abmahnt und Aufhebungsverträge abschließt? Wollen Sie mehr über das BEM erfahren?


Abonnieren Sie gerne den Fernsehanwalt-Kanal „Arbeitgeber Coaching“ von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck: Speziell für Arbeitgeber, Vorgesetzte und Personaler. Sie erhalten praxisrelevante Tipps und Hintergrundwissen zu aktuellen Themen aus dem Arbeitsrecht.


Informieren Sie sich über Arbeitgeber-Angebote seiner Fachanwaltskanzlei, beispielsweise: „Ideale Arbeitsverträge“, den richtigen Umgang mit dem Betriebsrat, und wie man richtig kündigt und abmahnt.


Mehr zum Arbeitsrecht erfahren Sie auf unserer Website.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Alexander Bredereck

Beiträge zum Thema