Die Bemessung des Kindesunterhaltes nach der neuen Düsseldorf Tabelle - Dem BGH reicht die aktuelle Tabelle nicht

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Was ist Kindesunterhalt eigentlich?

Der Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammen lebt, muss einen Teil der Kindesunterhaltspflicht des § 1601 BGB füllen. Diese erschöpft sich in einer Barunterhaltspflicht und diese zunächst  in einem Pauschalbetrag für das Kind. Die Kindesunterhaltsanspruch entstammt dem Abstammungsrecht der §§ 1591 ff. BGB und nicht aus dem Eherecht. Deshalb ist es egal für die Anwesenheit dieser Pflicht, ob das Kind ehelich ist oder nicht. Auch entfällt die Unterhaltspflicht nicht per se mit Volljährigkeit des Kindes. Das zu unterhaltende Kind kann minderjährig oder volljährig sein.

Der Anspruch auf Kinderunterhalt weist 4 Voraussetzungen aus.

Erstens hat das Kind einen Bedarf gem. § 1610 BGB. Er hat keine eigene Lebensstellung und leitet diesen von den Eltern ab. Dies führt zu der zweiten Voraussetzung ,vorgesehen in § 1602 BGB, die sog. Bedürftigkeit des Kindes. Es bedeutet, dass das Kind sich nicht allein unterhalten kann. Drittens muss der Unterhaltsschuldner leistungsfähig sein. Wenn er selbst unverschuldet nicht genug Geld für die Erfüllung seiner eigenen Bedürfnisse hat, ist er gem. § 1603 Abs. 1 BGB nicht unterhaltspflichtig. Dies gilt allerdings häufig nicht, wenn das Kind minderjährig ist. Denn gegenüber einem minderjährigen Kind bestehen besondere Pflichten. Viertens regelt § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB die Haftung der Eltern für den Barunterhalt des Kindes anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Diese Haftung ist abgebildet in der Düsseldorfer Tabelle.

Diese letzte Voraussetzung vermutet eine Bemessung der Kinderunterhalt mit der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners. Es geht um dessen Einkünfte. Dieser Begriff enthält alle Einkommen des Schuldners. Die Herkunft der Einkünfte ist unbeachteten.. Es kann aus der Arbeit kommen, aber auch zum Beispiel aus Miete oder Kapitaleinkünften sein.

Der Kinderunterhalt teilt sich sodann in 3 verschiedene Bedarfe. Erstens besteht den Regelbedarf, der die Kosten einer angemessenen Ausbildung, Erziehung, Betreuung und Pflege betrachtet. Zweitens existiert der Mehrbedarf. Es ist oft ein Bedarf, der monatlich anfällt, zumindest aber regelmäßig. Es geht zum Beispiel um Kindergartenbeiträge oder um Kosten für Nachhilfe. Drittens gibt es den Sonderbedarf, der einmalige Dinge wie Kosten einer Operation, Zahnspange etc.  betrifft.

Die Düsseldorfer Tabelle

Abgebildet ist in der Düsseldorfer Tabelle lediglich der Regelbedarf. Hier muss der Schuldner mindestens den Mindestunterhalt, also 100 %, bezahlen. Dies betrifft Unterhaltsschuldner mit einem Einkommen bis zu derzeit 1.900 EUR. Die einzelnen Beträge der Tabelle für das Einkommen und die Altersstufen des Kindes werden jedes Jahr vom Oberlandesgericht Düsseldorf in Bezug auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Statistiken erneuert. Wegen dieser jährlichen Änderung und Anpassung sieht dieser Tabelle Prozentsätze vor. Diese Prozentsätze ändern sich nie und erlauben der Schuldner selbst die Berechnung zu machen, wenn beispielsweise schon ein Unterhaltstitel vorliegt. Aktuell liegt der Höchstbetrag bei 160 %.

Der Betrag des Kindesunterhalts bestimmt sich wie gesagt nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen. Deshalb muss der Unterhaltspflichtige nach § 1605 BGB alle Auskünfte über sein Vermögen und Einkommen erteilen.  Je älter das Kind ist, umso höher ist der zu zahlende Unterhaltsbetrag. Der höchste Einkommensbetrag war bisher 5.500 EUR pro Monat. Danach erhöhte sich trotz höherem Einkommen der Unterhaltsbetrag nicht. Aber nun hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 16.9.2020 - XII ZB 499/19  - eine Erhöhung dieser Obergrenze vorgenommen..

Die Fortschreibung der Tabelle durch Entscheidung der BGH

Die Angelegenheit, welche letztlich vor dem Bundesgerichtshof landete, handelte von einem geschiedenen Paar, welches zusammen eine Tochter hat. Diese lebt bei der Mutter und der Vater ist zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet. Er verdiente mehr als 5.501 EUR pro Monat und hat sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt. Er wollte keine Auskünfte über sein Einkommen erteilen.

Die Richter waren damit nicht einverstanden und beschlossen, dass der Vater diese Auskünfte erteilen muss. Gemäß dem Bundesgerichtshof haben die gehobenen Einkommen nämlich einen Einfluss auf dessen Barunterhaltspflicht. Um dies auch praktisch anwenden zu können, muss jedoch die Düsseldorfer Tabelle fortgeschrieben werden. Damit geht eine große Veränderung der Tabelle einher. Diese soll nunmehr die Einkommensgruppe bis 11.000 EUR monatlich abbilden.  Die Düsseldorfer Tabelle 2021 bildet die neue Realität bisher nicht ab.

Vorschlag einer neuen Düsseldorfer Tabelle

Der Präsident des Amtsgerichts von Heilbronn, Helmuth Borth, hat jedoch bereits eine in der Literatur veröffentlichte Idee zur Umsetzung dieser Entscheidung für die anwaltliche und gerichtliche Praxis gefunden und die Tabelle rechnerisch fortgeschrieben, indem er neue Gehaltsstufen ergänzte und entsprechend den Unterhalt berechnete. Es ist aber davon auszugehen, dass spätestens 2022 auch die Düsseldorfer Richter nachziehen und eine vollständige neue Tabelle präsentieren.

Beschluss des BGH vom 16.09.2020 - XII ZB 499/19


Foto(s): @buemlein

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