Corona-Ende: Wohnungseigentümerversammlungen wieder Pflicht

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1. Versammlungen wieder zulässig – aber auch verpflichtend?

Im Zuge der Lockerungen der bisherigen Corona-Einschränkungen werden Wohnungseigentümerversammlungen ab 01. Juli 2020 in aller Regel wieder zulässig sein. Darauf macht Rechtsanwalt Anton Bernhard Hilbert aufmerksam. Die Frage ist, ob der Verwalter zur Einberufung und Durchführung der Versammlung noch im Jahr 2020 verpflichtet ist.

2. Rechtslage bis zum 30 Juni 2020

Waren zunächst Versammlungen vollständig verboten, hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber ab Mitte Juni nur noch Versammlungen von mehr als 20 Personen verboten. Allerdings mussten ganz erhebliche Hygienemaßnahmen beachtet werden.

3. Situation ab 1. Juli 2020

Ab dem 1. Juli 2020 sind jetzt, nach der vierten Landes-Corona-Verordnung, Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern bis zum Ablauf des 31. August 2020 untersagt. Die strengen Hygieneauflagen (Abstand, Belüftung, Desinfektion, Zuweisung von Sitzplätzen) entfallen zum 1. Juli.

Damit sind die Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen jetzt wieder imstande, die Eigentümerversammlungen durchzuführen. 

Derartige Versammlungen finden üblicherweise im ersten Halbjahr statt. Das Wohnungseigentumsgesetz schreibt jedenfalls vor, einmal im Jahr eine Versammlung durchzuführen. 

3. Funktion der Eigentümerversammlung

Die Eigentümerversammlung ist das oberste Verwaltungs- und Beschlussorgan der Eigentümergemeinschaft. Hier werden nicht nur die Maßnahmen für das kommende Jahr beschlossen. Auch der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung, regelmäßig auch die Verwalterwahl, sind Gegenstand der Eigentümerversammlung.

Der Gesetzgeber hatte auf das Versammlungsverbot reagiert, indem der amtierende Verwalter im Amt bleibt, auch wenn seine Wahlperiode schon abgelaufen sein sollte. Ferner bleibt der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan in Kraft, sodass der Zahlungszufluss an den Verband gesichert ist.

4. Folgerungen für die Pflicht, im zweiten Halbjahr Versammlungen durchzuführen

Zwar bleiben diese gesetzlichen Ausnahmeregelungen zumindest bis auf weiteres bestehen. Allerdings wird der Verwalter sich auf diese Erleichterung nicht berufen und von der Eigentümerversammlung absehen können. 

Nachdem durch die Anhebung der Teilnehmerzahl auf bis zu 500 Personen die Durchführung von Versammlungen in aller Regel möglich sein wird, greift nach Auffassung von Rechtsanwalt Anton Bernhard Hilbert, Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht, Waldshut-Tiengen, die gesetzliche Verpflichtung wieder, reale Wohnungseigentümerversammlungen mit körperlicher Anwesenheit der Wohnungseigentümer durchzuführen. 

Für vermietende Wohnungseigentümer kann es von Bedeutung sein, ihren Mietern eine Abrechnung über die Betriebskosten präsentieren zu können, die durch Mehrheitsbeschluss auch genehmigt worden ist. In vielen Fällen stehen außer den Routinepunkten wie Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan auch wichtige Entscheidungen zu Reparaturen und Sanierungen an, die nicht aufgeschoben werden können.

5. Wenn der Verwalter nicht einberufen will

Wohnungseigentümer, die sicher gehen wollen, fordern die Verwaltung auf, die Durchführung einer Versammlung noch im zweiten Halbjahr 2020 zuzusichern – möglichst mit genauem Datum. 

Sollte diese Zusicherung nicht erfolgen, kann die Versammlung auch durch den Verwaltungsbeiratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter einberufen werden. Denn in diesem Fall weigert der Verwalter sich pflichtwidrig, eine Versammlung durchzuführen. 

Besteht kein Verwaltungsbeirat, kann jeder Wohnungseigentümer den Verwalter gerichtlich zwingen eine Versammlung einzuberufen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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