BGH zur Eigentumswohnung: WEG darf die gesamten Kosten für Reparaturen auch Einzelnen auferlegen

  • 4 Minuten Lesezeit

Bei Wohnungseigentumsgemeinschaften entsteht oft die Lage, dass sog. Instandhaltungsmaßnahmen (Reparaturen, Verbesserungen), zwar das Gemeinschaftseigentum betreffen (z.B. Fenster, Balkone, Garagen), jedoch nur einer oder eine Gruppe von Eigentümern davon den Nutzen haben und betroffen sind. 

Wie sind dann die Kosten für Maßnahmen für Reparaturen oder nötige Änderungen, zu verteilen? 

Das neue Wohnungseigentumsgesetz (WEG) vom 01.12.2020 hat vieles geändert, was vorher galt.  Es waren und sind allerdings noch immer viele Rechtsfragen  offen und müssen nach und nach von der Rechtsprechung geklärt werden.

Eine solche Grundsatzentscheidung zu einer äußerst praxisrelevanten Frage hat der BGH (Bundesgerichtshof) nun am 22. März 2024 ein einem maßgeblichen Urteil geklärt und entschieden. 


Reparaturmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, welche nur einzelnen Eigentümern einen Vorteil oder Nutzen bringen


Es lagen zwei Streits zugrunde, die eine typische Lage vieler Praxisfälle abbilden, wie die Rechtsanwältin Iris Schuback aus ihrer laufenden Beratungspraxis weiß. 


In einem Fall, den der BGH entschieden hat, mussten in einer Dachgeschosswohnung Fenster ausgetauscht werden, in einem anderen Fall mussten Reparaturen an einer Doppelparker-Anlage (2 PKWs übereinander parken zu können) in der Garage, durchgeführt werden. 

Die Gemeinschaften hatten jeweils durch Beschluss die Kosten der Reparaturen bzw. Instandhaltungsmaßnahmen den Miteigentümern auferlegt, die direkt davon betroffen waren: so in dem einen Fall dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung die gesamten Fensteraustauschkosten allein. In den Vorinstanzen verloren die betroffenen Eigentümer dieser Maßnahmen und Wohnungen, die gegen die Beschlüsse ihrer Gemeinschaft klagten, wo sie das Argument vertraten, dass das Gemeinschaftseigentum betroffen sei, daher der Beschluss rechtswidrig gewesen sei, weil die Kosten auf die Gemeinschaft gesamt und damit einzelnen nach den Anteilen, aufzuerlegen seien. Das hat der BGH nun grundlegend anders entschieden. 


Entscheidung BGH: Die Gemeinschaft darf die Kosten für eine Instandhaltung auch allein den betroffenen Eigentümern auferlegen, die den Nutzen daraus haben 


In seinem Urteil vom 22.03.2024 (Az V ZR 81/23 und V ZR 87/23) entschied der BGH, dass der Beschluss der Eigentümergemeinschaft,  dass die Kosten für die Reparaturen nur von denjenigen Eigentümern allein zu tragen sind, die den Nutzen von der Maßnahme hatten, rechtmässig ist und nicht angefochten werden kann. 


Der BGH stellte dabei ab auf die neue Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Grundsätzlich sind nach § 16 Abs. 2 S. 1 WEG 2020, die Kosten von Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum auf alle Wohnungseigentümer nach dem entsprechenden Miteigentumsanteil zu verteilen. Allerdings kann nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG die Gemeinschaft auch eine andere Kostenverteilung beschließen. Bisher war noch ungeklärt, ob die Eigentumsgemeinschaft auch beschließen kann, die Kosten für Reparaturen oder Instandhaltungen allein einzelnen Eigentümern aufzuerlegen. 


Dies ist nach der neuen Grundsatzentscheidung des BGH vom 22.03.2024 der Fall:


Kostenverteilung auf einzelne Eigentümer, die den Nutzen haben, entspricht  dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 19 WEG) 


Der BGH bejahte auch die Prüfung aus dem neuen § 19 WEG, der Vorgabe bei Beschlüssen, dass diese dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen müssen: 


Der Gemeinschaft steht ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung über die Kostenverteilungen von Maßnahmen zu. Durch § 16 Abs. 2 S. 2 WEG hat die Gemeinschaft den Spielraum, die Kosten auch anders als gesetzlich vorgesehen auf alle gleichmässig zu verteilen oder nach den zuvor getroffenen Vereinbarungen, sondern kann es davon abweichend auch einzelnen Eigentümern allein aufzuerlegen. 


Dies ist gegenüber dem früheren WEG-Gesetz neu. 


Die Gemeinschaft darf nach dem BGH bei einer Änderung des Kostenverteilungsmassstabs für einzelne Instandhaltungsmaßnahmen jeden vernünftigen Verteilungsschlüssel anwenden, der den Interessen der Gemeinschaft angemessen ist, und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Daher darf die Gemeinschaft eben berücksichtigen, wer von den Maßnahmen profitiert. 


Nach dem BGH war der hier getroffene Maßstab rechtmässig, und die Beschlüsse weder nichtig, noch anfechtbar.

Denn von den Instandhaltungsmaßnahmen profitierten in den beiden Fällen nur die betroffenen Eigentümer: in dem einen Fall der Eigentümer der Dachgeschoßwohnung, dessen Fenster ausgetauscht wurden, weil nur er die Gebrauchsmöglichkeit für diese Fenster hatte, obgleich Fenster grundsätzlich im Gemeinschaftseigentum stehen, in dem anderen Fall die Eigentümer, denen die Doppelparker-Anlage zugewiesen war, obgleich die Tiefgarage im Gemeinschaftseigentum steht. Ebenso ist es nach dem BGH gestattet, solche Kostenbeschlüsse für einzelne Maßnahmen jeweils zu treffen, ohne die Kostenverteilung für künftige ähnliche Fälle zu ändern. 


Ausblick: Was bedeutet diese Entscheidung nun für alle Wohnungseigentümer?  


Diese neue Grundsatzentscheidung hat eine wichtige, durch das neue WEG-Gesetz entstandene, Praxisfrage geklärt. Künftig müssen daher Wohnungseigentümer grundsätzlich damit rechnen, dass für Reparaturen oder Instandhaltungen des Gemeinschaftseigentums, die sie allein oder eine Teilgruppe nur betreffen bei der Nutzung, wie z.B. bei Fenstern, Balkonen etc., sie die Kosten allein werden tragen müssen, und nicht die Gemeinschaft im Ganzen mit kostenanteiliger Umlegung. Streitig und anzufechten werden künftig mithin dann die Fragen, ob die Instandhaltungsmaßnahme nur einzelnen Eigentümern, oder der Gemeinschaft gesamt, dient, und ob die Verteilung der Nutzungsvorteile eine Benachteiligung entweder der Gemeinschaft oder des Einzelnen, sonst ist. 


Stand des Artikels: 23.03.2024

Rechtsanwältin Iris Schuback aus Hamburg


Disclaimer: Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung des Einzelfalls wird durch diesen Beitrag nicht ersetzt. Wenn auch Sie Einschätzung, Beratung und Vertretung Ihres konkreten Einzelfalles benötigen (keine Rechtsschutzversicherungen), wenden Sie sich gern an uns mit Ihrer Beratungsanfrage via Nachricht-Modul oder an kanzlei@kanzlei-schuback.de oder vereinbaren einen persönlichen Beratungstermin unter der Kanzleitelefonnummer.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Iris Schuback

Beiträge zum Thema