Betriebsrat auflösen – Amtsenthebung des Betriebsrats - vor Gericht erfolgreich

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Die Auflösung des Betriebsrats ist gerechtfertigt, wenn der Betriebsrat die Zusammenarbeit mit einem Vertreter des Arbeitgebers, hier Personalleiter, beharrlich verweigert; LAG Düsseldorf Urteil vom 23.06.2020, Aktenzeichen 14 TaBV 75/19.

Streitgegenstand sind im Besonderen folgende Auszüge aus einem Schreiben des Betriebsrats an den Arbeitgeber:

„Sehr geehrte …,

der Betriebsrat hat in seiner 18. ordentlichen Sitzung vom 20. September 2018 einstimmig beschlossen,“ die „Zusammenarbeit mit dem Herr B. I. (Pers. Leiter) zu beenden.

Begründung:

Kein Vertrauen und viele anliegen werden verzögert und nicht bearbeitet.

Mit freundlichen Grüßen

Betriebsratsvorsitzender“. Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2020, Aktenzeichen 14 TaBV 75/19, beck-online.de

Das LAG Düsseldorf erachtet die Auflösung des Betriebsrats aus folgenden Gründen als gerechtfertigt:

„Zur Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Arbeitsgericht zurecht eine grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG angenommen. Diese liegt in der nachhaltigen Weigerung des Betriebsrats, mit dem Personalleiter zusammenzuarbeiten, die bereits für sich genommen in Abwägung aller Umstände (einschließlich der vom Betriebsrat behaupteten Pflichtverletzungen des Personalleiters) die Auflösung rechtfertigt. Die weiteren Sachverhalte, die vom Arbeitsgericht als eigenständige Pflichtverletzungen angesehen wurden, verstärken jedenfalls die getroffene Wertung, dass die weitere Amtsausübung untragbar ist."

Betriebsrat greift in die Leitungsmacht des Arbeitgebers ein; solches Verhalten rechtfertigt grundsätzlich eine Auflösung des Betriebsrats, weil ein Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit besteht

„Durch die Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem Personalleiter hat der Betriebsrat gegen gesetzliche Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG verstoßen. Sein Verhalten verletzt das Verbot der vertrauensvollen Zusammenarbeit und stellt einen Eingriff in die Leitungsmacht dar. Dadurch hat der Betriebsrat auch den Arbeitsablauf sowie den Betriebsfrieden nach § 74 Abs. 2 S. 2 BetrVG gestört.

§ 2 Abs. 1 BetrVG bestimmt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenden Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes zusammenarbeiten sollen. Die Vorschrift enthält in Verbindung mit den §§ 74, 76 BetrVG die Magna Charta der Betriebsverfassung. Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs spiegelt wider, dass die Betriebsverfassung im Gegensatz zum Tarifvertragssystem von einem Kooperationsmodell ausgeht, also „primär auf dem Gedanken des Zusammenwirkens“ beruht…Es handelt sich bei der Bestimmung um eine unmittelbar verpflichtende Rechtsnorm und nicht um einen reinen Programmansatz.“ so das LAG Düsseldorf feststellend.

Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist laut LAG Düsseldorf

„Maßstab dafür, wie die Betriebsparteien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und auszuüben haben. Sie müssen dabei auch auf die Interessen der anderen Betriebspartei Rücksicht nehmen. Damit geht es letztlich um die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben auch im Rahmen der Betriebsverfassung…

Zusammenarbeit ist dabei mehr als ein Nebeneinander. 

Keine Seite darf gegen die andere arbeiten, um sie in ihrer Funktion innerhalb der Betriebsverfassung zu stören. Für den Arbeitgeber ist das durch § 78 BetrVG konkretisiert; für den Betriebsrat bestimmt § 77 Abs. 1 S. 2 BetrVG, dass er nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen darf…Zusammenarbeit verlangt aber mehr als nur Nichtstörung; sie bedeutet vielmehr für den Arbeitgeber, dass er die gesetzlich geschaffene Einwirkungsmöglichkeit des Betriebsrats auf seinen Rechtskreis anerkennt, wie umgekehrt der Betriebsrat bei der Verfolgung der Arbeitnehmerinteressen auf die Rechte und Rechtsgüter des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen hat. Jedes mutwillige, widersprüchliche, provozierende oder gar rechtsmissbräuchliche Verhalten ist zu vermeiden.

Der Betriebsrat darf nicht in die Betriebsleitung eingreifen, § 77 Abs. 1 S. 2 BetrVG.

Die Leitung des Betriebs obliegt allein dem Arbeitgeber. Die sogenannte „Exekutive“ im Betrieb ist also Angelegenheit des Arbeitgebers. Das gilt sowohl für Entscheidungen, die er kraft Direktionsrechts oder Arbeitsvertrags ohne Beteiligung des Betriebsrats trifft oder treffen kann, als auch für beteiligungspflichtige Maßnahmen oder Maßnahmen, die auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats begründen keinerlei Exekutivbefugnisse. Auch wenn der Arbeitgeber bestehende Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats missachtet, darf dieser keine einseitigen Anordnungen treffen. Er ist vielmehr zur Wahrung seiner Rechte auf den Rechtsweg verwiesen. In Eilfällen kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht. Außerdem stehen dem Betriebsrat die Sanktionsmöglichkeiten der §§ 23 Abs. 3, 98 Abs. 5, 101, 104 BetrVG zur Verfügung…Der unberechtigte Eingriff in die Betriebsleitung bedeutet Verletzung der Amtspflichten. Bei einem groben Verstoß kann der Betriebsrat auf Antrag durch Beschluss des Arbeitsgerichts aufgelöst, ein Betriebsratsmitglied seines Amtes enthoben werden.“

Kein Anspruch des Betriebsrats, die außerbetriebliche Öffentlichkeit über Betriebsratsinterna zu unterrichten

„Die Verbreitung von wahrheitswidrigen oder ehrverletzenden Behauptungen über den anderen Betriebspartner kann den Betriebsfrieden ebenso beeinträchtigen wie die zielgerichtete Einbindung von Dritten oder der Öffentlichkeit in den Konflikt. Es gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben von Betriebsratsmitgliedern, die außerbetriebliche Öffentlichkeit über Betriebsratsinterna zu unterrichten. Weder aus den in Einzelbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes geregelten besonderen Aufgaben und Befugnissen des Betriebsrats noch insbesondere aus der Aufzählung seiner allgemeinen Aufgaben in § 80 Abs. 1 BetrVG noch aus der Generalklausel über die vertrauensvolle Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) ergibt sich eine Befugnis von Betriebsratsmitgliedern, von sich aus die außerbetriebliche Öffentlichkeit über innerbetriebliche Vorgänge zu unterrichten.“

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