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Deutsch als Grundvoraussetzung für den Gaststättenbetrieb?

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anwalt.de-Redaktion

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Den Wunsch, ein eigenes Lokal zu führen, kennen viele. Wer sich den Traum von einem eigenen Café, einem eigenen Restaurant oder einer eigenen Gaststätte aber tatsächlich erfüllen will, braucht nicht nur viel Mut, sondern muss auch einiges beachten. Gerade im Gaststättenbereich gibt es eine Vielzahl von rechtlichen Besonderheiten. So braucht man z. B. eine gewerberechtliche Gaststättenerlaubnis. Der Betrieb einer Gaststätte gehört nämlich zu den wenigen Gewerbearten, die man nicht nur beim Gewerbeamt anzeigen muss (erlaubnisfreies Gewerbe), sondern für das man eine gesonderte Genehmigung braucht. Der Betrieb einer Gaststätte ist deshalb ein erlaubnispflichtiges Gewerbe, das man nur betreiben darf, wenn man die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

Bedeutung der Zuverlässigkeit im Gewerberecht 

Die Zuverlässigkeit ist einer der zentralen Rechtsbegriffe im deutschen Wirtschaftsverwaltungsrecht. Mit der Zuverlässigkeit wird die charakterliche Eignung einer Person beschrieben, die erforderlich ist, um ein Gewerbe zu betreiben. Fehlt diese charakterliche Eignung, gilt die Person als unzuverlässig und darf ihr Gewerbe nicht weiter betreiben. Erfüllt also ein Gewerbetreibender die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit nicht oder nicht mehr, wird ihm deshalb der Betrieb des Gewerbes untersagt oder die Gewerbeerlaubnis entzogen. Die genaue rechtliche Ausgestaltung des Verbots hängt von der Art des Gewerbes ab.

Erlaubnisfreie Gewerbe werden von der zuständigen Behörde untersagt. Bei einem erlaubnispflichtigen Gewerbe muss die Behörde die Zuverlässigkeit von Amts wegen prüfen. Ist die Person, die den Antrag auf Erteilung der Gewerbeerlaubnis gestellt hat, von Anfang an unzuverlässig, wird die Erlaubnis gar nicht erst erteilt. Stellt sich die Unzuverlässigkeit erst später heraus, wird die Erlaubnis zum Betrieb des Gewerbes widerrufen. Die Folgen der Unzuverlässigkeit sind aber in beiden Fällen gleich: Das Gewerbe ist künftig verboten. Es darf also gar nicht erst eröffnet werden beziehungsweise das laufende Geschäft muss geschlossen werden.

Wann liegt Unzuverlässigkeit vor?

Trotz ihrer immensen Bedeutung für Selbstständige und ihre schwerwiegenden Konsequenzen ist weder die Zuverlässigkeit noch ihr Gegenstück, die Unzuverlässigkeit gesetzlich definiert. Es handelt sich deshalb um unbestimmte Rechtsbegriffe, die von der Verwaltung und den Gerichten ausgefüllt werden müssen. Es gibt keine einzelnen Merkmale, die für die Zuverlässigkeit zu erfüllen sind. Vielmehr ist für die Frage, ob der oder die Gewerbetreibende zuverlässig oder unzuverlässig ist, das Gesamtbild entscheidend. Unzuverlässig sind deshalb Personen, die nach dem Gesamteindruck ihres Verhaltens nicht die Gewähr dafür bieten, ihr Gewerbe in der Zukunft ordnungsgemäß zu betreiben. Das ist z. B. der Fall, wenn öffentliche Abgaben wie die Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt werden, Arbeitnehmer illegal beschäftigt werden oder der Gewerbetreibende wegen bestimmter Straftaten (z. B. Untreue, Bestechung, Verletzung der Buchführungspflicht, Insolvenzverschleppung oder Unterschlagung) rechtskräftig verurteilt wurde.

Unzuverlässig sind Gewerbetreibende also immer dann, wenn sie sich so verhalten, dass zu erwarten ist, dass sie ihr Gewerbe zukünftig nicht ordnungsgemäß ausüben werden. Das Gewerberecht kennt keinen absoluten Zuverlässigkeitsbegriff, sodass es bei der Prüfung der Zuverlässigkeit immer auf das einzelne Gewerbe und den Schutzzweck der jeweiligen gewerberechtlichen Vorschriften ankommt. Ob das Beherrschen der deutschen Sprache nach den gewerberechtlichen und gaststättenrechtlichen Bestimmungen notwendig ist, um ein Restaurant betreiben zu dürfen, musste nun das Verwaltungsgericht Neustadt (VG Neustadt) in einem aktuellen Eilverfahren klären.

Deutschkenntnisse als Voraussetzung der Zuverlässigkeit

In diesem Fall vertrat die Stadt Bad Dürkheim die Auffassung, dass eine Gasstätte ohne das Beherrschen der deutschen Sprache nicht geführt werden kann. Ohne Deutschkenntnisse fehle es nach Ansicht der Behörde bereits an den „Grundbausteinen“ zum Betreiben eines Gewerbes. Deshalb lehnte die Behörde die Erteilung einer unbefristeten Gaststättenerlaubnis ab und ließ einen bereits eröffneten asiatischen Schnellimbiss wieder schließen.

Der Schnellimbiss wurde von einer Vietnamesin geführt, die eine ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnis besaß, nach der sie eine selbstständige Tätigkeit ausüben durfte. Die Stadt Bad Dürkheim hatte der Frau zweimal eine vorläufige Gaststättenerlaubnis erteilt mit der Auflage, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Daraufhin legte die Frau zwei Bescheinigungen der Volkshochschule vor, die bestätigten, dass sie zu den Kursen „Deutsch als Fremdsprache für Anfänger“ und „Deutsch I“ angemeldet war. Den Antrag auf eine endgültige unbefristete Gaststättenerlaubnis lehnte die Stadt trotzdem ab mit der Begründung, die Frau sei der deutschen Sprache nicht mächtig und benötige deshalb für die Kommunikation mit Gästen, Kunden, Lieferanten etc. immer die Hilfe von Freunden.

Gegen diese Entscheidung der Stadt wehrte sich die vietnamesische Frau, da die Stadt zu Unrecht angenommen habe, sie besäße die erforderliche gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit nicht. Ihre fehlenden Deutschkenntnisse stellten für die Kommunikation kein Problem dar, weil sie ausreichend Mitarbeiter mit guten Deutschkenntnissen habe. Weder Kunden noch Behörden hatten bisher irgendwelche Beanstandungen gehabt. Deshalb sei es unverständlich, warum die Allgemeinheit vor ihrem schlechten Deutsch geschützt werden müsse. Das VG Neustadt gab der Frau im Eilverfahren Recht und stellte fest, dass mangelnde Deutschkenntnisse als ausschließliches Kriterium keine Unzuverlässigkeit begründen können.

Deutsche Sprachkenntnisse keine Voraussetzung für Zuverlässigkeit

Der Betrieb eines Gewerbes ist nach der Gewerbeordnung grundsätzlich jedermann erlaubt. Damit dürfen nicht nur Deutsche, sondern auch Bürger aus anderen EU-Staaten oder anderen Drittstaaten ein Gewerbe betreiben. Im Gegensatz zum Bewachungsgewerbe gibt es im Gaststättenrecht gerade keine Vorschrift, die Deutschkenntnisse des Betreibers zwingend voraussetzt. Weder im Gaststättenrecht noch im allgemeinen Gewerberecht gibt es eine Regelung, nach der ein Gewerbe nur von Personen betrieben werden kann, die deutsch sprechen. Deutsch ist damit keine Voraussetzung für den Betrieb eines Restaurants in Deutschland. Das lässt sich nach Ansicht des Gerichts schon daran erkennen, dass für die Unterrichtung über die einzuhaltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften ein Dolmetscher hinzugezogen werden kann.

Keine Pflicht, das Gewerbe selbst zu betreiben

Zudem stellte das Gericht klar, dass es der Frau freisteht, entweder selbst ihr Geschäft auf eigene Rechnung und Verantwortung zu betreiben oder sich von Dritten dabei unterstützen zu lassen. Die Frau hatte für ihren Schnellimbiss genügend Personal mit guten Deutschkenntnissen, sodass ihre eigenen Sprachprobleme dem Betrieb des Restaurants nicht entgegenstanden. Die Frau muss daher als Verantwortliche des Restaurants nicht in der Lage sein, alle Gespräche mit Kunden und Lieferanten selbst zu führen. Es ist ihr gutes Recht, diese Aufgaben an Angestellte zu delegieren. Da weder Steuerrückstände bestanden noch Verstöße gegen das Lebensmittelrecht aktenkundig waren, konnte die Frau allein wegen fehlender Deutschkenntnisse nicht als unzuverlässig eingestuft werden.

Fazit: Deutschkenntnisse sind keine zwingende Voraussetzung, um in Deutschland ein Restaurant eröffnen und betreiben zu können. Dem Gaststättenbetreiber steht es frei, seine Sprachdefizite mit ausreichend Personal zu kompensieren. Es ist deshalb unverhältnismäßig, eine Gaststättenerlaubnis allein wegen fehlender Sprachkenntnisse zu versagen oder zu entziehen, solange genügend Mitarbeiter mit ausreichenden Deutschkenntnissen eingesetzt werden und keine anderen Vergehen zu beklagen sind.

(VG Neustadt, Beschluss v. 14.06.2016, Az.: 4 L 403/16.NW)

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