Der Allgemeine Gleichheitssatz in der Verfassungsbeschwerde
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„Alle Menschen sind gleich“ – ein geradezu fataler und grundfalscher Satz. Die Menschen sind natürlich nicht gleich, sondern höchst unterschiedlich und individuell. Das Grundgesetz fasst diese Aussage darum anders: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ (Art. 3 Abs. 1 GG)
Das Grundgesetz verlangt also vom Staat, das Recht auf alle Menschen in gleicher Weise anzuwenden, ohne dass es Unterschiede geben darf, welche Person man nun jeweils vor sich hat.
Absolute Gleichbehandlung gibt es nicht
Auch diese Forderung weist freilich gewisse Probleme auf:
- Soll ein Mindestlohnempfänger genau so hohe Steuern zahlen wie ein Millionär?
- Wer jemanden bei einem Autounfall verletzt wird behandelt wie ein brutaler Schläger?
- Jeder darf Arzt werden, ob er nun Medizin studiert hat oder nicht?
Das sind natürlich zugegebenermaßen absurde Beispiele. Es handelt sich jeweils um komplett unterschiedliche Sachverhalte, bei denen niemand auf die Idee käme, sie gleich zu behandeln.
Grundvoraussetzung: Vergleichbarkeit
Art. 3 Abs. 1 GG verlangt eben nicht, alle und alles gleich zu behandeln. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet den Staat nur dazu, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.
Wenn es sich um vergleichbare Sachverhalte handelt, dann dürfen diese nicht willkürlich unterschiedlich gehandhabt werden. Wenn zwei Situationen aber nicht vergleichbar sind, dann müssen sie nicht gleich entschieden werden.
Wer sich nicht mit Medizin auskennt, ist eben mit einem studierten Mediziner nicht vergleichbar und kann nicht verlangen, die gleichen Rechte und Chancen wie ein solcher zu bekommen.
Anwendungsbereich
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht nur für deutsche Staatsbürger, sondern für alle Menschen. Das bedeutet aber nicht, dass die Staatsangehörigkeit kein Unterscheidungskriterium sein dürfte, sofern sie von Bedeutung ist. Dies ist bspw. beim Wahlrecht der Fall, das (jedenfalls auf Landes- und Bundesebene) nur Inländern zusteht.
Obwohl Art. 3 Abs. 1 GG ausdrücklich von „Menschen“ spricht, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nach herrschender Meinung zumindest teilweise auch auf juristische Personen anwendbar. Diese werden jedenfalls gegen schlechthin willkürliche Entscheidungen geschützt. Die Details sind aber sehr strittig,
Gleichbehandlung bindet alle Staatsorgane
Eine kleine Unsicherheit wirft auch die Formulierung „vor dem Gesetz“ auf. Bei ganz exakter Auslegung würde dies bedeuten, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nur bei der Anwendung von Gesetzen durch die Exekutive (Regierung, Verwaltungsbehörden) und durch die Judikative (Gerichte) gilt.
Mittlerweile ist aber unumstritten, dass es auch einen Anspruch auf Gleichbehandlung „durch das Gesetz“ gibt, also die Legislative (Bundestag, Landtage) auch bei der Verabschiedung von Gesetzen von Artikel 3 GG gebunden werden. Ein Gesetz darf demnach keinen diskriminierenden Inhalt haben.
Keine Gleichbehandlung durch verschiedene Stellen
Wichtig ist auch, dass die Ungleichbehandlung immer nur gegenüber dem gleichen Hoheitsträger, also gegenüber der gleichen staatlichen Stelle gilt. Ein Bundesland oder eine Gemeinde verletzt den Gleichheitssatz also nicht deshalb, weil ein anderes Bundesland bzw. eine andere Gemeinde den gleichen Sachverhalt anders behandelt.
Ebenso hilft es nichts, ein Gerichtsurteil deswegen zu kritisieren, weil ein anderes Gericht in einer anderen, ähnlichen Sache anders entschieden hat. Insoweit wird es oft schon an der wirklich absolut identischen Tatsachengrundlage fehlen, jedenfalls gibt es aber keinen Anspruch auf identische Urteile durch unterschiedliche Richter.
Verfassungsbeschwerde: Bildung von Vergleichsgruppen
In der Verfassungsbeschwerde ist es darum die Aufgabe des Rechtsanwalts, zuerst festzustellen, wem gegenüber der Mandant ungleich behandelt wurde. Es muss sich eine Vergleichsgruppe finden lassen, die im Bezug auf die in Rede stehende staatliche Entscheidung weitgehend identisch ist. Dann muss man darlegen, dass andere Personen aus dieser Gruppe tatsächlich anders (und zwar vorteilhafter) behandelt werden als der Mandant.
Bei behördlichen Entscheidungen wird dies häufig schon deswegen schwer sein, weil man andere Entscheidungen der gleichen Behörde gar nicht mitbekommt oder jedenfalls nicht darlegen kann.
Praktische Bedeutung hat der Gleichbehandlungsgrundsatz daher vor allem beiVerfassungsbeschwerden gegen Gesetze. Hier lassen sich die objektiven gesetzlichen Regelung meist sehr gut darstellen, anschließend muss man dann begründen, warum es für die Ungleichbehandlung keine Rechtfertigung gibt.
Rechtsanwalt Hummel übernimmt Ihre Verfassungsbeschwerde
Rechtsanwalt Thomas Hummel ist auf Verfassungsbeschwerden spezialisiert und kann sich auch Ihren Fall (oder den eines verhafteten Freundes oder Bekannten) gerne anschauen.
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