Coaching Vertrag nichtig / Widerruf!?

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Es gibt diverse Coaching Anbieter und darunter - nach unserer Beobachtung - seriöse und weniger seriöse. Jedenfalls häufen sich die Fälle, in denen Kunden (B2B + B2C) von Coaches* sich, aus verschiedenen Gründen, von Ihren Verträgen lösen möchten - gerade auch weil die Vertragsanbahnung öfter unter erheblichem Verkaufsdruck erfolgt und diverse Versprechungen gemacht werden, die nicht immer eingehalten werden, und die Vergütungen regelmäßig ordentlich 5-stellig bis 6-stellig sind. Die dahinterstehenden rechtlichen Problematiken und die sich bietenden Möglichkeiten wollen wir hier näher beleuchten. 

Was ist ein Coaching Vertrag?

Ein Coaching Vertrag ist ein Vertrag zwischen einem Coach und einem Klienten, der die Ziele, den Umfang, die Dauer und die Kosten des Coachings festlegen sollte. Ein Coaching Vertrag kann grundsätzlich schriftlich oder mündlich geschlossen werden, muss aber bestimmte gesetzliche Anforderungen erfüllen, um gültig zu sein.

Welche Coaching-Anbieter gibt es?

Es gibt natürlich sehr viele Coaches und Listen dazu, hier nur exemplarisch einige bekannte Anbieter:

Dirk Kreuter, Jürgen Höller, Hermann Scherer, Andreas und Markus Baulig, Greator, Gedankentanken, Laura Seiler, Tobias Beck, Dr. Stefan Frädrich, Thomas Klußmann, Christian Bischoff, Calvin Hollywood, Veit Lindau, Robert Betz, Bodo Schäfer, Alex Fischer, Matthias Aumann, Said Shiripour, Marc Galal, Wolfgang Sonnenburg, Steffen Kirchner, Felix Thönnessen, Anchu Kögl, Alexander Christiani, Monika Matschnig, Roger Rankel, Andrea Morgenstern, Antje Heimsoeth, Matthias Niggehoff, Matthias Pöhm, Daniela Ben Said, Marc Gassert, Katja Porsch…

Abwicklung mittels CopeCart u.a.

Oftmals werden die Verträge mittels digitaler Dienste wie CopeCart oder Digistore24 geschlossen.

Welche gesetzlichen Anforderungen gelten für Coaching Verträge?

Coaching Verträge unterliegen grundsätzlich dem ganz normalen Vertragsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das die allgemeinen Regeln für Willenserklärungen und Verträge enthält.

Es bestehen also die „normalen“ Möglichkeiten des Rücktritts bei Mangelhaftigkeit oder der Kündigung (außerordentlich bei wichtigem Grund) und vor allem auch der Anfechtung der Willenserklärungen, sei es wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung aber auch der Nichtigkeit bei Sittenwidrigkeit. Auch ein Widerrufsrechtkann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bestehen. 

Im Einzelnen:

Widerrufsrecht

Verbrauchern steht bei Fernabsatzverträgen, wenn der Coaching Vertrag also etwa online geschlossen wird, oder wenn er unter das Haustürwiderrufsrecht fällt, ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu, über das ordentlich zu belehren ist (fehlt es an der Widerrufsbelehrung, besteht das Recht zur Kündigung bis zu 1 Jahr + 14 Tage!).

Wann und wie können Sie ein Coaching Vertrag widerrufen?

Wenn Sie einen Coaching Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Coaches oder über das Internet, Telefon oder andere Fernkommunikationsmittel abgeschlossen haben, haben Sie in der Regel ein Widerrufsrecht. Das bedeutet, dass Sie innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurücktreten können. Dies gilt auch, wenn Sie bereits eine Anzahlung geleistet oder mit dem Coaching begonnen haben.

Um einen Coaching Vertrag zu widerrufen, müssen Sie dem Coach eine eindeutige Erklärung über Ihren Entschluss zukommen lassen. Dies kann schriftlich per Brief, E-Mail oder Fax oder mündlich per Telefon oder persönlich erfolgen. Sie können dafür ein Muster-Widerrufsformular verwenden, das Ihnen der Coach zur Verfügung stellen muss, oder Ihre eigene Formulierung wählen. Wichtig ist, dass Sie den Widerruf innerhalb der jeweiligen Frist absenden oder übermitteln.

Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)

Darüber hinaus können Coaching Verträge auch dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) unterliegen, wenn das Coaching als Fernunterricht oder Fernstudium angesehen werden kann. Das FernUSG soll Kunden - nach der umstrittenen Rechtsprechung etwa des OLG Celle, Az. 3 U 85/22 oder  LG Nürnberg-Fürth, Az. 13 O 2839/23. an der Stelle egal, ob Unternehmer (B2B) oder Verbraucher (B2C) - vor unseriösen oder überteuerten Angeboten im Bereich des Lernens auf Distanz schützen. 

Das FernUSG gilt grds. für Verträge, die folgende Merkmale aufweisen:

  • Der Coach verpflichtet sich, dem Klienten ein bestimmtes Wissen oder eine bestimmte Fähigkeit zu vermitteln.
  • Der Coach erbringt seine Leistung überwiegend durch Fernkommunikationsmittel, wie z.B. Internet, Telefon, E-Mail, Post oder Audio- oder Videomaterial.
  • Der Klient zahlt für die Leistung des Coaches ein Entgelt.

Wenn ein Coaching Vertrag dem FernUSG unterliegt, muss er zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen des BGB auch folgende Angaben enthalten:

  • Die genaue Bezeichnung und Beschreibung des Lernziels und des Lernstoffs.
  • Die voraussichtliche Dauer des Coachings und die Anzahl der erforderlichen Lerneinheiten.
  • Die Qualifikation und Erfahrung des Coaches (Zulassung!)
  • Die Art und Weise der Betreuung und Unterstützung des Klienten durch den Coach.
  • Die Höhe und die Zahlungsmodalitäten des Entgelts.
  • Die Bedingungen für eine Kündigung oder einen Widerruf des Vertrags.
  • Die Rechte und Pflichten des Klienten, insbesondere hinsichtlich der Lernkontrollen und Prüfungen.

Gerade die hiernach erforderliche Zulassung weisen die wenigsten Coaches auf, mit der Folge, dass der Coaching Vertrag deswegen nichtig sein kann.

Wie wirkt sich das FernUSG auf das Widerrufsrecht bei Coaching-Verträgen aus?

Wenn Ihr Coaching Vertrag dem FernUSG unterliegt, haben Sie ein besonderes Widerrufsrecht, das von dem allgemeinen Widerrufsrecht abweicht. Das besondere Widerrufsrecht nach dem FernUSG hat folgende Besonderheiten:

  • Die Widerrufsfrist beträgt nicht 14 Tage, sondern 1 Monat.
  • Die Widerrufsfrist beginnt nicht mit dem Vertragsschluss, sondern mit dem Erhalt der ersten Lernmaterialien.
  • Wenn Sie den Vertrag widerrufen, müssen Sie die erhaltenen Lernmaterialien unverzüglich an den Coach zurücksenden.
  • Der Coach muss Ihnen das gezahlte Entgelt und die Kosten für die Rücksendung der Lernmaterialien erstatten.

Wie können Sie einen Coaching Vertrag noch beenden?

Rücktritt

Ein Rücktritt vom Coaching-Vertrag ist denkbar, wenn die vertragsgegenständliche Leistung mangelhaft ist, also nicht dem Versprochenen entspricht, wenn tatsächlich nicht das umfasst ist, was vorher angeboten wurde.

Kündigung

Außerordentliche Kündigung des Coaching-Vertrages möglich, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt, etwa wenn der Coach gegen seine Pflichten verstößt. Wann dies genau der Fall ist, ist im Lichte der Rechtsprechung kleinteilig zu beleuchten.  

Anfechtung

Es kann eine Anfechtungsmöglichkeit gemäß §§ 119 ff BGB wegen Irrtums beim Vertragsschluss oder gemäß § 121 BGB bei arglistiger Täuschung, etwa wenn 1:1 Coachings offeriert werden, tatsächlich aber nur Gruppencoachings oder gar digitale Videos zum Abruf gegeben sein. Hier laufen unterschiedliche Fristen, die zu unbedingt zu beachten sind!

Nichtigkeit des Coaching-Vertrages?

Wenn der Coaching-Vertrag unter das FernUSG fällt und der Coach nicht von der zuständigen Stelle gemäß § 12 FernUSG zugelassen ist, kann der Coaching-Vertrag gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig sein. Dies ist ein in der Rechtsprechung aktuell sehr umstrittener Punkt.

Sittenwidrigkeit 

Die Coaching-Verträge können auch wegen Wucher gemäß § 138 BGB nichtig sein, wenn Leistung und Gegenleistung in einem krassen Missverhältnis stehen. Auch hierzu gibt es dezidierte Rechtsprechung, etwa das Urteil des LG Stade bzgl. Copecart vom 18.08.21, Az. 3 O 5/22.


Bei Fragen melden Sie sich gerne - wir können helfen!


* Wir haben diesen Artikel aus Gründen der Lesbarkeit nicht gegendert - es sind selbstverständlich immer m/w/d gemeint.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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