Die Handynutzung an der Ampel ist nicht immer mit Regelgeldbusse (100 € und 1 Punkt) zu ahnden

  • 2 Minuten Lesezeit

Die widerrechtliche Benutzung eines Mobiltelefons eines Fahrzeugführers während einer aktivierten Start-Stop-Automatikphase an einer Rotlicht zeigenden Ampel rechtfertigt nicht die Verurteilung des Betroffenen zu einer eintragungspflichtigen Geldbuße. Das hat das Amtsgericht Essen mit Urteil vom 17.01.2019 entschieden.

In dem vom Gericht entschiedenen Fall führte der Betroffene sein Auto, welches mit einer Start-Stopp-Automatik ausgestattet ist. Er hielt sein Fahrzeug an einer Rotlicht zeigenden Ampel an. Die Start-Stopp-Automatik aktivierte sich, sodass der Motor automatisiert ausgeschaltet wurde. Erst anschließend griff er zum Mobiltelefon, um eine Nachricht zu lesen. Während er auf sein Mobiltelefon schaute, wurde er von Polizeibeamten beobachtet, sodass es zu einer Ordnungswidrigkeitenanzeige kam. Grundsätzlich ist es nämlich verboten, ein Mobiltelefon beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges in der Hand zu halten und eine Funktion zu nutzen. Dies gilt auch wenn der Motor durch eine Start-Stopp-Automatik ausgeschaltet ist. Mit der Neufassung des § 23 StVO 2017 wurde nämlich das Verbot der Benutzung für Mobiltelefone auf alle Informations- und Kommunikationsgeräte erweitert. Weiterhin hat der Gesetzgeber auch Einzelheiten dahingehend festgelegt, dass das automatische Abschalten des Motors, zum Beispiel durch eine Start-Stopp-Automatik, kein Ausschalten des Motors sei und demnach auch in der Phase der aktivierten Start-Stopp-Automatik eine Ordnungswidrigkeit begangen werden kann.

Das Besondere an diesem Urteil ist, dass das Amtsgericht Essen klargestellt hat, dass nicht bei jeder Art der widerrechtlichen Mobilfunknutzung die Regelbuße verhängt werden muss. Es macht nämlich im Ergebnis einen Unterschied, ob man mit dem Mobiltelefon in der Hand telefonierend oder SMS-tippend quer durch die Innenstadt fährt, oder ob man an einer Ampel, bei, wenn auch automatisch, ausgeschaltetem Motor eine Nachricht liest. Dies muss sich auch in der Geldbuße widerspiegeln. Der Rechtsgedanke ist in § eins Abs. 1 BKatV enthalten. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Regelungen des Bußgeldkataloges nur dann verfassungsgemäß angewendet werden, wenn der Tatrichter in jedem Einzelfall prüft, ob eine Abweichung von der Regelgeldbuße erforderlich ist.

Das Urteil des Amtsgerichts Essen zeigt eindrücklich, dass es sich durchaus lohnt, in vergleichbaren Fällen einen Verkehrsanwalt einzuschalten und mit dessen Hilfe dem Gericht darzulegen, dass eben kein Regelfall (100 € Buße und 1 Punkt) vorliegt und eine unterdurchschnittliche Geldbuße, gegebenenfalls, wie hier, sogar nur ein Verwarngeld (kein Punkt) angemessen ist. Das Urteil spiegelt auch die Erfahrungen hier in der Kanzlei wieder, dass die Gerichte auch in der Vergangenheit bereits bereit waren, bei Abweichungen vom Regelfall auch niedrigere Geldbußen oder nur Verwarngelder festzusetzen.

Ihr im Verkehrsrecht erfahrener Anwalt der Kanzlei WTB Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in Köln und Bonn steht Ihnen bei Fragen im Verkehrsrecht, insbesondere auch zum Verbot der Handynutzung am Steuer selbst verständlich gerne zur Verfügung. Dabei werden wir selbstverständlich auch bundesweit für Sie tätig.

(AG Essen, Urteil vom 17.1.2019 – 55 Owi-90 Js 1936/18-648/18)



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Joachim Thiele

Beiträge zum Thema