Die „Coaching-Falle“ Teil 20 - Das Widrrufsrecht bei Coaching-Verträgen

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Coaching ist mittlerweile ein Multi-Millionen-Business, in dem sich immer mehr Anbieter tummeln. Leider mehren sich in diesem Bereich daher unseriöse Praktiken oder selbst bei vermeintlich renommierten Anbietern gar sittenwidrige Verträge. In vielen Fällen werden Kunden dabei mit zweifelhaften oder irreführenden bis hin zu schlicht betrügerischen Methoden zum Vertragsschluss gedrängt. Oft folgt nach Abschluss des Vertrages dann schnell die Ernüchterung, weil sich das Versprechen eines „todsicheren“ Modells für fünfstellige Umsätze und ein Leben in finanzieller Freiheit, welches jeder bequem vom heimischen Sofa aus bewältigen könne, schnell in Luft auflöst. Die Gründe hierfür sind vielfältig – nach unserer Erfahrung in der anwaltlichen Praxis wird aber kaum eines dieser vollmundigen Versprechen je eingehalten.


Wie komme ich als Kunde aus so einem Vertrag wieder heraus?

Wie so oft im juristischen Bereich gibt es auf diese Frage keine allgemeingültige Antwort, da jeder Fall individuell zu betrachten ist. Die rechtlichen Ansatzpunkte sind aber in Coachingfällen oft die Folgenden:



Im heutigen Teil unserer Reihe wollen wir uns mit dem Widerrufsrecht befassen.


Das Widerrufsrecht bei Online-Coachings

Online-Coaching stellt grundsätzlich eine Dienstleistung dar. Da die Verträge nahezu ausnahmslos über das Internet oder per Telefon zustande kommen, handelt es sich hierbei um Fernabsatzverträge nach § 312g Abs. 1 BGB. Dies hat laut dem Wortlaut des Gesetzes ein Widerrufsrecht von zwei Wochen zur Folge, § 355 BGB:

„(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.


(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.


(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren […].“


Vermeintlicher Widerrufsverzicht

Besonders im Bereich des Online-Coachings wird oft versucht, dieses Widerrufsrecht auszuhebeln, indem der Kunde bei Vertragsschluss auf sein Widerrufsrecht verzichten soll. Häufig wird dabei eine sog. „Check-Box“ verwendet, mit der der Kunde den Verzicht auf sein gesetzliches Widerrufsrecht erklären soll.

Ein solcher Verzicht ist jedoch fast immer unwirksam.

Oft fehlt es bereits an einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht, etwa weil diese überhaupt nicht erteilt oder in den AGB des Anbieters „versteckt“ wird. Auch die gleichzeitige Belehrung über mehrere Widerrufsrechte zu verschiedenen Vertragsarten, wie sie etwa die CopeCart GmbH verwendet, dürfte unzulässig sein. Ohne korrekte Belehrung aber auch kein wirksamer Verzicht.

Zudem ist ein Verzicht auf das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen neben anderen Voraussetzungen nur dann möglich, wenn diese bereits vollständig erbracht worden sind, § 356 Absatz 4 BGB. Anders ist dies aus nachvollziehbaren Gründen bei rein digitalen Produkten, da sich der Kunde diese vollständig herunterladen und dann theoretisch einfach den Vertrag widerrufen könnte. In solchen Fällen kann ein Erlöschen des Widerrufsrechts daher nach § 356 Abs. 5 BGB in Betracht kommen. Online-Coachings sind jedoch praktisch nie rein digitale Produkte. Ein Widerrufsverzicht ist also rein rechtlich in diesen Fällen gar nicht möglich.

Oft kann daher der Vertrag noch lange nach Beginn oder sogar nach Beendigung eines Online-Coachings widerrufen werden, weil es von vornherein an einer wirksamen Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt und sich der Coach auf den vermeintlichen Widerrufsverzicht verlässt. Ein solcher Verzicht ist aber in den allermeisten Fällen unwirksam.


Widerrufsrecht auch für Unternehmer

Ein weiteres Argument vieler Coaching-Anbieter insbesondere im Bereich der Business-Coachings ist die Behauptung, dass der Kunde kein Widerrufsrecht habe, weil er den Vertrag als Unternehmer geschlossen habe. Gern wird auch in den AGB explizit darauf verwiesen, dass man nur Verträge mit Unternehmern schließe und daher jeden Kunden als Unternehmer ansehe.

Auch dieses Argument ist in dieser Pauschalität falsch, wie wir in diesem Beitrag erläutert hatten. Somit haben auch Unternehmer in vielen Fällen ein Widerrufsrecht.


Fazit

In vielen Online-Coaching-Fällen besteht in der Praxis ein Widerrufsrecht, auch wenn die Coaches dies mit Vorliebe bestreiten, weil dies ihrem Geschäftsmodell zuwider läuft.

Als Kanzlei mit Spezialisierung im Vertragsrecht und großer Erfahrung mit zahlreichen Coaching-Fällen und Coaches beraten wir Sie gern dazu, welche Möglichkeiten in Ihrem  Fall bestehen, einen Coaching-Vertrag zu widerrufen und bereits gezahlte Coaching-Gebühren erstattet zu bekommen. Dies vorzugsweise schnell und kostenschonend auf dem außergerichtlichen Wege, notfalls aber konsequent und mit jahrelanger Prozesserfahrung auch vor Gericht.

Melden Sie sich hierzu gern für ein unverbindliches Erstgespräch!


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