Cannabis am Arbeitsplatz: Neue Freiheiten oder Kündigungsgrund?

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Mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland seit dem 1. April 2024 hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen. Das neue Cannabisgesetz (CanG) erlaubt den Besitz von bis zu 25 Gramm für den persönlichen Gebrauch und bis zu 50 Gramm pro Person im privaten Bereich, inklusive des Anbaus von bis zu drei Cannabis-Pflanzen. Diese Reform wirft wichtige Fragen auch bezüglich der Regeln für einen Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz auf.

Der rechtliche Standpunkt

Mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat sich zwar die gesetzliche Grundlage für den Konsum dieser Substanz geändert, doch die Notwendigkeit, am Arbeitsplatz auf den Gebrauch von Cannabis zu verzichten, bleibt unverändert bestehen. Diese Anforderung spiegelt die bestehenden Regelungen zum Alkoholkonsum am Arbeitsplatz wider: Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, eine klare und unbeeinträchtigte Arbeitsleistung zu erbringen. Diese Verpflichtung umfasst implizit das Verbot des Konsums jeglicher Substanzen, die die kognitive und physische Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit negativ beeinflussen könnten.

Was bedeutet dieses konkret?

Konkret bedeutet dies, dass Arbeitnehmer, die sich während der Arbeitszeit dem Konsum von Cannabis hingeben, nicht nur ihre eigene Sicherheit und die ihrer Kollegen gefährden könnten, sondern auch das Risiko eingehen, die Qualität ihrer Arbeit zu mindern. Dies kann weitreichende Folgen haben, angefangen bei einer reduzierten Produktivität bis hin zu potenziellen Sicherheitsrisiken, je nach Art der Tätigkeit. In Berufsfeldern, in denen Präzision und schnelle Reaktionsfähigkeit gefordert sind – wie etwa in der Fertigung, im Transportwesen oder im Gesundheitssektor – kann der Einfluss von Cannabis auf die Aufmerksamkeit und Koordination zu ernsthaften Unfällen und Fehlern führen.

Was darf der Arbeitgeber?

Arbeitgeber haben das Recht und die Pflicht, eine sichere Arbeitsumgebung zu gewährleisten. Verstöße gegen die klaren Vorgaben bezüglich des Cannabiskonsums am Arbeitsplatz können daher ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich Abmahnungen oder im schlimmsten Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Toleranzschwelle für derartige Verstöße ist typischerweise sehr gering, da die Risiken für die Sicherheit und Effektivität des Arbeitsplatzes hoch sind.

Was sollte der Arbeitgeber jetzt tun?

Arbeitgeber sollten ihre Arbeitsplatzrichtlinien überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um klare Regelungen zum Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz festzulegen. Diese Richtlinien sollten sowohl die Legalität des Konsums außerhalb der Arbeitszeit als auch das Verbot des Konsums während der Arbeitszeit berücksichtigen.  Es brauchtklare Regeln, wie mit Verstößen gegen die Cannabis-Richtlinien umgegangen wird, einschließlich der Dokumentation von Auffälligkeiten und dem Prozess der Konfliktlösung.

Unternehmen sollten einen offenen Dialog über den Cannabis-Konsum und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und -sicherheit fördern. Schulungsprogramme können dabei helfen, das Bewusstsein und Verständnis für einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu schärfen.

Insbesondere im Falle von medizinischem Cannabisgebrauch ist es wichtig, individuelle Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen des betroffenen Mitarbeiters gerecht werden, ohne die Arbeitsplatzsicherheit zu kompromittieren.

Ist ein Drogentest erlaubt?

Die Möglichkeiten des Arbeitgebers, auf den Cannabis-Konsum seiner Mitarbeiter zu reagieren, sind begrenzt. Drogentests oder eine direkte Überweisung zum Betriebsarzt bei auffälligem Verhalten sind nicht zulässig. Allerdings kann der Arbeitgeber Auffälligkeiten wie Orientierungslosigkeit oder lallende Aussprache dokumentieren und darauf basierend handeln. Letztlich hat der Arbeitsschutz Vorrang: Mitarbeiter, die unter dem Einfluss von Cannabis stehen, können nach Hause geschickt werden.

Darf "Keine Kiffer" als Unternehmenspolitik gelten?

Ein umfassendes Verbot des Cannabis-Konsums, das sich auch auf die Freizeit der Mitarbeiter erstreckt, ist aus rechtlicher Sicht nicht zu rechtfertigen. Dies liegt vor allem daran, dass die kürzlich erfolgte Legalisierung von Cannabis in Deutschland universell gilt und somit alle volljährigen Bürger des Landes einschließt. Angesichts dieser neuen gesetzlichen Lage haben Arbeitgeber keine rechtliche Handhabe, den privaten Cannabis-Konsum ihrer Angestellten zu untersagen oder gar zu regulieren.

Rechtstipp

Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland stellt Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor neue Herausforderungen. Durch die Entwicklung von klaren, fairen und transparenten Richtlinien kann ein sicherer und produktiver Arbeitsplatz gewährleistet werden, der sowohl die Rechte der Mitarbeiter respektiert als auch den Erfordernissen des Unternehmens gerecht wird. Bei Unklarheiten sollte immer ein Rechtsrat eingeholt werden.

Wie können wir helfen?

Die Kanzlei Mutschke ist in Deutschland als eine der führenden Kanzleien im Bereich des Arbeitsrechts tätig. Kontaktieren Sie uns, gerne helfen wir auch Ihnen!

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Foto(s): pixabay

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